Hohe Verletzungsgefahr für NationalspielerEin Sportwissenschaftler schlägt Alarm
Viele Spiele, wenig Erholungszeit: Eine Studie zeigt, dass der dicht gedrängte Fussballkalender bis Sommer 2021 besonders für Nationalspieler gesundheitliche Folgen haben könnte.
Sportwissenschaftler Oliver Faude sieht in dem Corona-Spielplan des internationalen Fussballs eine Gefahr vor allem für die Nationalspieler. «An der Uni in Saarbrücken haben wir mal eine Studie gemacht, die deutlich gezeigt hat, dass durch die Verkürzung der Winterpause die Verletzungen zugenommen haben», sagte Faude, der jetzt an der Universität Basel arbeitet. «Jetzt spielen die Nationalspieler alle drei Tage, haben eine sehr kurze Winterpause und gehen direkt aus einer intensiven Saison in die EM-Vorbereitung.»
Schon der Saisonstart sei für einige Nationalspieler höchst problematisch, warnte der Trainingswissenschaftler. So könnten für die Profis, die noch im Europacup tätig sind, schon bis zum Jahresende bis zu 33 Pflichtspiele anstehen. Die Europa League (mit dem FC Basel) wie auch die Champions League werden mittels Finalturnier zu Ende gespielt, die Endspiele sind am 21. August (Europa League) respektive am 23. August (Champions League).
Liga, Cup, Nations League, Europameisterschaft
Und am 3. September stehen bereits Länderspiele der Nations League an, danach geht es im internationalen Fussball mit den nationalen Cups und Ligen weiter. Eine normale Vorbereitung ist nicht möglich. Und im Sommer 2021 stehen Europameisterschaft und Copa América an.
Diese Bedenken werden vom Schweizer Fussballverband bestätigt. Mehr Spiele und ein engerer Zeitplan erhöhen die Belastungen und somit das Verletzungsrisiko. Doch Markus Tschopp, Leistungsphysiologe des A-Nationalteams, sagt auch: «Die höhere Grundbelastung ist nicht der einzige Aspekt, auch der Belastungswechsel ist entscheidend. Ein Spieler, der dauernd Partien bestreiten muss, hat zwar einen höheren Grundload, ist sich diesen aber gewohnt und kann mehr tolerieren. Ein anderer Spieler hingegen, der über eine längere Zeit keinen Spieleinsatz hat, ist ebenfalls einem höheren Verletzungsrisiko ausgesetzt, da sich dessen Körper erst wieder an die Belastung anpassen muss.»
Austausch der Leistungsdaten
Laut Markus Tschopp seien der eng getaktete Spielplan und die kurze Sommerpause der Spieler nicht optimal, doch auch er sieht, dass es keine andere Möglichkeit gab. Er sagt: «Es gibt schlussendlich Termine wie Qualifikationsspiele und dann natürlich die EM, die man einhalten muss. Hätte man mit dem Saisonstart in der Schweiz länger gewartet, wäre die Saisonpause zwar länger gewesen, dafür hätte man in den Monaten danach einen viel kleineren Spielraum gehabt.»
Trotz allem hält der Schweizerische Fussballverband an seinem Terminkalender fest. Vorerst wurden keine Testspiele oder lange Auswärtsreisen gestrichen, wie es zum Beispiel der deutsche Fussballverband getan hat. Umso wichtiger sei laut Tschopp daher die genaue Leistungsüberwachung der Nationalspieler, damit Übertraining und Verletzungen vermieden werden können. Tschopp erklärt: «Der Dialog zwischen den Spielern und den Ärzten sowie Trainern der Nationalmannschaft wird immer wichtiger. Ist ein Spieler gesund und belastbar? Ist er genug fit für ein Aufgebot? Wir sind daher im ständigen Austausch mit den Clubs: Wir übermitteln ihnen unsere Trainings- und Belastungsdaten, sie schicken uns ihre gesammelten Informationen, und dann besprechen wir die Situation von jedem einzelnen Spieler.»
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DPA/tmü
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