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Lex Netflix
Heftiges Lobbying – Streit um Millionen für Schweizer Film

Appell für mehr Interesse an der Filmpolitik: Regisseur und Produzent Samir.

Mit einem flammenden Appell wandte sich Regisseur und Produzent Samir im Spätherbst an die Filmbranche. «Wir haben ein Problem», schrieb er an seine Kolleginnen und Kollegen. Viele in der Branche hätten das Gefühl, dass Filmpolitik sie nichts angehe. Das Gegenteil beweise der «4-Prozent-Schock».

Samir nahm auf einen Entscheid von Bundesbern Bezug. Hatte der Bundesrat ursprünglich vorgesehen, dass internationale und nationale Streaming-Anbieter wie Netflix, Swisscom und Privat-TV-Stationen künftig vier Prozent ihres Umsatzes in den Schweizer Film investieren müssen, kürzte der Nationalrat im September diese «Zwangsabgabe», wie der Sprecher der Mehrheit sie nannte, auf ein Prozent.

Daraufhin also holte die Filmbranche, angeführt von Regisseur Samir, zum Gegenschlag aus. Offenbar mit Erfolg. Denn beflügelt durch Argumente der Filmlobby setzten sich in der Kulturkommission des Ständerats Anfang Februar nun die Förderer und Fans des Schweizer Films durch – sie wollen die Abgabe wieder auf vier Prozent erhöhen. Statt 7 Millionen für den Schweizer Film, wie es der Nationalrat beschloss, gäbe es also bis zu 28 Millionen Franken zusätzlich. Anfang nächster Woche tagt die Kommission noch einmal.

Heftiges Lobbying

Doch auch die Gegenseite, die sich für tiefere Angaben für Netflix und Co. einsetzt, gibt sich noch nicht geschlagen. Von beidseitigem, heftigem Lobbyismus berichtete auf Anfrage Kommissionspräsident Hannes Germann (SVP), der Schaffhauser Ständerat. Eine Prognose, wie das Plenum in der Märzsession entscheiden wird, wagt er deshalb auf Anfrage nicht.

Interessant dürfte das Verhalten der FDP und der Mitte sein: In der Kommission des Ständerats gaben die Ratsmitglieder dieser beiden Parteien den Ausschlag für die höhere Abgabe. Im Nationalrat waren es just diese beiden Parteien, die sich für den tieferen Satz von nur einem Prozent aussprachen. Entsprechend dürfte das Thema Filmförderung auch in den nächsten Fraktionssitzungen dieser Parteien nochmals für Gesprächsstoff sorgen.

Wie Recherchen dieser Zeitung zeigen, argumentieren die Befürworter der tieferen Abgabe vor allem mit der Situation der privaten TV-Sender, die künftig prozentual genauso hohe Abgaben zahlen müssten wie zum Beispiel Netflix. Diese Sender verzeichneten nur knappe Gewinne vor Abzügen und Steuern und drohten quasi der staatlichen Filmförderung zum Opfer zu fallen, lautet eines ihrer Argumente.

Der Hintergrund: Bisher dürfen Privatsender ihre Werbung für Schweizer Filme voll als Investition anrechnen lassen. Im letzten Jahr waren das rund 4 Millionen Franken. Mit dieser Praxis wollte der Bundesrat nun Schluss machen. Die privaten Schweizer TV-Veranstalter argumentierten darauf, damit drohe den Sendern die finanzielle Schieflag. Die ständerätliche Kulturkommission hat nun einem Kompromiss zugestimmt, wonach künftig Werbung bis zu einer halben Million Franken angerechnet werden kann.

Internationale Video-on-Demand-Anbieter und TV Sender hätten zudem kaum mehr Anreize für eigene schweizerische Grossproduktionen mit internationaler Ausstrahlung. Der Vorschlag der Kulturkommission zwinge die Grossen zur Finanzierung von Inhalten, die kein kommerzieller Anbieter produzieren würde, lautet ein weiteres Argument. Und schliesslich spüle auch die moderate Nationalratslösung der Filmbranche drei Millionen mehr in die Kassen als bisher. Dies, weil mehr Anbieter einzahlen müssten.

Wie viel die neue Abgabe die einzelnen Anbieter genau kosten würde, ist nur schwierig abzuschätzen. Das Bundesamt für Kultur schätzte im Vorfeld, dass allein Marktführer Netflix mit dem höheren Abgabesatz von 4 Prozent jährlich 5 bis 7 Millionen Franken in den Schweizer Film hätte investieren müsste. Beim tieferen Abgabesatz wären es rund zwei Millionen Franken.