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Packendes Derby d’Italia
Übertragung in 180 Länder – und Yann Sommer zeigt keine einzige Parade

Inter Milan's French forward #09 Marcus Thuram (3rd R) and Inter Milan's Argentine forward #10 Lautaro Martinez (R) celebrate their team's 1-0 victory after winning the Serie A football match between Inter Milan and Juventus at the San Siro stadium in Milan, on February 4, 2024. (Photo by Isabella BONOTTO / AFP)
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Ein Tor nur, ein Eigentor dann auch noch. Die Kulturpessimisten des italienischen Fussballs, die Dauernörgler, die im Calcio nur Zynismus sehen, werden im jüngsten Derby d’Italia, Inter Mailand gegen Juventus Turin, diesem 1:0 an der Spitze der Serie A, eine Illustration ihrer Meinung ausmachen wollen. Zumal dann, wenn sie nur das Telegramm dazu angeschaut haben. Und nicht das Spiel.

Es war, um es mal mit der Emphase des Kulturoptimisten zu sagen, vielleicht eines der besten italienischen Meisterschaftsspiele der jüngeren Vergangenheit – und da es in 180 Länder live übertragen wurde, ist das eine gute Nachricht für den Calcio. Eine Lektion in vergleichender Philosophie in der ersten Halbzeit, ein spielerisches Furiosum in der zweiten Halbzeit. Alles in etwas mehr als 90 Minuten, mit einem scheinbar klaren Gefühl für die herrschenden Machtverhältnisse, aber dazu später.

Derbys finden ja sonst eher zwischen Teams aus derselben Stadt statt. Die nationale Überhöhung der Rivalität von Inter und Juve zum Derby d’Italia, ähnlich wie etwa der Clásico in Spanien zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona, ist ein Gütesiegel, das in der Geschichte längst nicht immer gerechtfertigt war. Da schoben sich über die Jahre hinweg andere Duelle an ihrem vorbei. Nun aber, in der laufenden Saison, ist es mal wieder das Duell des Landes. Inter ist Tabellenerster, Juve Tabellenzweiter. Bisher marschierten sie fast im Gleichschritt nebeneinander her, und dahinter, recht weit abgeschlagen, der Rest der Konkurrenz – nicht nur arithmetisch, auch in der Anmutung.

Per Überfall zum Siegtor

So ging man in die 182. Ausgabe dieses Derbys des Landes. Es hiess, es würde die Meisterschaft zwar nicht entscheiden, aber eine Vorahnung werde es schon liefern, bestimmt. Und: Oh ja, das tat es. Zunächst lief alles nach Skript. Inter spielte, wie Inter unter dem lange völlig grundlos unterschätzten Trainer Simone Inzaghi nun mal spielt, egal, gegen wen – im Strudel nach vorne, mit hoher, perfekt geordneter Abwehr.

Schon in seiner Zeit bei Lazio, mit deutlich weniger Mitteln, bot Inzaghi modernen, schnellen Fussball, nur wollte das niemand wahrhaben. Und die Juve? Gab Juve, stand also ganz tief, wartete ab, ein idealtypisches Abbild ihres Trainers Massimiliano Allegri, des Grosstaktikers des Calcio, der Ästhetik für eine überholte Kategorie hält. Zwei Ideen vom Spiel, ziemlich konträre, eine Lehrhalbstunde im Stadio Meazza in San Siro.

Doch dann fiel das Tor, bei einem Überfall in der 37. Minute. Benjamin Pavard, der wohl sein bestes Spiel absolvierte, seit er für Inter auftritt, verlängerte eine Flanke mit einem halben Rückzieher in luftiger Schräglage. Marcus Thuram hätte bereitgestanden. Den Treffer aber erzielte der Turiner Verteidiger Federico Gatti, der beides ganz gut beherrscht: wichtige Tore und wichtige Eigentore.

Inter Milan's players celebrate following an own-goal attributed to Juventus' Italian defender #04 Federico Gatti (L) during the Serie A football match between Inter Milan and Juventus at the San Siro stadium in Milan, on February 4, 2024. (Photo by Isabella BONOTTO / AFP)

Nun musste sich die Juve öffnen, viel zu früh für ihre Verhältnisse, gegen ihre Natur. Allegri befahl eine Verlagerung des Baryzentrums, des Spielmittelpunkts, um etwa dreissig Meter. Es entwickelte sich ein Spiel auf technisch hohem Niveau, mit viel Rhythmus, hin und her, box-to-box. Und da offenbarte Inters Mittelfeld mal wieder seine herausragende Klasse, womöglich ist es eines der besten Europas gerade: Nicolò Barella, Hakan Çalhanoğlu, Henrikh Mkhitaryan. Wie schnell das immer geht, wie stilsicher auch.

Für einmal war Inters Offensive nicht so effektiv wie gewohnt, und Juves Torhüter Wojciech Szczesny leistete ja auch ein paar Mirakel: Sonst hätte Inter höher gewonnen, dann wären auch die Nörgler still. Und hinten? Das vierzehnte Clean Sheet der Saison. Von Yann Sommer war diesmal nicht eine einzige Parade gefordert.

MILAN, ITALY - FEBRUARY 04: Yann Sommer  of FC Internazionale celebrates during the Serie A TIM match between FC Internazionale and Juventus - Serie A TIM  at Stadio Giuseppe Meazza on February 04, 2024 in Milan, Italy. (Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Allegri sagte nach dem Spiel: «Die zweite Halbzeit war unterhaltsamer zum Anschauen.» Im Unterton dieses Satzes ist alles drin: Für die Zuschauer mag das unterhaltsam gewesen sein. Selbst mag er das nicht so gern, diesen Zirkus, diesen Kontrollverlust. Inter sei Favorit für die Meisterschaft, schob er noch nach. «Da braucht man kein Genie sein, um das zu verstehen.» Inzaghi sprach von einer «bellissima serata», einem wunderschönen Abend. Fehler zu finden, falle ihm ziemlich schwer.

Es winkt der zweite Stern

Inter zieht nun ein bisschen weg: vier Punkte Vorsprung auf Juve und ein Spiel weniger, potenziell also sieben Punkte. Nach dem Derby d’Italia fragt man sich in Italien, wer dieses Inter diesmal stoppen soll. In fast allen Belangen ist es besser als die Konkurrenz, eingespielter, gerundeter, reifer, das zeigt sich auch in den Statistiken. Und die bessere Ersatzbank als die anderen hat es auch.

Natürlich, es ist erst Anfang Februar, das Spielprogramm ist noch lang, und Inter spielt auch noch europäisch, was Juventus aus eigenem, juristischem Grund nicht darf und so ein bisschen Kräfte sparen kann. Aber das sind theoretische Prämissen. Die Praxis war dann doch eine Demonstration.

Gewänne Inter den Scudetto, das Meisterabzeichen, wäre es das zwanzigste der Vereinsgeschichte. Man trüge dann einen zweiten Stern auf der Brust – vor der AC Milan, der Stadtrivalin, die ebenfalls bei neunzehn steht. Und diese Aussicht scheint gerade ein mächtiger Antrieb zu sein.

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