Pandemie-Höhepunkt im zweiten QuartalIndustrie und Bausektor erleiden massiven Umsatzeinbruch
Sowohl Swissmem als auch der Baumeisterverband melden tiefe Umsätze im zweiten Quartal – und in beiden Branchen bleibt der Ausblick düster. Erstere befürchtet zudem einen deutlichen Stellenabbau.
Die Coronakrise hat dem Schweizer Bauhauptgewerbe im zweiten Quartal stark zugesetzt. Die Umsätze nahmen im Vorjahresvergleich um 8 Prozent ab und lagen damit so tief wie in keinem zweiten Quartal mehr seit zehn Jahren.
Laut Experten ist ein Rückgang allerdings überfällig gewesen. Die Bautätigkeit sank gemäss einer Mitteilung des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV) vom Mittwoch auf 5 Milliarden Franken.
Dabei hat der Wirtschaftsbau knapp 17 Prozent eingebüsst, was den Erwartungen entspreche. Bis zum Jahresende sei in dem Bereich wegen der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheit keine Besserung in Sicht, hiess es.
«Überraschend stark» sei indes der Umsatzrückgang im Wohnungsbau ausgefallen. Dieser verlor 27 Prozent im Vergleich mit dem Vorjahresquartal. In diesem Bereich sei jedoch mittelfristig mit einer Erholung zu rechnen, einerseits wegen des Niedrigzinsumfelds und andererseits, weil der Bedarf an Wohnungen in den Städten weiterhin sehr gross sei. Beim öffentlichen Hochbau verzeichnete die Branche hingegen ein Plus von 4 Prozent.
Im Tiefbau verzeichnete die Branche ebenfalls eine Umsatzsteigerung von 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dazu trugen die beiden untergeordneten Sparten unterschiedlich stark bei: Während der private Tiefbau um knapp 18 Prozent zulegte, verzeichnete der öffentliche Tiefbau ein kleines Plus von 2 Prozent.
Ausblick weiter düster
Gemäss dem in Zusammenarbeit mit der Credit Suisse erhobenen Bauindex, der ebenfalls am Mittwoch veröffentlicht wurde, dürften die Umsätze im dritten Quartal um 8,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgehen. Der Umsatz dürfte gemäss der Berechnung 5,6 Milliarden betragen.
Laut Einschätzung der Credit Suisse könnte das Bauhauptgewerbe im Gesamtjahr erstmals seit 2016 die 20-Milliarden-Schwelle nicht erreichen. Die Bank schrieb, dass vor allem der Hochbau an Schwung verloren habe, was nebst dem konjunkturellen Einbruch und der damit verbundenen Unsicherheit auch auf verschärfte Hygienebedingungen auf Baustellen zurückzuführen sei. Diese beeinträchtigen gemäss SBV die Produktivität auf Baustellen, und man benötige mehr Zeit und Personal, um Bauprojekte abzuwickeln.
Korrektur überfällig
Gemäss den Experten der Credit Suisse sei allerdings eine Korrektur im Baugewerbe überfällig gewesen. «Bereits lange vor der Coronakrise hatten teilweise der Wirtschafts- und insbesondere der Mietwohnungsbau Niveaus erreicht, die gemessen an der Nutzernachfrage auf den Immobilienmärkten nicht mehr als nachhaltig betrachtet werden konnten», hiess es in einem Kommentar zum Bauindex. Die Coronapandemie sei schliesslich nur der Auslöser gewesen.
In den kommenden Quartalen könne jedoch mit einer Bodenbildung gerechnet werden, sofern sich die Wirtschaft weiter erhole und es zu keinem weiteren Lockdown komme. Dafür dürfte laut den Autoren vor allem der Tiefbau verantwortlich sein, dessen Auftragsbestand weiterhin ein hohes Niveau erreiche.
Gleichzeitig scheine sich aber auch die Planungstätigkeit im Hochbau nach dem Rückschlag im März und April wieder zu erholen und das Minus bei den Baugesuchen der vergangenen Monate halte sich mit 4 Prozent «in engen Grenzen».
MEM-Industrie mit Umsatz- und Auftragseinbruch
Auch die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM) hat wegen der Coronakrise einen Einbruch erlitten. Auf dem Höhepunkt der Pandemie im zweiten Quartal sind die Umsätze und Auftragseingänge um rund ein Fünftel abgestürzt.
