Heimatschutz torpediert Beschluss des Wädenswiler Stadtrats
Der Stadtrat möchte ein Wohnhaus im Stadtkern aus dem Schutzinventar entlassen – dies entgegen der kantonalen Empfehlung. Der Zürcher Heimatschutz legt gegen den Beschluss Rekurs ein.
Das Wohnhaus an der Stegstrasse 3 soll «ein Zeuge der baulichen Entwicklungen des frühen 20. Jahrhunderts» sein – so lautet das Urteil der kantonalen Denkmalpflegekommission (KDK). Diese hat die Liegenschaft in einem Gutachten von 2014 als schutzwürdig beurteilt.Nun folgte nur drei Jahre später die Kehrtwende im Kapitel der Schutzwürdigkeit dieses 113-jährigen Hauses: Trotz des kantonalen Gutachtens soll das Gebäude aus dem Schutzinventar entlassen werden – so will es der Stadtrat und offenbar auch der Eigentümer Ernst Brupbacher-Wernli (ein Namensvetter des Stadtrats). Dies ist den Dokumenten zu entnehmen, die während der Rekursfrist bei der Abteilung Planen und Bauen auflagen.
Der Stadtrat setzt sich damit wissentlich über das kantonale Gutachten hinweg. Er stützt sich dafür auf ein städtisches Gutachten, dasjenige der Stadtbild- und Denkmalpflegekommission (SDK) – dieses gelangt zu einer gegenteiligen Einschätzung.
Keine Fachleute
Gegen diese umstrittene Schutzentlassung ergreift der Zürcher Heimatschutz jetzt Rekurs. Martin Killias, der Präsident des Heimatschutzes, kritisiert das Vorgehen des Stadtrats. Die städtischen Gutachter seien keine Fachleute; dass sich der Stadtrat allein auf deren Gutachten berufe, sei «dicke Post», sagt Killias. Er vermutet, dass in diesem Fall bewusst Informationen zurückgehalten wurden (siehe Kasten).
Die SDK, die den Stadtrat in seinen Entscheiden berät, attestiert dem Gebäude aus dem Jahr 1904 keine Schutzwürdigkeit, weil nachträgliche An- und Umbauten vorgenommen worden seien, welche «die ehemaligen Proportionen erheblich verunklären». Besonders augenfällig seien diese jüngsten Anbauten an der Südwestseite des Hauses.
«Es ist nicht so, dass eine kommunale Behörde die Empfehlung einer kantonalen Kommission übernehmen muss», sagt der zuständige Stadtrat Heini Hauser (SVP) auf Anfrage. Es gebe in Wädenswil deutlich wertvollere, unveränderte Objekte aus der gleichen Bauzeit, ist Hauser überzeugt.
Gründe bleiben im Dunkeln
Die Frage bleibt, weshalb es überhaupt zur Prüfung der Schutzwürdigkeit dieses Hauses gekommen ist. Klar ist, dass der Eigentümer diese beantragte, über seine Beweggründe schweigt er aber. Im Beschluss steht einzig die vage bleibende Begründung, es seien «städtebauliche Veränderungen initiiert» worden, die auch sein Grundstück betreffen würden.
Auch der zuständige Stadtrat Hauser will die Hintergründe nicht näher ausführen. Er bestätigt zwar, dass Projektideen bestünden, das Quartier zwischen der «Alte Fabrik» und der Zugerstrasse zu verändern. «Aber das liegt alles noch in ferner Zukunft und ausserdem hat der Stadtrat die Liegenschaft an der Zugerstrasse 28 erst 2016 bewusst unter Schutz gestellt», hält er fest. Die zwei Sachverhalte – die Frage des Denkmalschutzes und die städtebauliche Entwicklung – müssen laut dem Stadtrat unabhängig voneinander betrachtet werden.
Gelassenheit beim Stadtrat
Angrenzend an die Liegenschaft befindet sich das ehemalige Fabrikareal der Firma Gessner Immobilien AG. Hier ist ein grösseres Bauprojekt geplant (die ZSZ berichtete). Deshalb wurde letztes Jahr bereits der Stegbau, in dem sich der Laden Lockstoff befindet, aus dem Schutzinventar entlassen – damals allerdings mit der Zustimmung der KDK. Auch die Webereihalle an der Florhofstrasse 3 soll nun aus dem Schutzinventar entlassen werden. Geplant ist ein Neubau, ausserdem soll die Baulinie zurückversetzt werden, damit Platz für ein Trottoir entsteht. Sind dies die städtebaulichen Veränderungen, welche sich auch auf Brupbachers Grundstück auswirken könnten? Ein direkter Zusammenhang zum jetzigen Fall an der Stegstrasse 3 wird von der Firma Gessner Immobilien AG jedoch klar dementiert.
Stadtrat Heini Hauser blickt dem Rekursverfahren gelassen entgegen. In einem ähnlich gelegenen Fall an der Fuhrstrasse 36 habe der Stadtrat recht bekommen.
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