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Neue Regeln für die AOZ
Höhere Standards für die Betreuung von Asylsuchenden

Seit die unhaltbaren Zustände im Asylheim Lilienberg publik geworden sind, hat sich einiges verändert.
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Die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden im Kanton Zürich ist schon seit einiger Zeit problematisch. Bereits 2019 warnte eine unabhängige Beratungsfirma vor den Zuständen im Zentrum Lilienberg, einem Asylheim für die sogenannten MNA (Mineurs non accompagnés).

Drei Jahre später stellte ein Untersuchungsbericht fest: «Die soziale und pädagogische Betreuungssituation im Lilienberg ist besorgniserregend.» Der Zürcher Stadtrat hat darauf reagiert. Die Stadt Zürich hat nicht nur über 23 Millionen Franken zur Verfügung gestellt, um die Betreuung zu verbessern. Inzwischen stehen auch neue Richtlinien, welche die Stadt für die städtische Asylorganisation AOZ erlassen will.

So hat der neue Leistungsauftrag insbesondere zum Ziel, die Betreuungssituation für die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden zu verbessern. Die Mindeststandards beinhalten unter anderem, dass sich mehr sozialpädagogisches Personal um die MNA kümmert und diese nicht mehr in Mehrbetträumen, sondern in Einer- oder Zweierzimmern untergebracht werden sollen. Zudem soll die AOZ künftig den Stadtrat ausführlicher informieren.

Nur die SVP gegen höhere Standards

Über die neuen Richtlinien hat der Gemeinderat am Mittwochabend debattiert. Sämtliche Parteien zeigten sich mit dem Bericht des Stadtrats einverstanden – mit Ausnahme der SVP. Deren Sprecher Samuel Balsiger sagte, Rekruten in der Schweizer Armee würden auch in Massenschlägen untergebracht. Anna-Béatrice Schmaltz (Grüne) entgegnete, bei den MNA handle es sich um Kinder und Jugendliche, da habe man einen spezifischen Auftrag, diese besonders zu schützen.

Der SP-Gemeinderat Ruedi Schneider wies zudem darauf hin, dass sich insbesondere bei MNA Investitionen lohnen. «Wenn wir bei Missständen wegsehen, ist das nicht nur unmenschlich, sondern auch teuer für die öffentliche Hand.» Damit waren auch die Freisinnigen einverstanden: «Jeder Rappen, den wir in diese Kinder und Jugendlichen investieren, kommt doppelt oder sogar dreifach zurück», sagte Patrick Brunner.

Das Parlament geht noch weiter

Mit mehreren Begleitvorstössen wollte eine breite Allianz von der AL bis zur GLP und zum Teil bis zur FDP die Situation weiter verbessern. So verlangt ein Postulat vom Stadtrat etwa, dass er zusammen mit weiteren interessierten Städten und Gemeinden prüft, wie MNA über das 18. Altersjahr hinaus dezentral in kleinen Wohngruppen untergebracht werden können. So sollen die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden etwa konstante, verbindliche und verlässliche Beziehungen zu Bezugspersonen aufbauen. Ein weiteres Postulat will dem Gemeinderat als Kontrollorgan weitere Kompetenzen in Bezug auf die Kontrolle der AOZ zugestehen.

Der Stadtrat zeigte sich bereit, diese Ergänzungen aufzunehmen. Der zuständige Vorsteher des Sozialdepartements Raphael Golta sagte aber auch, dass die Ressourcen im Bereich der Flüchtlingsunterbringung begrenzt seien: «Diese Anforderungen sind enorm für eine Organisation wie die AOZ.»

Auf diesen Punkt wies in der Debatte auch der Sprecher der Fraktion Mitte und EVP, Josef Widler, hin. Mit diesen Vorgaben könnten in Zürich momentan lediglich etwa 20 Prozent der MNA untergebracht werden.

Ausnahmen bei hohen Asylzahlen möglich

In der Tat sind die Asylzahlen momentan hoch. Aktuell sind rund 500 MNA im Kanton Zürich untergebracht. Die neuen Richtlinien der AOZ sehen aber vor, dass bei grossen Schwankungen der Asylzahlen auch Ausnahmen gemacht werden können. Konkret: Wenn besonders viele Personen untergebracht werden müssen, können die Mindestanforderungen unterschritten werden.

Dies gesteht auch der Gemeinderat der AOZ zu. Allerdings will er vorschreiben, dass bei solchen Schwankungen die Minimalstandards innerhalb von sechs Monaten wiederhergestellt werden können. Diese Anforderung lasse sich kaum umsetzen, sagte Stadtrat Golta: «Wir können nicht voraussagen, wie viele Personen in die Schweiz flüchten.»

Wie sich die neuen Vorgaben auswirken, wird sich zeigen, wenn sich die AOZ auf eine Ausschreibung für die Unterbringung von Asylsuchenden bewerben wird. Bei solchen Submissionen spielt der offerierte Preis zumeist eine wichtige Rolle. Darauf wies Ronny Siev (GLP) hin: «Hohe Standards bedeuten auch, dass die AOZ weniger konkurrenzfähig wird.» Dennoch stellten sich die Grünliberalen hinter die Änderungen des Leistungsauftrags.

Im Kanton gelten andere Standards

Während der Stadtrat mit dem neuen Leistungsauftrag versucht, die Empfehlungen umzusetzen, welche die Beratungsfirma im Zusammenhang mit den Mängeln im Zentrum Lilienberg gemacht hat, tut sich der Kanton Zürich damit offenbar noch schwer. Vergangene Woche hatte diese Zeitung über Misstände bei der Unterbringung von MNA in der ehemaligen Polizeikaserne berichtet. Die Platzverhältnisse sind dort für die Minderjährigen noch enger als im kritisierten Lilienberg.

Auf dieses Zentrum haben die neuen AOZ-Richtlinien allerdings keinen Einfluss. Zuständig ist die private ORS als zweite grosse Asylorganisation in Zürich. Sie betreut die Jugendlichen in der Kaserne im Auftrag des Kantons.