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Signa-Pleite
Hat René Benko ein Geld-Karussell betrieben?

ABD0015_20240625 - IGLS - ÖSTERREICH: ZU APA0114 VOM 25.6.2024 - In der Villa von René Benko im Innsbrucker Stadtteil Igls ist es heut zu einer Hausdurchsuchung gekommen. Im Bild: Beamte bei der Durchsuchung am Dienstag, 25. Juni 2024 in Igls. - FOTO: APA/MARKUS ANGERER
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Heute weiss man: Der Tiroler Unternehmer René Benko hat die grösste Pleite in der Wirtschaftsgeschichte Österreichs hingelegt. Die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht nun auch der Frage nach, ob und wie Benko Vermögen noch kurz vor der Insolvenz beiseitegeschafft haben könnte. Da stiess sie auf den Porsche 911 Speedster.

Vom 10. Oktober 2019 bis zum 25. Oktober 2023 war er auf René Benko zugelassen. Also zu einem Zeitpunkt, an dem die wirtschaftliche Schieflage der Signa-Gruppe schon medial breit bekannt war. So steht es im Durchsuchungsbeschluss, der dieser Redaktion vorliegt. Am 25. Oktober 2023 wurde das Fahrzeug dann auf die Laura Bacchus GmbH angemeldet, die zu einer Familienstiftung Benkos gehört. Kurz darauf wurden auf seinem Konto 150’000 Euro verbucht. Das wäre, wenn dies die Gegenleistung für den Porsche gewesen wäre, wohl eine Summe unter dem Wert des Wagens.

Der graue Porsche 911 Speedster 991R ist nur ein Indiz von vielen. Die österreichischen Ermittler führen aber auch dies detailgetreu an. Der Porsche stünde insofern exemplarisch für das mutmasslich unsaubere Finanzgebaren René Benkos – insbesondere kurz vor dem Zusammenbruch seines Handels- und Immobilienkonzerns namens Signa.

Der Porsche ist ein Beispiel, das veranschaulicht, um welche Verdachtsmomente die WKStA ihre Ermittlungen erweitert hat. Sie gehen dem Verdacht von Untreue, Betrug und betrügerischer Krida nach, also das Verheimlichen oder Beiseiteschaffen von Vermögenswerten im Insolvenzfall. Die Behörde veröffentlichte dazu am Dienstagabend eine Pressemitteilung, in der der Porsche so explizit allerdings nicht genannt wird. Benkos Anwälte haben so wie die Vertreter der anderen Beschuldigten bisher alle Vorwürfe zurückgewiesen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Benkos Anwalt Norbert Wess reagierte nicht auf eine Anfrage zum Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses.

ABD0023_20240625 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0159 VOM 25.6.2024 - Das Signa-Logo am Büroeingang in Wien aufgenommen am Dienstag, 25. Juni 2024. In der Villa von René Benko im Innsbrucker Stadtteil Igls und in der Signa-Zentrale in Wien hat es Dienstagfrüh Hausdurchsuchungen gegeben. Hintergrund sei die Sicherstellung von allfälligen Unterlagen. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER

Am Dienstag hatte die Polizei bis in die Abendstunden mehrere Signa-Standorte, die Räumlichkeiten enger Mitarbeiter Benkos und dessen Luxusvilla in Innsbruck-Igls durchsucht. Sie wollte weiteres potenzielles Beweismaterial sicherstellen und beschlagnahmte unter anderem den Porsche. Ein Vorwurf dabei ist neu und wiegt besonders schwer: Der 47-Jährige könnte im Sommer 2023 ein «Karussell» in Gang gesetzt haben, so steht es im Durchsuchungsbeschluss. Gemeint damit ist der Verdacht, Benko könnte Investoren, eine Bank und andere Gläubiger im Sommer 2023 «tatplanmässig» betrogen haben. Und es geht auch um persönliche Bereicherung und um Waffen.

