Kritik an Stadtpolizei Winterthur Im Kader sind mehrere Personen krankgeschrieben
Der neue Kommandant der Stadtpolizei Winterthur steht unter Druck. Der «SonntagsBlick» berichtet von einer Angst- und Wutkultur. Der Polizeibeamtenverband und die Stadtpolizei widersprechen.
Kaderleute der Stadtpolizei Winterthur kritisierten im April den neuen Kommandanten der Stadtpolizei. Anjan Sartory hatte den Posten erst zwei Monate zuvor übernommen. Er sollte im Korps einen neuen, kooperativeren Stil etablieren. Das Hauptproblem vor seinem Antritt war eine stark hierarchische Führungskultur, wie eine Administrativuntersuchung nach zwei Suiziden ergeben hatte.
Dabei stiess Sartory auf Widerstand. In einem anonymen Brief kritisierten Kaderleute seinen Führungsstil und sprachen ganz offen eine «Wir-oder-er-Drohung» aus. Diese Zeitung berichtete über den Vorfall und sprach zuvor mit mehreren Personen, die mit dem Korps vertraut sind. Der Tenor war ein anderer als im Schreiben kolportiert: Man ist begeistert vom neuen Mann.
Nun schreibt der «SonntagsBlick», dass der anonyme Brief im Korps offenbar dennoch grössere Unruhen ausgelöst hat. Die Zeitung berichtet unter Berufung auf zwei Insider von einer «Eskalation». Wenige Tage nachdem der anonyme Brief publik wurde, soll es an einer Kadersitzung zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen sein. Direkt nach der Sitzung habe sich eine Person aus der Geschäftsleitung krankschreiben lassen, sie befinde sich in psychologischer Behandlung. Zwei weitere Personen nahmen sich offenbar einen Anwalt und seien seither ebenfalls krankgeschrieben. Die Insider sprechen im «SonntagsBlick» von einer Schrei- und Wutkultur. Misstrauen präge das Bild, personalrechtliche Verfahren seien am Laufen.
Ende Juni sei beim Bezirksrat zudem eine Aufsichtsbeschwerde wegen Missständen in der Führung der Stadtpolizei eingereicht worden. Nicht nur der Stadtrat, auch die zuständige Kommission sei informiert.
Stadträtin stützt Kommandanten
Die Stadtpolizei reagierte am Sonntagnachmittag auf die Berichterstattung und weist die Vorwürfe in einer schriftlichen Stellungnahme zurück. Sie bestätigt zwar, dass 4 Personen in der erweiterten 14-köpfigen Geschäftsleitung krankgeschrieben seien, und auch, dass mit 2 davon ein personalrechtlicher Konflikt bestehe.
Die geschilderten Anschuldigungen, die bereits im April im erwähnten anonymen Brief erhoben worden seien, konnten nach sorgfältiger Abklärung aber gemäss Stadtpolizei «nicht erhärtet werden». Sartory geniesse einen sehr grossen Rückhalt in der Mannschaft. Nach dem Eingang der anonymen Vorwürfe habe die Departementsvorsteherin Katrin Cometta (GLP) einen Prozess mit externer Unterstützung eingeleitet. Im Rahmen dieser runden Tische sei es in keiner Art zu «heftigen Auseinandersetzungen» gekommen.
Stadträtin Cometta stärkt dem neuen Kommandanten den Rücken: «Der Kommandant geniesst das volle Vertrauen von mir, dem Stadtrat, dem Kader und vor allem auch den Mitarbeitenden», lässt sie sich im «SonntagsBlick» zitieren.
Polizeibeamtenverband ist verwundert
Der Polizeibeamtenverband der Stadt Winterthur reagierte am Sonntagnachmittag «mit Erschrecken, Verwunderung und tiefem Bedauern» auf die «erneute negative Berichterstattung über unseren Kommandanten, Anjan Sartory». Dieser erfülle den politischen Auftrag, einen Kulturwandel herbeizuführen vorbildlich. «Nach Jahren der Spaltung zwischen Mannschaft und Offizieren ist endlich spürbar, dass das Korps wieder zusammenwächst und Wunden heilen.» Die Mannschaft habe seit der Kommandoübernahme nie etwas von einer Angstkultur gespürt, heisst es in der Mitteilung. Sartory pflege einen sehr kooperativen Führungsstil. Der Polizeibeamtenverband der Stadt Winterthur stehe geschlossen hinter dem Kommandanten.
Bereits Ende Juni nahm Stadträtin Cometta in einem längeren Interview mit dieser Zeitung Stellung, als bereits klar gewesen sein muss, dass gemäss «SonntagsBlick»-Recherche mehrere Kaderleute krankgeschrieben sind. Sie sagte: «Konflikte bei Führungswechseln sind nicht aussergewöhnlich.» Und weiter: «Ich war aber überrascht über die Heftigkeit und die Art und Weise. Die Vorwürfe gegen Anjan Sartory konnten nicht erhärtet werden.»
Und Sartory selber sagte im gleichen Gespräch Ende Juni: «Will jemand zu mir kommen, um zu reden, steht meine Tür offen. Ich habe bereits in meiner Antrittsrede gesagt, dass ich mir eine respektvolle Feedback- und Fehlerkultur wünsche. Das gilt auch in der Krise.» Mit den Kaderleuten, die hier seien, arbeite er sehr gut zusammen.
Hinweis der Redaktion: Der Artikel wurde am Sonntag, 18.10 Uhr, um die Stellungnahmen des Polizeibeamtenverbandes der Stadt Winterthur und der Stadtpolizei Winterthur ergänzt und aktualisiert.
«Dialogplatz» – der Podcast aus Winterthur
Den Podcast können Sie kostenlos hören und abonnieren auf Spotify, Apple Podcasts oder Google Podcasts. Falls Sie eine andere Podcast-App nutzen, suchen Sie einfach nach «Dialogplatz».
Fehler gefunden?Jetzt melden.