Die Exporte fielen gegenüber dem Vorjahresquartal gar um knapp ein Viertel in den Keller, wie der Branchenverband Swissmem am Mittwoch in einem Communiqué bekannt gab. Dabei hatte die MEM-Industrie bereits im vergangenen Jahr erheblich Federn lassen müssen.
Konkret sanken die Auftragseingänge im zweiten Quartal gegenüber der Vorjahresperiode um 19,5 Prozent. Die fast weltweiten Corona-Eindämmungsmassnahmen hätten die MEM-Industrie massiv getroffen, schrieb Swissmem. Über das gesamte erste Halbjahr 2020 gesehen nahmen die Bestellungseingänge um 10,2 Prozent ab.
Ähnlich sieht es bei den Umsätzen aus: Diese sackten im zweiten Quartal um 19,7 Prozent ab. Im gesamten ersten Halbjahr tauchten sie um 12,9 Prozent. KMU und Grossunternehmen hätten im Durchschnitt denselben Einbruch erlitten, schrieb Swissmem.
Exporte leiden massiv
Die Exporte schmolzen zwischen April und Juni um 24,6 Prozent, was im gesamten ersten Halbjahr zu einem Rückgang von 16,4 Prozent führte. Am schlimmsten wurden die Werkzeugmaschinenhersteller getroffen, deren Exporte gar um gut 40 Prozent wegbrachen. Die Förder- und Lagertechniker mussten einen Rückschlag um über ein Drittel hinnehmen. Am besten kam der Werkzeug- und Formenbau mit einem Minus von lediglich 1,5 Prozent davon.
Die Kapazitätsauslastung in den Betrieben ging im zweiten Quartal auf 80,9 Prozent zurück, was deutlich unter dem langjährigen Mittelwert von 86,4 Prozent lag. Gemäss der jüngsten KOF-Umfrage fiel sie im Juli auf 77 Prozent. Damit sei die Kapazitätsauslastung auf das Niveau der Finanzkrise von 2009 gesunken, hiess es.
Deutlicher Stellenabbau befürchtet
«Insgesamt präsentiert sich die Lage der Schweizer MEM-Industrie zu Jahresmitte düster», schrieb Swissmem. Der Branchenverband befürchtet, dass es in den nächsten zwölf Monaten zu einem deutlichen Stellenabbau kommen werde. Dabei hat der Abbau schon eingesetzt. Im zweiten Quartal arbeiteten 319'600 Personen in der MEM-Branche. Das sind 3'200 weniger als im ersten Quartal.
Der Grund für diesen Rückgang liege jedoch eher darin, dass die Lage in den MEM-Firmen bereits vor dem Lockdown angespannt gewesen sei und diese Stellen zu streichen begonnen hätten, schrieb Swissmem: Die Auswirkungen der Pandemie würden in den kommenden Monaten zweifellos weitere Konsequenzen auf die Mitarbeiterzahl in der MEM-Branche haben.
Schon vor der Coronapandemie sei die Situation in der MEM-Industrie angespannt gewesen, schrieb Swissmem. Die Folgen des Lockdowns hätten die Talfahrt massiv beschleunigt. Seit der Trendumkehr im Jahr 2018 seien die Auftragseingänge nun bereits in acht aufeinanderfolgenden Quartalen geschrumpft.
Wie dramatisch der gesamte Einbruch ausfalle, zeige sich daran, dass die Branche 35,1 Prozent des Auftragsvolumens seit Mitte 2018 verloren habe, schrieb Swissmem. Neben dem deutlich unterbewerteten Euro mache jetzt auch noch der Taucher des Dollar den Schweizer Firmen zu schaffen. Denn dieser verteuert Schweizer Produkte im Ausland.
Wenig Optimismus für Zukunft
«Der kurzfristige Ausblick lässt wenig Optimismus zu und ist von grossen Unsicherheiten geprägt», schrieb Swissmem. Der Anteil der MEM-Unternehmer, die in den kommenden zwölf Monaten mit steigenden Aufträgen aus dem Ausland rechnen, habe zwar von 10 Prozent im ersten Quartal auf jüngst 22 Prozent zugenommen.
Demgegenüber befürchte aber noch immer die Hälfte der Unternehmer eine weitere Verschlechterung der Auftragslage. Mit einer schrittweisen Erholung sei für die meisten Firmen erst im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen, erklärte Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher.
SDA
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