Neue Zahlen zum KlimawandelHeute geborene Kinder werden sieben mal mehr Hitzewellen erleben
Junge Generationen werden in ihrem Leben mehr Extremwetterereignisse durchmachen. Das zeigt eine Untersuchung zu Temperaturverläufen und Bevölkerungsdaten.
Ein Kind, das heute geboren wird, wird viel mehr Überschwemmungen, Hitzewellen und Waldbrände erleben als seine Grosseltern. Das geht aus einer Studie eines internationalen Forscherteam mit Beteiligung der ETH Zürich hervor, die am Montag in der Fachzeitschrift «Science» veröffentlicht wurde.
In die Lebenszeit eines Kindes mit Jahrgang 2020 fallen aufgrund des Klimawandels mehr Extremwetterereignisse als in diejenige eines 1960 geborenen Erdenbürgers: Doppelt so viele Waldbrände, drei Mal so viele Überschwemmungen und Ernteausfälle, sieben Mal so viele Hitzewellen – in einem Szenario, in dem die Länder ihre derzeitigen Strategien zur Reduzierung von Treibhausgasen beibehalten. Wird das 1,5-Grad-Ziel erreicht, könnte es einen grossen Unterschied machen.
Die Forschenden legten vorhandene Daten zu globalen Temperaturverläufen und Projektionen für Extremwetterereignisse mit Bevölkerungsdaten und Lebenserwartungszahlen übereinander. Dabei betrachteten sie unterschiedliche Szenarien, was die Erhöhung der weltweiten Durchschnittstemperatur angeht.
Beispiel für die Prognosen
Eine 1960 geborene Person erlebt der Rechnung zufolge im Schnitt etwa zwei bis sechs Hitzewellen. In die Lebenszeit eines 2020 geborenes Kindes fallen dagegen durchschnittlich 10 bis 26 Hitzewellen, wenn der globale Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzt wird. 15 bis 29 Hitzewellen sind es bei einem Anstieg von 2,0 Grad – und 21 bis 39 Hitzewellen, wenn die derzeitigen Klimastrategien der Regierungen beibehalten werden.
Einen Anstieg gibt es demnach auch bei anderen Extremwetterereignissen, zum Beispiel Waldbränden. Menschen, die heute jünger als 40 Jahre sind, würden «ein bisher nie dagewesenes Leben» führen, was Dürren, Hitzewellen, Überschwemmungen und Ernteausfälle angehe, sagte Hauptautor Wim Thiery von der Freien Universität Brüssel. Die Ergebnisse zeigten eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit der jungen Generationen und legten drastische Emissionsreduzierungen nahe.
Betroffene Länder und Regionen
Besonders stark wird der Anstieg von Extremwetter-Ereignissen demnach für derzeit junge Menschen im Nahen Osten und in Nordafrika. Grundsätzlich werden junge Generationen in Ländern mit geringem Durchschnittseinkommen laut der Prognose stärker betroffen sein als in reicheren Ländern. Zwischen 2016 und 2020 im Afrika südlich der Sahara geborene Kinder werden fünfeinhalb bis sechs Mal mehr Extremwetter erleben.
Aber auch Europa wird es demnach treffen: Hier werden für heutige Kleinkinder etwa vier Mal mehr Extremwetter-Ereignisse prognostiziert. Die Zahlen auf einzelne Länder herunterzubrechen ist laut den Studienautoren schwierig. Belastbar seien die Durchschnittswerte, wenn man sie auf kontinentaler Ebene oder wenn, dann für sehr grosse Länder betrachte.
Waldbrände im Süden Europas, Hochwasser in Deutschland und der Schweiz
Diesen Sommer wüteten in viele EU-Mittelmeerländern verheerende Waldbrände. Alleine in Griechenland sind seit Ende Juli bei hunderten Waldbränden hunderte Hektar Wald in Flammen aufgegangen, mindestens drei Menschen kamen ums Leben. Die griechische Regierung macht die vom Klimawandel verursachte schlimmste Hitzewelle seit Jahrzehnten für die verheerenden Brände verantwortlich.
Im Norden Europas kam es diesen Sommer zu schweren Unwettern. Extreme Starkregenfälle hatten Mitte Juli verheerende Überschwemmungen an Flüssen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ausgelöst. Viele Gemeinden, insbesondere im Ahrtal, wurden verwüstet. In Rheinland-Pfalz kamen im Zusammenhang mit dem Hochwasser 133 Menschen ums Leben. In Nordrhein-Westfalen gab es 48 Tote.
Die Überschwemmungen gelten als die bislang verheerendste Naturkatastrophe in Deutschland. Sie richteten einen versicherten Schaden von rund sieben Milliarden Euro an.
Auch in der Schweiz gab es diesen Sommer zahlreiche Unwetter mit Hagel und Hochwasser. Wasser und Schlamm haben ganze Gemeinden verwüstet. Die Schäden belaufen sich laut Meldungen von Versicherungen auf eine rekordhohe Summe. Teurer war es in den letzten zwanzig Jahren nur im Katastrophenjahr 2005.
1,5-Grad-Ziel könnte helfen
«Die gute Nachricht ist: Wir können tatsächlich einen Grossteil der Klimabelastung von den Schultern unserer Kinder nehmen, wenn wir die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen, indem wir aus der Nutzung fossiler Brennstoffe aussteigen», sagte Mitautorin Katja Frieler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Global könne das für die junge Generation 24 Prozent weniger Extremwetterereignisse bedeuten als wenn die Staaten bei ihren derzeitigen Zusagen zur Emissionsreduzierung bleiben. Für Europa wäre es ein Minus von 28 Prozent.
SDA/AFP/ij
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