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Teure Bekämpfung invasiver Art
In Winterthur machen sich aggressive Ameisen breit

Ameisenparadies in Seen: Momentan halten sich die Tiere noch versteckt, bei wärmerem Wetter werden sie aber aktiv. Im Bild eines der Gebäude in der Bekämpfungszone.
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In Winterthur sind Ameisen einer nördlich der Alpen nicht heimischen Art entdeckt worden. Am Freitag teilte die Stadt mit, dass die Tapinoma-Ameise ein Gebiet in Winterthur-Seen besiedelt hat. Genauer den Spickel zwischen Tösstalstrasse, Seenerstrasse und Hofwiesenweg, dort stehen sieben Wohnhäuser. Am Donnerstag hat die Verwaltung die Anwohnenden informiert.

Die Ameisen der Art Tapinoma nigerrimum sind im Mittelmeerraum verbreitet und wurden vermutlich über importierte Pflanzen eingeschleppt. In der Schweiz gelten sie als invasiv, da sie hiesige Arten aggressiv verdrängen. Ihr in der Analdrüse produzierter Kampfstoff ist für alle Ameisenarten hochgiftig. Von blossem Auge sind sie aber schwierig von heimischen Arten zu unterscheiden. Für den Menschen sind die Tiere ungefährlich.

Die Ameisen der Gattung Tapinoma nigerrimum stammen eigentlich aus dem Mittelmeerraum.

Es ist eine Eigenheit von Tapinoma-Ameisen, dass sie mehrere Kolonien mit eigenen Königinnen bilden. Die Königinnen kommunizieren miteinander, statt eigene Reviere abzustecken. Damit können sogenannte Superkolonien mit einer sehr hohen Anzahl Ameisen entstehen: «Wir haben es hier mit hochintelligent organisierten Monarchien zu tun», sagt Pascal Frei. Er ist Geschäftsführer der Insekta Schädlingstechnik GmbH und hat von der Stadt Winterthur den Auftrag bekommen, die Ameisen zu bekämpfen.

Eigentlich nisten die Ameisen unter der Erde. Sie können aber auch Nester in der Gebäude-Isolation bilden und damit teure Schäden anrichten. «Manchmal muss wegen Ameisen die ganze Isolation saniert werden», sagt Frei.

Eigentümerinnen und Eigentümern drohen hohe Kosten

Trotzdem will die Stadt Winterthur noch einen Monat zuwarten – wegen der Rekursfrist gegen den Stadtratsentscheid und weil die Bekämpfung im Winter schwierig ist. Damit startet ein Wettlauf gegen die Zeit: Denn ist es über mehrere Tage genug warm, Frei spricht von mindestens 12 bis 14 Grad, werden die Ameisen aktiv. Krabbeln die Tiere in die Häuser der Anwohner, werden sie zu deren privatem Problem, denn die Stadt zahlt nur für die Bekämpfung im Aussenraum.

Laut Frei kann seine Dienstleistung ziemlich teuer werden. Normales Gift reiche bei Tapinoma-Ameisen nicht, sagt der Schädlingsbekämpfer: «Kehren viele Arbeiterinnen nicht ins Nest zurück, schlagen bei der Königin die Alarmglocken, und sie setzt noch stärker auf Fortpflanzung.» Statt Einzeltiere in den Ameisenstrassen zu töten, setzt Frei tödliche Frassköder in Gelform ein, welche die Tiere ins Nest tragen.

Stadtrat vertagte die Bekämpfung

Bei der Stadt weiss man seit einem Jahr vom Problem, wie der zuständige Stadtrat Stefan Fritschi (FDP) einräumt: Eine Anwohnerin entdeckte Exemplare der Tapinoma-Ameise in ihrem Garten und schöpfte Verdacht. Als sie sie mit herkömmlichen Mitteln nicht loswurde, wandte sie sich an den Kanton. Dieser empfahl der Stadt, die Ameisen zu bekämpfen, und definierte eine Bekämpfungs- und darum herum eine Monitoringzone. In Letzterer wurden bisher noch keine Tapinoma-Ameisen gefunden, Fachleute des Kantons beobachten aber die Situation.

Fritschi erklärt das Vorgehen des Stadtrats so: «Im Spätherbst waren die Ameisen noch nicht stark verbreitet. Daher entschieden wir, mit der Bekämpfung bis nach dem Winter zu warten. Erst dann werden sie richtig aktiv und damit auch bekämpfbar.» 

Dank der Breite der Tösstal- und der Seenerstrasse sei das Gebiet klar abgegrenzt, so Fritschi. «Die Ameisen suchen nach sandigem Gebiet und wandern nur selten über grosse Strassen.» Eine Ausbreitung sei nur zum Hofwiesenweg hin wahrscheinlich. Was ohne solche Barrieren passieren kann, zeigt der Befall in Oetwil an der Limmat. Dort breiteten sich die Tapinoma-Ameisen auf einen Kreisel und zwei komplette Kartoffelfelder aus.

2018 war die Art erstmals im Kanton Aargau an einem Strassenrand in Spreitenbach entdeckt worden. Das dortige Monitoring  im Sommerhalbjahr 2019 sowie eine weitläufige – erfolglose – Suche nach allenfalls weiteren Vorkommen der Art in der Gemeinde durch Fachexperten deuten darauf hin, dass die Art mit den entsprechenden Massnahmen gut eingedämmt werden kann.

Stadtrat nimmt Anwohnende in die Pflicht

Für die Bekämpfung der Ameisen setzt die Stadt Winterthur laut Fritschi einen fünfstelligen Betrag ein. Man gehe das Problem «aus öffentlichem Interesse und Verantwortung gegenüber der Biodiversität» an. Eine verbindliche Rechtsgrundlage gebe es zwar nicht. «Wir wollen aber nicht warten, bis neue Gesetze uns dazu zwingen, sondern handeln lieber jetzt», so Fritschi. Man wolle nicht, dass dasselbe wie in Oetwil an der Limmat geschehe.

Auch die Anwohnenden werden um Mithilfe gebeten. Wer vermutet, Tapinoma-Ameisen gefunden zu haben, solle sich an eine qualifizierte Schädlingsbekämpfungsfirma wenden oder sie zur Bestimmung ins Naturmuseum Winterthur bringen. Die Anwohnenden haben am Donnerstag ein Schreiben erhalten und werden an einer Infoveranstaltung Anfang März sensibilisiert.