Affäre um GeheimdokumenteTrump wird in zweitem Fall angeklagt
Der ersten Anklage gegen Donald Trump wegen des Schweigegelds an eine Pornodarstellerin folgt nun eine zweite. Erneut ist es eine historische Premiere.
Donald J. Trump hat Geschichte geschrieben, indem er Ende März als erster ehemaliger US-Präsident als Angeklagter vor einem Strafrichter des Bundesstaats New York erschien. Keine zwei Monate später folgt bereits die zweite Anklage, und wieder ist es eine für die Geschichtsbücher: Trump ist nun auch der erste frühere US-Präsident, dem Strafverfolger des Bundes Verbrechen vorwerfen.
Am Dienstagnachmittag um 15 Uhr Ortszeit, 21 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, muss Trump vor einem Bundesrichter in Miami vorsprechen. Er steht damit nun sowohl in seiner Heimatstadt New York als auch in seiner Wahlheimat Florida unter Anklage.
Die Nachricht hat Trump selbst am Donnerstagabend auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social verbreitet. Dabei schrieb er von einem «dunklen Tag für die Vereinigten Staaten von Amerika», und er meinte damit eher nicht das, was die gemeinen Ostküstenbewohner am Donnerstag bewegte, die Rauchwolken der kanadischen Waldbrände. Diese lassen derzeit mehrere Metropolen so dystopisch aussehen, wie Trump sie in seinen Brandreden zu beschreiben pflegt.
Gremium hat Anklage gegen Trump beschlossen
Der Strafprozess in Miami dreht sich laut Trump um eine Reihe hochgeheimer Dokumente, die er beim Abschied aus dem Weissen Haus im Januar 2021 mitgehen liess. Zuständig für den Fall ist Sonderermittler Jack Smith, den das Justizministerium im vergangenen Herbst damit betraut hatte.
Nicht Smith allein hat aber entschieden, Anklage zu erheben: Vielmehr kam wie bei dem Fall in New York ein Gremium von Geschworenen zum Schluss, dass genügend Belege für ein Fehlverhalten Trumps vorliegen, um ihn anzuklagen. Für ihn gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.
Die neue Anklage umfasst sieben Punkte, die aber noch nicht im Detail bekannt sind, weil das Justizministerium die Anklageschrift noch nicht publiziert hat. Trumps Anwälte gehen davon aus, dass die Vorwürfe Verstösse gegen ein Antispionagegesetz, Verschwörung zur Behinderung einer Strafuntersuchung, Falschaussage sowie vorsätzliches Zurückhalten von Dokumenten betreffen. Trump werden damit Straftaten zur Last gelegt, die nach Bundesrecht als Verbrechen gelten; die Bandbreite möglicher Sanktionen reicht von Geldbussen bis zu mehrjährigen Gefängnisstrafen.
Anklage folgt nach FBI-Razzia in Mar-a-Lago
Die Anklagepunkte haben sich aufgetürmt, weil Trump erst nach monatelangen Verhandlungen Akten an das Nationalarchiv übergeben hatte. Dort gehören sämtliche amtlichen Unterlagen einer Präsidentschaft von Gesetzes wegen hin, zur Aufbewahrung für die Nachwelt.
Als das Nationalarchiv Wind davon kriegte, dass Trump aber nicht alle Dokumente herausgerückt hatte, schickte sie Beamte der Bundespolizei FBI in sein Anwesen Mar-a-Lago. Bei der Razzia stiessen die Fahnder in einem Nebenraum des Klubs auf über 100 weitere Aktenstücke, darunter derart geheime, dass sie sie selbst nicht anschauen durften.
Trump redet nur von einem «Boxes Hoax», einer Falschmeldung über Kisten also, mit dem die «korrupte Biden-Regierung» seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen 2024 behindern wolle. Biden selbst hätte viel mehr Kisten, unter anderem in seiner Garage, schrieb Trump.
In der Tat läuft auch eine Strafuntersuchung wegen geheimen Unterlagen, die Biden nach seiner Zeit als Senator und Vizepräsident widerrechtlich aufbewahrt hatte; allerdings handelt es sich dabei um weniger Aktenstücke. Zudem zeigt sich Biden kooperativ mit den Strafermittlern, ganz im Gegenteil zu Trump, der im Verdacht steht, seine Anwälte für sich lügen zu lassen. Ob auch der Sonderermittler in Bidens Fall Anklage erheben wird, ist nicht bekannt.
