Marathon-Coup mit 42 JahrenTadesse Abraham brilliert in seinem letzten Rennen mit Schweizer Rekord
Valencia ist sein letzter Karriere-Marathon – und der Schweizer läuft so schnell wie nie zuvor: In grossartigen 2:04:40 Stunden verbessert er die nationale Bestmarke massiv.
- Tadesse Abraham stellte in Valencia einen neuen Schweizer Marathonrekord auf.
- Er beendete seine Karriere mit einer Zeit von 2:04:40 Stunden.
- Der 29-jährige Kenianer Sebastian Sawe gewann das Rennen in seinem allerersten Marathon.
- Abraham zieht sich mit Abschiedsläufen in Genf, Sitten und Zürich endgültig zurück.
Die Devise für seinen letzten Marathon in seiner mehr als 20-jährigen Karriere war klar: «All out!» Alles, was er mit seinen 42 Jahren noch in sich hat, wollte Tadesse Abraham beim Valencia-Marathon auf die Strasse trommeln. Und das gelang ihm in herausragender Weise: In 2:04:40 Stunden verbesserte er zum fünften Mal den Schweizer Rekord, im Frühling war er bei seinem Sieg in Barcelona noch 21 Sekunden langsamer gewesen. Nun, in Valencia und bei idealen Bedingungen von zwölf Grad, wurde er mit der neuen Bestmarke Fünfter.
Das Rennen gewann der Kenianer Sebastian Sawe in 2:02:05. Dieser bestritt mit 29 Jahren seinen ersten Marathon überhaupt, während der 13 Jahre ältere Schweizer zum letzten Rennen in seiner Karriere über 42,195 km startete. Nach den Olympischen Spielen und dem coupierten Lauf in Paris (38.) hatte sich Abraham noch einmal nach Kenia ins Trainingslager aufgemacht. Hatte noch einmal seine Familie in Genf zurückgelassen, um sich ein letztes Mal die Chance zu verschaffen, die Marke von 2:05 Stunden zu knacken.
Gelungen ist ihm am Sonntagmorgen dann ein absolut gleichmässiges Rennen, die Halbmarathon-Marke passierte er praktisch auf die Sekunde genau in den angestrebten 62 Minuten. «Es war supercool, es lief alles nach Plan», sagte Abraham nachher, «ab Kilometer 32 hatte ich Verspannungen im Gesäss, aber ich sagte mir: Nein, Tade, es gibt keinen weiteren Marathon mehr, das musst du jetzt aushalten.» Die letzten fünf Kilometer seien dann sehr schnell gewesen.
Ein Steigerungslauf bis zuletzt
Fünf Jahre nachdem Abraham 2004 in der Schweiz um Asyl nachgesucht hat, ist er in Zürich in 2:10:09 seinen ersten Marathon gelaufen. Rekordhalter war damals Viktor Röthlin, der ein Jahr zuvor in Peking Olympiasechster geworden war und in Tokio in 2:07:23 eine Marke setzte, die acht Jahre Bestand haben sollte. Als Abraham 2016 in Seoul dann den Schweizer Rekord in 2:06:40 an sich riss und später in Rio Olympiasiebter wurde, begann sein eigentlicher Steigerungslauf erst. Er wurde in Amsterdam Halbmarathon-Europameister, wurde 2017 in New York Fünfter und gewann 2018 EM-Silber in Berlin.
Doch dann folgten die Jahre, in denen er mit seinem Material kämpfte. Adidas verfügte noch nicht über ein Schuhmodell mit Carbonplatte, zudem lief sein Vertrag aus. Unterschlupf fand er beim aufstrebenden Schweizer Label On – als einer der ersten Spitzenläufer. Die Arbeit an der Mitentwicklung eines kompetitiven Schuhs empfand Abraham von Anfang an als faszinierend. 2022 in Zürich vermochte er damit erstmals an seine alten Zeiten anzuknüpfen, er verbesserte seinen Rekord um 2 Sekunden und finishte dann im vergangenen Jahr in Berlin sogar in 2:05:10.
Dank einem robusten Körperbau
Profitiert hat Abraham in seiner ganzen Karriere von seinem robusten Körperbau. Kaum je verletzt, kaum je krank, kam er zu einer Konstanz, um die ihn viele beneideten. Er selber sagt natürlich, dafür habe er auch einiges getan. Nur so ist erklärbar, dass er sich mit 42 Jahren noch einmal steigern konnte. Erst in Barcelona, jetzt in Valencia. Kaum im Ziel, machte er rechtsumkehrt und segelte euphorisiert und mit weit ausgestreckten Armen noch einmal durch den Zielraum. So geht Abtreten auf dem Höhepunkt. «Es ist ein Highlight, wenn man so aufhören kann – zumal mit 42 Jahren», sagte er.
Den Segler wird Abraham nun noch auf seiner kleinen Abschiedstournee durch die Schweiz wiederholen: Nach der Course de l’Escalade am nächsten Wochenende verabschiedet er sich am 14. Dezember in Sitten und am 15. Dezember am Zürcher Silvesterlauf endgültig von seinem Publikum. Er hat es geliebt, und die Liebe war gegenseitig.
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