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Mexikos Präsident verlost seine Boeing

Präsident Andrés Manuel López Obrador kündigte an, dass er die Boeing Dreamliner verlosen wird. Foto: Keystone
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Letzte Woche flog der Schreibende von Tuxtla Gutiérrez im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas nach Mexiko-Stadt. Kurz vor dem Boarding sagte eine Angestellte der Fluggesellschaft Aeroméxico über Lautsprecher: «In unserer Maschine fliegt der mexikanische Präsident mit.»

Wow, el presidente de México. Die Wartenden nahmen die Information indessen ohne das geringste Anzeichen von Erstaunen zur Kenntnis.

Tatsächlich hat sich Mexikos Öffentlichkeit längst daran gewöhnt: Der seit Dezember 2018 regierende Andrés Manuel López Obrador, wegen seiner Initialen oft Amlo genannt, nimmt auf seinen zahlreichen Reisen immer Linienflüge, und zwar Economy.

Amlo hat kein besonders gutes erstes Jahr als Staatsoberhaupt hinter sich: Das Land ist in eine Rezession gerutscht, die Drogenmafia mordet mehr denn je, die Umfragewerte der linken Regierungspartei Morena sinken. Amlos Popularität hingegen ist nach wie vor hoch. Das liegt auch daran, dass die Bevölkerung von der persönlichen Integrität und authentischen Bescheidenheit des 66-jährigen Politikers überzeugt ist. Indem er an seinem unprätentiösen Reisestil festhält, unterstreicht López Obrador diese schönen Charakterzüge stets aufs Neue. Obwohl er dabei nicht bloss Szenenapplaus und Selfiewünsche erhält, sondern manchmal auch Unangenehmes erlebt.

Besser als die Air Force One

Vor knapp zwei Wochen hat eine vierköpfige Familie darauf bestanden, aus der startklaren Maschine wieder auszusteigen. Mit dem Präsidenten zu fliegen, lehne er aus Sicherheitsgründen ab, sagte der Vater, der darauf den unvermeidlichen Shitstorm in sozialen Medien über sich ergehen lassen musste. Ein andermal forderte der Pilot Amlo über Lautsprecher auf, gefälligst dafür zu sorgen, dass Mexiko-Stadt einen neuen Flughafen erhalte.

Das komplexe Verhältnis des mexikanischen Präsidenten zu Flugzeugen zeigt sich auch in der Komödie um die ehemalige Präsidentenmaschine. Schon an seinem zweiten Amtstag hatte Amlo versprochen, die Boeing Dreamliner 787-8 zu verkaufen. Darin herumzufliegen, wie es sein Vorgänger Enrique Peña Nieto getan hatte, sei in einem Land mit so vielen Armen «eine Beleidigung».

Die Boeing 787 trägt den Beinamen Dreamliner. Foto: Edgard Garrido (Reuters)

Tatsächlich gehört die Maschine mit dem Namen «José María Morelos y Pavón» zu den luxuriösesten der Welt: Sofas und Ledersessel, marmorverkleidete Bäder und Toiletten, Schlafgemächer, Büros und Sitzungsräume, eine Küche, Internet, ein Satellitentelefon. Gekostet hatte sie fast 219 Millionen Dollar. «Das potenteste Präsidentenflugzeug der Welt, besser und mit grösserer Reichweite als die Air Force One», schrieb die spanische Zeitung «El País».

Kaufen wollte den fliegenden Palast allerdings bis heute niemand, obwohl er nur noch rund 125 Millionen Dollar wert ist. Wartung und ein Standplatz in einem Hangar in Kalifornien haben Mexikos Staatskasse seit Amlos Amtsantritt 1,6 Millionen Dollar gekostet. Nun soll das von den Reichen und Mächtigen dieser Welt verschmähte Flugzeug nach Mexiko zurückkehren.

Das Innere des Dreamliners des mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador. Foto: Regierung von Mexiko
Auch das Schlafgemach ist ansprechend. Foto: Regierung von Mexiko

Und was wird dort mit ihm geschehen? Bei einer Pressekonferenz schlug Amlo vor, die José María Morelos y Pavón an einen gewöhnlichen Bürger zu verlosen. Raunen im Saal. An einen gewöhnlichen Bürger? Ja, vorausgesetzt, dass er es nicht unter Wert verscherbele, und wenn er es vermieten wolle, müsse der oder die Glückliche ein Unternehmen besitzen, das dafür zugelassen sei. Allgemeines Kopfschütteln, ätzender Spott in den sozialen Medien.

«Wenn ich das Flugzeug gewinne», lautete ein Hashtag. Ja, was mache ich dann? Ist doch ganz einfach:

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Selbst der Verkehrsminister sagte, das sei nicht mit seiner Behörde abgesprochen und wäre ihm nicht in den Sinn gekommen. «Ich glaube, es gibt andere Optionen.»

Die gibt es, und gewählt hat Amlo eine ziemlich komplizierte: Verlost wird nicht mehr das konkrete Flugzeug, sondern ein Teil von dessen Gegenwert. Ab dem 1. März kann man Lose für das Präsidentenflugzeugslotto kaufen, am 1. September werden 100 Gewinner ausgelost, von denen jeder eine Million Dollar erhält. Dieses Geld stammt aus einem staatlichen Fonds, der durch den Verkauf beschlagnahmter Reichtümer der Drogenmafia gespeist wird. Der Gewinn, den der Staat durch die Lotterie zu erzielen hofft, soll sozialen Projekten zugutekommen. Und dazu verwendet werden, die Präsidentenmaschine zwei weitere Jahre lang in Schuss zu halten, auf dass sie vielleicht doch noch jemand kaufe.

Alles klar? In Mexiko würdigen viele die gute Absicht, die hinter der ganzen Aktion stecke. Mindestens ebenso viele fragen sich, ob der Präsident nichts Wichtigeres zu tun und solche PR-Verrenkungen tatsächlich nötig habe.

Den Flug von Chiapas in die Hauptstadt hat López Obrador dann übrigens doch nicht genommen. Vielleicht hat ihn die Vorbereitung zur grossen Präsidentenmaschinenverlosung aufgehalten.

Das Lotterielos. Foto: Regierung von Mexiko
Wer sitzt bald in diesem Cockpit? Foto: Regierung von Mexiko