AboReportage aus Nordafrika«Ich schäme mich als Tunesier für diese Gewaltorgie»
Die EU preist ihr Migrationsabkommen mit Tunesien als wegweisend. In der Hafenstadt Sfax macht aber ein Mob Jagd auf die Migranten. Und täglich kommen mehr von ihnen in die Stadt.

Noël Hounkpatin legt die Stirn in Falten und schweigt erst einmal lange. Die Ereignisse der letzten zwei Wochen in Sfax? «Es war wie ein Sturm, der über die Stadt hinweggefegt ist. Alles wurde mitgerissen, was wir uns in den letzten Jahren hier aufgebaut hatten. Aber nun machen wir weiter.» Die Luft über dem Beb-Jebli-Platz ist drückend. Hier, im Zentrum der Hafenstadt, steht das Thermometer auch abends um 10 Uhr noch auf 35 Grad. Gruppen von Tunesiern und Migranten aus Subsahara-Afrika sitzen friedlich nebeneinander auf der grossen Rasenfläche in der Mitte des Kreisverkehrs. Ein einzelner Polizeiwagen mit vergitterten Scheiben steht unter einer Palme, die Beamten schauen sich gelangweilt Videos auf ihren Mobiltelefonen an.