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Hürdensprinter Jason Joseph
Endlich im Final – doch dann bleibt ihm nur der Frust

Das hatte er sich anders vorgestellt: Jason Joseph nach dem WM-Final über 110 m Hürden. 

Und dann liegt er da, eine gute Minute lang. Er hält sich die Hände über seinen Kopf. Es ist ein Bild, das keiner grossen Worte bedarf. Jason Joseph hadert. Erstmals überhaupt hat er sich für einen WM-Final qualifiziert, mit der achtschnellsten Zeit im Halbfinal. Doch der Sprint zu den Medaillen über die 110 m Hürden, er missglückt dem 24-Jährigen. Und diese Medaillen hatte er avisiert.

Das zeigt das Selbstverständnis des Baselbieters – einerseits. Aber das zeigt eben auch, welch rasante Entwicklung er in diesem Jahr genommen hat. Nur kann er an diese im Final von Budapest nicht anknüpfen. Zwar erwischt er einen formidablen Start, doch dann gerät er bei der fünften Hürde aus dem Rhythmus, in 13,28 kommt er schliesslich als Siebter ins Ziel – wobei auf seiner Bahn drei Hürden am Boden liegen.

Und so bleiben bei ihm zwiespältige Gefühle zurück. Da ist der langersehnte Finaleinzug auf der einen Seite – aber da ist eben auch die Gewissheit, dass er es auf dieser Bühne besser hätte machen können. Viel besser.
So muss Joseph zusehen, wie sich der Amerikaner Grant Holloway in 12,96 Gold sichert – zum dritten Mal nach 2019 und 2022. Silber geht an den jamaikanischen Olympiasieger Hansle Parchment, Bronze an Holloways Landsmann Daniel Roberts.

Der Knoten schien geplatzt

Es ist sehr vieles passiert im Leben von Jason Joseph in den letzten zwei Jahren. Denn dieser WM-Final-Einzug, er wurde dem U-20- und U-23-Europameister schon längst zugetraut – doch an Grossanlässen wirkte er selten befreit. So scheiterte er 2021 an den Olympischen Spielen im Halbfinal. Und auch im letzten Jahr verpasste er an der WM den Finaleinzug. Hinzu kam der undankbare vierte Rang an der EM in München. Anfang Jahr sprach er von zwei «sehr schwierigen Jahren», die hinter ihm liegen würden. Aber er sagte eben auch: «Die Rückschläge haben mir geholfen, umzudenken.»

2020 hatte er das Angebot seines Ausrüsters Puma angenommen, den Winter über in Florida unter Trainerguru Rana Reider mit den Weltbesten zu trainieren. Er liess sich dann nach der Olympia-Enttäuschung nochmals in den USA nieder. In diesem Umfeld lernte Joseph, was Professionalität wirklich bedeutet. Er legte an Kraft zu und wurde schneller – doch den «Ferrari», den er nun fuhr, konnte er nicht über die Hürden steuern, auch, weil das Techniktraining in den USA vernachlässigt wurde.

Deshalb kehrte Joseph nach Basel und zu Claudine Müller zurück, die ihn schon seit Jahren betreut hatte. Und die ehemalige Siebenkämpferin brachte die Puzzleteile zusammen. In diesem Jahr lief Joseph stark wie nie. In Istanbul wurde er über 60 m Hürden Hallen-Europameister. Mit 7,41 stellte er einen neuen Schweizer Rekord auf, nachdem er diesen bereits in den Wochen zuvor fünfmal verbessert hatte. Und outdoor schien es dann gleich so weiterzugehen. Beim ersten Diamond-League-Meeting der Saison in Florenz wurde er Zweiter mit Landesrekord (13,10), im Juli in Madrid egalisierte er seine Bestzeit.

Das liess seine Erwartungen steigen, die Zeit unter 13 Sekunden hatte er längst im Kopf. Gut möglich, dass er auch deshalb etwas verkrampft wirkte zuletzt, bei seiner Derniere vor der WM in Bern gar stürzte. Nach dem Vorlauf in Budapest meinte er vielsagend: «Ob der Kopf mitmacht, wird sich erst im Halbfinal zeigen.» Aber auch: «Im Moment, wenn bei mir der Knopf aufgeht, werden die Leute wissen, von was ich rede.»

Schonungslos ehrlich

Eines muss man diesem Athleten lassen – er beschönigt nichts. «Die Schweiz gehört aufs Podest», sagt er im SRF-Interview. Er habe es in seinen Beinen gehabt, «aber ich muss einfach meinen Job machen». Bereits mit dem Halbfinal war er nicht zufrieden gewesen, trotzdem ist er diesen in 13,25 gelaufen, was ihm Zuversicht gab. Er war überzeugt, dass mit einer Topleistung eine Medaille drin liegt. Und während vier Hürden sah es ja auch richtig gut aus, nur Holloway lag vor ihm – bis Joseph dann aus dem Rhythmus geriet.

Doch – und das spricht ebenso für den Athleten – nach der Enttäuschung blickt er bereits nach vorne. Joseph sagt: «Wenn ich mit so einer Leistung 13,28 laufen kann, dann ist das ein Zeichen, was ich in den Beinen habe.»