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Trotz Ausnahme für Mobilfunk
Handy-Empfang nur noch in der Nähe von Spitälern

Eine Mobilfunkantenne im Kanton Genf. Wird das Stromnetz stundenweise abgeschaltet, funktioniert für grosse Teile der Bevölkerung auch der Mobilfunk nicht mehr.
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Zurzeit sind die Behörden zwar optimistisch für die kommenden Monate. Das Risiko einer schweren Strommangellage besteht aber weiterhin, auch mittelfristig. Über die Detailpläne für einen solchen Fall wird der Bundesrat demnächst entscheiden. Klar ist: Im äussersten Notfall würde das Stromnetz abgeschaltet – abwechslungsweise in verschiedenen Gebieten während jeweils vier oder acht Stunden.

Ein Konzept für solche Netzabschaltungen hat die zuständige Organisation Ostral 2019 erarbeitet. Das Konzept, das dieser Redaktion vorliegt, dient zurzeit als Grundlage für Diskussionen mit Akteuren. Darin werden jene Verbraucher genannt, die weiterhin Strom erhalten sollen. Es sind nur wenige: Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste, bestimmte Infrastrukturen der Armee, Gefängnisse. Ebenfalls Strom fliessen soll für die Wasserversorgung und die Abwasserreinigung, den Betrieb von Tunnels, die Bahn sowie die Telekommunikation und die Radio- und Fernsehübermittlung.

Die Voraussetzung ist freilich, dass Ausnahmen technisch überhaupt möglich sind. Bei kleinen Spitälern etwa ist das nicht der Fall, ohne dass das gesamte Quartier am Netz bleibt. Unter Umständen müssten diese deshalb mit Notstromaggregaten versorgt werden oder Patienten verlegen.

Mobilfunk würde nicht mehr funktionieren

Doch wie steht es mit der Telekommunikation? Bedeutet die Ausnahme, dass der Mobilfunk weiterhin funktionieren würde? «Nein», sagt Patrick Gerber von der Beratungsfirma CSI Consulting. Im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation hat er 2018 die Risiken einer Strommangellage für den Mobilfunk untersucht – und ist überzeugt, dass eine Ausnahme wenig nützt: «Ich gehe davon aus, dass der Mobilfunk für einen grossen Teil der Bevölkerung nicht mehr funktionieren würde», sagt Gerber. 

Der Branchenverband der Telekommunikation Asut bestätigt dies. Das Problem: Mobilfunk-Sendeanlagen sind zwar in der Regel mit Batterien versehen. Doch diese können nur einen Stromausfall von etwa einer Stunde überbrücken. Bei wichtigen Knotenpunkten liegen die Reserven bei rund vier Stunden. «Eine zyklische Stromabschaltung würde daher dazu führen, dass zuerst die Mobilfunk-Sendemasten und in einem zweiten Schritt auch Knotenpunkte nicht mehr funktionieren», schreibt Asut auf Anfrage. Eine Ausnahme nütze nur etwas, wenn alle Elemente – also Sendeanlagen und Knotenpunkte – weiterhin mit Strom versorgt würden. Es sei jedoch fraglich, ob dies technisch möglich sei.

Nach heutigem Kenntnisstand können laut Asut nur jene Verbraucher von der Abschaltung ausgenommen werden, die direkt an der Netzebene 5 angeschlossen sind, dem Mittelspannungsnetz. Mobilfunkantennen sind an einer anderen Netzebene angeschlossen. 

Nur ein kleiner Teil der Antennen steht auf Gebäuden wie grossen Spitälern, die an das Mittelspannungsnetz angeschlossen sind. Bei diesen Antennen werde daran gearbeitet, dass sie bei einer Netzabschaltung weiterhin funktionieren würden, sagt Gerber. Wer in der Nähe eines grossen Spitals wohnt, könnte also Glück haben und bei einer Strommangellage das Handy weiterhin benutzen können. Alle anderen könnten nicht mehr per Handy kommunizieren.

Keine Vorschriften für längere Stromausfälle

Die Telecomunternehmen hätten die Kosten optimiert und sich nur für die wahrscheinlichsten Szenarien gewappnet, sagt Gerber. Und es habe am politischen Willen gefehlt, ihnen für den Fall längerer Stromausfälle oder einer Strommangellage Vorschriften zu machen – obwohl das Bundesamt für Bevölkerungsschutz vor gravierenden Folgen warne, sollte der Mobilfunk ausfallen.

Die Stromversorgung der Antennen ist nicht das einzige Problem: Experten gehen auch davon aus, dass Netzabschaltungen zu Hardware-Ausfällen führen, weil Systeme ab- und wieder angeschaltet werden. Patrick Gerber und Co-Autor Alex Weigelt waren in der Studie von 2018 zum Schluss gekommen, die Fernmeldedienstanbieter seien für zyklische Abschaltungen nur marginal gerüstet. «Daran hat sich seither wenig geändert», sagt Gerber. 

Die Swisscom schreibt dazu: «Bei einem ungeplanten Stromunterbruch lässt es sich nicht abschätzen, welche Komponenten beschädigt beziehungsweise erst über Wartungsroutinen wieder funktionieren würden. Das Swisscom-Netz ist redundant und möglichst resilient aufgebaut, um das Risiko diesbezüglich zu minimieren.»
Ostral, die Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen, hält fest, mit einer Ausnahme könne zumindest ein Minimum an Versorgung aufrechterhalten werden. Der Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft wäre aber zweifelsohne sehr gross.

 Massnahmen, um die Netze sicherer zu machen, werden derzeit erarbeitet. Für den kommenden und den darauffolgenden Winter nützt das allerdings nichts.