Trump ignorierte die sich abzeichnende Anklage
Als ganz und gar unschuldig bezeichnet sich Trump. Er habe es für unmöglich gehalten, dass einem früheren Präsidenten und Favoriten für die nächsten Wahlen 2024 so etwas zustossen könne, schrieb er auf Truth Social. Aus seinem Umfeld erklangen Klagen, dass er von der Anklage überrumpelt worden sei. Wohl waren seine Berater offenbar schon vor Monaten zur Auffassung gelangt, dass der juristische Schritt sich abzeichnete. Hören wollte Trump das offenbar nie.
In einer zornigen Videobotschaft bezeichnete der ehemalige Präsident die Anklage als einen «Krieg des Rechts» gegen sich, während seine Unterstützer in den rechten Medien vom Ende der demokratischen Republik redeten – eine Rhetorik, die nichts Gutes erwarten lässt in einem Land, in dem viele Bürger Waffen besitzen, um sich gegen eine als übergriffig wahrgenommene Regierung zur Wehr zu setzen. Ein Sprecher Trumps versicherte derweil, der Angeklagte werde der Gerichtsvorladung Folge leisten.
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In New York war Trumps Weg vor den Richter am 30. März zum Medienereignis geraten, dokumentiert von unzähligen Kameras und Hubschraubern. Dort werden ihm 30 Straftaten zur Last gelegt, unter anderem die Verletzung von Gesetzen und Wahlkampffinanzierung und die Fälschung von Geschäftsbüchern, wegen der Vertuschung eines Schweigegelds an eine Pornodarstellerin. Demonstrationen von Trump-Anhängern wie seiner Gegner blieben friedlich.
Inwiefern das auch auf das ähnliche Spektakel zutreffen wird, das nun in Miami zu erwarten ist, ist offen. Die Millionenstadt am Atlantik ist zwar wie New York demokratisch geprägt. Im Bundesstaat Florida sind jedoch Republikaner und insbesondere Trump-Fans in der Mehrheit, Hunderte von ihnen hatten die Strassen zum Flughafen gesäumt, als Trump Ende März Richtung New York flog.
Republikaner stellen sich hinter Trump
Die Republikaner im Kongress schlugen sich jedenfalls am Donnerstag mehrheitlich reflexartig auf Trumps Seite. Sein Gefolgsmann Jim Jordan, Vorsitzender des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, schrieb von einem «traurigen Tag für Amerika. Gott segne Präsident Trump.» Jordan hat zusammen mit anderen Getreuen in den vergangenen Monaten versucht, Biden der Korruption im Zusammenhang mit den Geschäften dessen Sohnes Hunter Biden zu bezichtigen. Bisher bleiben sie Belege dafür schuldig, doch eilen nun zahlreiche Republikaner Trump zur Seite mit dem Argument, eigentlich müsse Biden vor Gericht.
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Biden selbst bezeichnete die Vorwürfe am Donnerstag als «kompletten Unsinn». Zur Anklage gegen Trump äusserte sich das Weisse Haus nicht. Demokratische Abgeordnete begrüssten die Anklage, weil sie zeige, dass niemand über dem Gesetz stehe. Repräsentant Steve Cohen stichelte mit einem Verweis auf Präsident Richard Nixon, der seiner sicheren Amtsenthebung nur entkam, indem er zurücktrat: «Wenigstens verabschiedete sich Nixon still», bemerkte Cohen.
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Welchen Einfluss die Anklage auf Trumps Wahlchancen haben wird, lässt sich noch nicht ermessen. Das Strafverfahren in New York hatte seine Kandidatur zunächst beflügelt und ihm Millionen an Spendengeldern eingebracht. Dasselbe geschah mit einem Zivilprozess im Mai, bei dem eine Jury der Autorin E. Jean Carroll eine Entschädigung zusprach, weil Trump sie 1996 sexuell genötigt habe.
Mindestens kurzfristig dürfte sich der Geheimaktenprozess ähnlich auswirken. Inwiefern die juristischen Probleme Trumps aber für Mitte- und unabhängige Wählergruppen zum Problem werden, lässt sich hingegen noch kaum ermessen.
Zudem sind weitere Ermittlungen hängig. Im Bundesstaat Georgia läuft eine weitere Strafuntersuchung wegen Verdachts auf Wahlmanipulation, die bald in einer Anklage münden könnte. Und Sonderermittler Jack Smith untersucht auch Trumps Rolle beim Putschversuch am 6. Januar 2021. Ausgang offen.
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