Provokative Aktion von PornhubIns Museum mit dem Pornostar
Die Sexvideo-Plattform lanciert ein neues Angebot: In «Classic Nudes» werden Aktgemälde grosser Künstler nachgespielt. Die Uffizien in Florenz sind verärgert.
Nackt ist ja nicht einfach nackt und, wenn das noch der Präzisierung bedurft haben sollte: Erotik ist nicht Pornografie. Oder sicher nicht immer. Die Venus von Botticcelli zum Beispiel: Anmut pur, in einer Muschel.
Pornhub, der meistgeklickte Streamingdienst für nicht immer sehr anmutige und selten wirklich erotische Nacktheit, hat eine neue Kategorie in sein Angebot aufgenommen, er nennt sie «Classic Nudes». Gezeigt werden darin Werke von Grossmeistern, neben Botticcellis «Geburt der Venus» etwa auch die «Venus von Urbino» von Tizian, Caravaggios «Bacchus», «Die nackte Maja» von Goya und Edgar Degas’ «Nackter Mann». Die stillen Aktgemälde werden nachgespielt, natürlich bewegt, mit vage ähnlich ausschauenden Darstellern. Allegorien mit einer Schlagseite Parodie.
Als Nebenprodukt gibt es Audioführer der etwas anderen Art für den Besuch der Museen, die diese Werke ausstellen. Etwa für die Uffizien in Florenz, das Louvre und das Musée d’Orsay in Paris, das Met in New York, das Prado in Madrid, die National Gallery in London. Besprochen werden sie von Asa Akira, einer Diva des pornografischen Genres, halb Japanerin und halb Amerikanerin. «Es ist Zeit», sagt die Werbeträgerin von Pornhub, «dass ihr die langweiligen Guides weglegt und mit mir jeden Pinselstrich der Meisterwerke geniesst.» Der Pinselstrich, so darf man annehmen, ist eine Metapher.
Ob Pornhub mit seiner Idee, die ja vielleicht in der Langeweile des Immergleichen geboren ist, am Ende durchkommen wird, hängt nicht unwesentlich von den Museen ab. Die Uffizien jedenfalls haben sich an das italienische Kulturministerium gewandt mit der dringenden Bitte, die Angelegenheit schnell zu prüfen. Es liege da eine «sehr schwerwiegende Verletzung des Copyrights» vor. Oder anders: Pornhub, mit Büros in Kanada und Steuersitz in Luxemburg, 460 Millionen Dollar Jahresumsatz, zeigt die Bilder, ohne dafür zu bezahlen. Und das geht natürlich nicht, der Konzern soll verwarnt werden. Andere Museen könnten dem Beispiel folgen. Aus den Uffizien verlautet, es handele sich da nicht um einen moralischen Einwurf gegen den Streamingdienst, auch nicht um Prüderie. Man hätte gleich reagiert, wenn etwa Walt Disney sich die Bilder einfach so genommen hätte.
Der Direktor der Uffizien, der Deutsche Eike Schmidt, liess sich bisher persönlich nicht vernehmen in der Causa, was den italienischen Zeitungen eine besondere Erwähnung wert ist. Er wolle seinen Namen wohl lieber nicht in einem Atemzug mit Pornhub genannt haben, heisst es, und wer kann es ihm schon verdenken. Schmidt hatte im vergangenen Jahr eine Debatte ausgelöst, als er die italienische Starinfluencerin Chiara Ferragni, 24,3 Millionen Follower allein auf Instgram, vor Botticcellis «Venere» posieren liess. Ziel war es, auch junge Menschen, die sonst nicht so leicht mit der Kunstwelt in Berührung kommen, ins Museum zu locken.
Das könnte man allerdings auch von manchen Kunden von Pornhub denken. Demokratisierung oder Desakralisierung der Kunst? Oder weder noch? Die Zeitung «Il Foglio» ist ganz angetan von der Idee, mit Asa Akira im Ohr ins Museum zu gehen. Oder mit Ilona Staller alias Cicciolina, Pornostar aus der prädigitalen Zeit und zwischenzeitlich mal Mitglied des italienischen Parlaments. Cicciolina, mittlerweile 69 Jahre alt, bewirbt die Initiative von Pornhub mit einem Video in sehr ungefährem Englisch. Sie trägt dazu einen engen, rosafarbenen Stoffhauch am Körper und steht in einer Muschel, zu ihrer Rechten ein junger Mann mit wallendem Haar und Engelsflügeln, zu ihrer Linken eine Frau im Blumenkleid. Venus, fast eins zu eins. Nur fast.
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