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Hommage an ein Zürcher Kino
Ein letztes Mal den Sternenhimmel im Arthouse Uto bewundern

Das Uto-Kino an der Kalkbreitestrasse in Zürich schliesst am 24. März 2024 nach fast 100 Jahren seine Tore für immer.
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Der Countdown läuft: Am Sonntag, um 20 Uhr, zeigt das Arthouse Uto seinen letzten Film, das Biopic «Behind the Candelabra». Michael Douglas spielt den Pianisten und Showmann Liberace. Vor dem Kino hängt ein Glaskasten, seit Jahren vermelden Plakate und Styroporbuchstaben das laufende Programm. Jetzt sagt der Kasten, wie viele Tage noch bleiben. Zum Abschied gibt es ein Best-of aus den vergangenen Jahren.

Das Uto nahm den Betrieb im Herbst 1927 auf. Es ist das älteste Kino der Stadt, und fast hätte es hundert Jahre feiern können. Aber jetzt läuft der Vertrag der Hausbesitzerin mit der Arthouse-Gruppe aus. Demnächst beginnen die Renovationsarbeiten. Die Besitzerin, die Firma PK Rück, hat sich gegen einen weiteren Kinobetrieb entschieden.

Das Uto-Kino an der Kalkbreitestrasse in Zürich schliesst am 24. März 2024 nach fast 100 Jahren seine Tore für immer.

Immerhin werden nicht alle Spuren verschwinden, denn das Haus an der Kalkbreite steht seit 2019 auf der Liste der schützenswerten Bauten der Stadt. So wird die steinerne Theatermaske erhalten bleiben, die an der Hausecke angebracht ist. Mit grimmigem Blick wacht sie über eine rote Tür, die nur für das Personal zugänglich ist.

Diese Maske ist ein Kind des Art-déco-Stils, der auch an der Fassade und im Innendekor des Kinos erkennbar ist. Architekt Fritz Fischer hat das Haus damals für Arbeiterfamilien gebaut. Oben Wohnungen, unten ein günstiges Kino mit Bänken und Stehplätzen. Von aussen wirkt inzwischen alles ein bisschen baufällig, die Renovation ist durchaus nötig.

Auch wir waren öfters im Uto. Die Eröffnung zum Yesh!, dem jüdischen Filmfestival, fand hier öfters statt. In der Reihe Uto Orrore sahen wir den Horrorklassiker «Hellraiser», und die Berner Kultmoviegang zeigte «Deadly Prey», einen extrem billigen, aber lustigen Actionstreifen, der als Kultfilm verehrt wird.

«4. letzter Tag» steht im Glaskasten, als wir das Uto besuchen. Wir wollen uns «Joyland» (2022) ansehen, ein Drama aus Pakistan. Ein junger Mann findet nach langer Arbeitslosigkeit endlich einen Job, allerdings als Backgroundtänzer in einer erotischen Tanzshow. Seiner konservativen Familie verheimlicht er das, zumal die Chefin eine trans Frau ist. Im Lauf der Proben verliebt er sich in sie. Ein trauriger, aber wunderschöner Film.

Die Tickets holen wir uns im Foyer. Wir bewundern noch mal den schönen Mosaikboden und die gewölbte Decke, auf die ein Sternenhimmel gemalt ist. In der Mitte hängt eine Sonnen-Lampe. Wie fast immer ist die Treppe zum Balkon gesperrt – von dort oben ist der Blick auf die Leinwand eh schlecht.

Über der Kasse hängt ein grosses Foto der Gott-Uto-Maske, die Betreiber sind sich der Wirkung ihres Maskottchens bewusst. Als Verkäufer ist Kinoleiter Simon Schwendimann selbst im Einsatz. Seit 1992 arbeitet er im Uto, und meist war es eine One-Man-Show, wie er erklärt. So auch heute. Nachdem er die Billette verkauft hat, eilt er in den Saal und gibt eine kleine Einführung zum Film. «Vor allem ist das eine sehr schöne Liebesgeschichte», sagt er über «Joyland». Dann legt er das Mikro weg und eilt auch schon nach hinten in den Vorführraum, um den Projektor zu starten.

Das Uto-Kino an der Kalkbreitestrasse in Zürich schliesst am 24. März 2024 nach fast 100 Jahren seine Tore für immer.

Der Kinosaal des Utos ist nicht der bequemste oder der schönste der Stadt: Die Einrichtung ist eher karg, von einigen Filmplakaten abgesehen. Es riecht ein wenig muffig, und die Sessel sind ziemlich abgewetzt. Aber das Uto hat seinen Charme, und die Erinnerungen werden bleiben. Der Saal ist gut gefüllt, es sind nicht nur die alten Stammgäste, sondern auch viele Junge gekommen.

Simon Schwendimann hat an dem Abend kaum Zeit für uns, aber wir können tags drauf mit ihm telefonieren. «Es ist eine intensive Schlussphase», sagt er, «es gibt viel zu tun.» Darum komme er auch gar nicht dazu, über das kommende Betriebsende nachzudenken. «Das Loch kommt dann vielleicht nachher, wenn alles vorbei ist.» Wobei er weiterhin für die Arthouse-Kette arbeiten wird, halt in den verbleibenden Kinos der Gruppe.

Das Abschlussprogramm gibt ihm noch einmal Gelegenheit, seine Jahre im Uto Revue passieren zu lassen. Und Simon Schwendimann freut sich darüber, dass auch das Publikum zum Ende noch mal zahlreich vorbeischaut. «Ich merke, dass ich nicht der Einzige bin, der an dem Ort hängt.»

Das Abschlussprogramm «Farewell Uto» läuft bis So 24.3.