Polit-Skandal in ÖsterreichHausdurchsuchung beim Finanzminister
Gernot Blümel ist Beschuldigter in einer Affäre um mögliche verdeckte Spenden eines Glücksspielkonzerns. Das ist auch für Kanzler Sebastian Kurz unangenehm.
Es ist ein Paukenschlag, wie ihn auch das skandalgewohnte Österreich selten erlebt: Nachdem bereits am Dienstag in Wien durchgesickert war, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft den österreichischen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) als Beschuldigten im sogenannten Ibiza-Komplex führt, wurden am Donnerstagmorgen bei dem Minister und beim Glücksspielkonzern Novomatic Hausdurchsuchungen durchgeführt.
Zuvor hatte sich Blümel bei einem Gespräch mit den Staatsanwälten über die Vorwürfe gegen seine Person informiert, von denen er erst aus den Medien erfahren haben will. Im Raum stehen Bestechung und Bestechlichkeit, Untreue und Amtsmissbrauch. Der Fall Blümel ist auch für Kanzler Sebastian Kurz unangenehm. Der Finanzminister gilt seit einigen Jahren als engster Vertrauter des Regierungschefs.
Im Visier der Ermittler stehen auch der international agierende, aber in Österreich ansässige Glücksspielkonzern Novomatic und der Spielbankbetreiber Casinos Austria, an dem der Staat beteiligt ist – und die Novomatic beteiligt war. Der Vorwurf lautet auf mögliche verdeckte Parteispenden des Novomatic-Konzerns an die ÖVP. Die Parteienfinanzierung in Österreich gilt als wenig transparent.
Strache: «Novomatic zahlt alle»
Im sogenannten Ibiza-Video hatte der frühere FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Frühjahr 2017 gesagt: «Novomatic zahlt alle» – sowohl das Unternehmen als auch die in der Aufnahme genannten Firmen wiesen das jedoch zurück. Das Video wurde zwei Jahre später publiziert, danach zerbrach die Regierung aus ÖVP und FPÖ. (Lesen Sie das Interview mit dem Privatdetektiv Julian H. über sein Ibiza-Video.)
Blümel gab an, bei der Durchsuchung habe er alle notwendigen Unterlagen und Geräte zur Verfügung gestellt. Im Juli 2020, als Blümel vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss als Zeuge aussagte, hatte er noch gesagt, er habe im Frühjahr 2019 nach eigener Erinnerung keinen Laptop besessen.
Finanzminister Blümel weist Korruptionsvorwürfe zurück und droht mit Klagen.
Nun, so Blümel, sei er «jederzeit bereit, alles weitere Notwendige beizutragen, um eine schnelle Aufklärung zu ermöglichen und die falschen Vorwürfe zu widerlegen». Eine Hausdurchsuchung muss richterlich genehmigt sein, was angesichts des prominenten Beschuldigten und der schwierigen Rolle der politisch unter Druck stehenden Staatsanwaltschaft mutmasslich besonders sorgfältig abgewogen wurde. Die Anschuldigungen dürften daher schwer wiegen. Dem «Kurier» sagte Blümel: «Spenden von Glücksspielunternehmen hätten und haben wir nie angenommen, schon gar nicht, wenn zusätzlich eine Gegenleistung im Raum stünde.»
Hinweise auf Absprachen
Genau darum drehen sich aber die Ermittlungen seit längerer Zeit. Denn Blümel hatte in der türkis-blauen Regierung 2017 bis 2019 als Kanzleramtsminister zum einen mit der Novelle eines Glücksspielgesetzes zu tun. Zum Zweiten war er in Personalentscheidungen bei der Casinos Austria AG (Casag) eingebunden und damit womöglich in die Bestellung des FPÖ-Politikers Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casag.
Blümel dementiert das. Den Ermittlern liegen allerdings Chatprotokolle zwischen dem damaligen Kanzleramts- und jetzigen Finanzminister und dem früheren Novomatic-Chef Harald Neumann vor, die auf Absprachen hindeuten.
Drehten sich die Ermittlungen bisher um mögliche Absprachen bei der Bestellung von Casag-Vorstand Sidlo im Gegenzug für eine Lockerung des Glücksspielgesetzes, könnte es jetzt laut Medienberichten um einen Vorfall aus dem Sommer 2017 gehen. Novomatic hatte damals Probleme mit Betrieben im Ausland und bat Blümel, damals noch Stadtpolitiker in Wien, um Hilfe. Im Gegenzug, heisst es, könnten Spenden angeboten worden seien, direkt an die ÖVP oder an der Partei nahestehende Vereine.
Am Freitagnachmittag wehrte sich Blümel mit einer eidesstattlichen Erklärung gegen die Korruptionsvorwürfe. «Wer etwas anderes behauptet, der wird von mir geklagt werden», drohte der Finanzminister. Die Opposition forderte den Rücktritt von Blümel.
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