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Adolf Ogi über Michail Gorbatschow
«Herzlich, bescheiden, geprägt von Vernunft»

Michail Gorbatschow (l.) und der damalige Bundespräsident Adolf Ogi begrüssten sich im Dezember 2000 im Präsidentenzimmer des Nationalrats. In der Mitte links der damalige Nationalratspräsident Peter Hess.
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Adolf Ogi beendete seine politische Karriere in der Schweiz im Jahr 2000 als Bundespräsident. In dieser Funktion empfing er auch den am Dienstag verstorbenen Michail Gorbatschow, der damals schon nicht mehr Präsident der Sowjetunion war, aber immer noch ein hoch angesehener Staatsmann – der nicht durch das markante Muttermal auf seiner Stirn beeindruckte, sondern durch seine Persönlichkeit.

Ogi erinnert sich:

«Ich habe Michail Gorbatschow in meinem Präsidialjahr 2000 empfangen, nachdem er eine Rede im Nationalrat gehalten hatte. Es heisst ja immer, dass man nie eine zweite Gelegenheit habe, einen ersten Eindruck zu machen. Der erste Eindruck von Gorbatschow war: Menschlich, glaubwürdig, herzlich, bescheiden, interessiert zuhörend, optimistisch, geprägt von Vernunft. Ich habe gespürt: Dieser Mann hat Verhandlungsgeschick.

Der Kontrast zu seinen beiden Nachfolgern war frappierend. Wladimir Putin traf ich 2000 in New York, Boris Jelzin in Moskau in der Zeit, als ich für die UNO tätig war. Jelzin und Putin traten autoritär auf, sehr selbstbewusst. Jelzin benahm sich wie ein Befehlshaber.

Gorbatschow hat mich beeindruckt. Er war damals nicht mehr an der Macht und man wusste, dass er in seiner Heimat umstritten war, im Westen und weltweit aber geschätzt.

«Gorbatschow war ein Wegbereiter für das Ende des Kalten Kriegs, einer der Väter der deutschen Einheit.»

Adolf Ogi, Alt-Bundesrat

Immerhin erhielt er 1990 den Friedensnobelpreis. Er war ein Wegbereiter für das Ende des Kalten Kriegs, einer der Väter der deutschen Einheit. Er hat ein neues Denken eingeführt und wollte die Schwierigkeiten, in denen sich die Sowjetunion damals befand, bekämpfen. Er hat schrittweise versucht, marktwirtschaftliche Elemente einzuführen, sogar Demokratisierung von Staat und Gesellschaft. Perestroika – Umbau, und Glasnost – Offenheit, das war sein Motto. Auch das unverantwortliche Wettrüsten wollte er beenden, was er auch den Amerikanern gesagt hat. Er setzte sich für Pragmatismus ein.

Das Grüne Kreuz hat er mitbegründet und damit gezeigt, dass es auch eine umweltfreundliche Welt braucht.

Ich hatte den Eindruck, dass er die Schweiz schätzt. Er wollte ja auch sein Land demokratisieren. Da hat ihn sicher interessiert, wie wir das gemacht haben, mit vier Sprachen, 26 Kantonen. Er war der Chef von 300 Millionen Menschen in einem Vielvölkerstaat. Da waren wir im Kleinen vielleicht ein Beispiel für ihn.

Das Gespräch mit ihm war sehr interessant. Man war sich bewusst: Dieser Mann hat etwas geleistet, er will eine bessere Welt, er verdient Respekt.»