Im Sommer 2023 war die Signa-Gruppe schon in argen Geldnöten. Benko machte einen Rundruf: Alle Investoren sollten zusätzliche Millionen einzahlen. Dabei soll die letztlich von René Benko angeführte Familie Benko Privatstiftung vorgetäuscht haben, selber 35 Millionen Euro beigesteuert zu haben. In Wahrheit soll es sich aber um das bereits überwiesene Geld von Investoren aus der Schweiz gehandelt haben. Kurz nach ihrer Überweisung Ende Juni sei laut Ermittlern dann vonseiten Signas eine «Kaskade an Überweisungen über mehrere involvierte Unternehmen gestartet» worden, so die Ermittler. Und zwar in exakt der gleichen Höhe. Bis es so aussah, als handele es sich um Geld der Stiftung. Es liege der Verdacht nahe, dass «das Vorgehen im Vorhinein genau geplant wurde». Anders seien derart viele Überweisungen von Geldern in Millionenhöhe binnen eines Tages über mehrere Stationen hinweg nicht zu bewerkstelligen gewesen.

Der Verdacht würde erhärtet durch die Tatsache, dass die Familie Benko Privatstiftung erstens Benko zugeordnet ist und zweitens «klare Profiteurin» des Vorgangs war. Benko persönlich sei demnach dank der Stiftung «wirtschaftlicher Profiteur» des Vorgangs gewesen. Die Fahnder prüfen auch, ob er Vermögen beiseitegeschafft, seine wahren Finanzverhältnisse verschleiert und dadurch Gläubiger, salopp ausgedrückt, geprellt hat. Die Fahnder finden es jedenfalls «auffällig», dass trotz Benkos sehr hohem Einkommens in den vergangenen Jahren auf seinen Konten «nur verhältnismäßig geringe Vermögenswerte aufscheinen». Benko will offiziell von 3700 Euro im Monat leben.

«Zusatzunterhalt» für die Ehefrau

Das könnte mit den «auffälligen Vermögenstransfers mit zeitlicher Nähe zur Insolvenz» zu tun haben, die die Soko Signa zutage förderte. Dabei fiel der Sonderkommission unter anderem der sogenannte «Zusatzunterhalt» an Ehefrau Nathalie Benko auf. Sie erhielt von ihrem Mann im Januar 2023 zwei Millionen Euro für ein Immobilieninvestment und hob in dem Jahr Bargeld in Höhe von 600 000 Euro ab.

Laut der Soko Signa besteht auch der Verdacht, dass Benko «faktischer Machthaber» im Unternehmen war, obwohl er offiziell nur Beraterfunktionen innehatte. In dieser Funktion soll er mit Vorsatz im Frühsommer 2023 die Verantwortlichen einer österreichischen Bank über die wahren Finanzverhältnisse seines Unternehmens getäuscht haben, damit diese ihm die Verlängerung eines Bankkredits über 25 Millionen Euro bewilligt. Falls sich das bewahrheiten sollte, wäre das aus Sicht der Ermittler «schwerer Betrug». Zudem werfen sie ihm vor, andere angewiesen zu haben, zu der strafbaren Handlung beizutragen oder sie auszuführen.

Luxusresort am Gardasee involviert

Die Fahnder interessieren sich auch für die Frage, wie eine Villen-Firma am Gardasee Mitte 2023 in den Besitz einer Benko-Stiftung in Liechtenstein gekommen ist. Auch in dem Fall sollen Finanztransaktionen über mehrere Ecken zugunsten von René Benko auffallen. Konkret geht es darum, dass eine INGBE-Stiftung für 46 Millionen Euro das Luxus-Ressort Villa Eden am Gardasee von der Signa Holding gekauft und dafür Aktien der Signa Prime Selection erhalten haben soll. Die aber sollen deutlich weniger wert gewesen seien. Kaufpreis und Verkaufspreis seien gegeneinander aufgerechnet worden. Dadurch soll die Signa Holding keine adäquate Gegenleistung für ihren Verkauf erhalten haben, lautet ein Untreue-Verdacht der Staatsanwaltschaft.

Und dann ist da noch die Waffensammlung von René Benko. In seinem Waffenregister seien «teils hochpreisige Waffen ausgewiesen», so die Ermittler. In seinem Vermögensverzeichnis seien hingegen «keinerlei Waffen» angegeben. Dabei habe er im Januar 2023 «vom privaten Girokonto» 69 000 Euro für zwei Waffen bezahlt sowie im Oktober 2023 eine Pistole der Marke Glock auf seinen Namen registrieren lassen.

Die Vorwürfe sind zwar gravierend, bewiesen ist bislang allerdings nichts davon. Am Dienstag hatte Benkos Anwalt den Einsatz der Polizei als «sehr professionell» bezeichnet und alle Vorwürfe zurückgewiesen. Am Mittwoch äusserte er sich nicht.