Manchester City in der Champions LeagueGuardiolas Reise geht weiter – aber wohin?
Keiner ist mehr das Gesicht von Manchester City als Pep Guardiola, sein Fussball ist stilprägend – und damit jagt er weiter seinem grossen Ziel hinterher: dem Gewinn der Champions League.
Den kleinen Scherz des Abends lieferte Gary Lineker. «Pep», sagte der Moderator von «Match of the Day» und gönnte sich ein Grinsen, «Pep hat bei City einen neuen Zweijahresvertrag. Ich bin ziemlich zuversichtlich, er wird sie oben halten.»Das war am vergangenen Samstagabend, die Sendung auf BBC hatte sich gerade mit der letzten Niederlage von Peps Mannschaft beschäftigt: dem 0:2 von Manchester City bei Tottenham, schon dem fünften von acht Spielen ohne Sieg in dieser Meisterschaft.
Wer Pep ist, wissen in England alle, Pep Guardiola. Vier Jahre und fünf Monate arbeitet er bei City. Irgendwie ist er bereits der Club, so wie es Alex Ferguson bei Manchester United war, Arsène Wenger bei Arsenal, oder wie es jetzt gerade Jürgen Klopp in Liverpool ist.
Vergangene Woche unterschrieb Guardiola einen neuen Vertrag, der ihn um zwei weitere Jahre bis 2023 an City bindet. «Wir haben das Gefühl, dass die Arbeit noch nicht zu Ende ist», erklärte er seinen Entscheid. Der Club jubelte auf seiner Homepage: «Die Reise geht weiter.»
Aber wohin?, ist die Frage. Und die Antwort ist fast so kurz: Die Reise soll endlich mit dem Gewinn der Champions League enden.
Genau dafür ist Guardiola im Sommer 2016 aus München geholt worden, mit 20 oder noch mehr Millionen Franken im Jahr entschädigt. Geld spielt im himmelblauen Teil von Manchester keine grosse Rolle, seit Scheich Mansour bin Zayed al-Nahyan ihn vor elf Jahren übernommen hat. Etwas über eine Milliarde Franken brutto hat er freigegeben, damit Guardiola neue Spieler erhält, die Hälfte davon allein für Verteidiger.
An sich selbst gescheitert
Ein paar Titel hat Guardiola dank der Fördermittel aus Abu Dhabi gewonnen: zweimal die Premier League, einmal den FA-Cup, dreimal den Ligacup und zweimal den Supercup. Macht zusammen acht. Nur etwas fehlt dabei: die Champions League. Für Guardiola ist sie eine Obsession, der heilige Gral des Fussballs.
2009 und 2011 gewann er sie mit dem FC Barcelona um Messi und Xavi. Seither rennt er ihr hinterher. In den drei Jahren bei Bayern München, 2013 bis 2016, blieb er jedes Mal im Halbfinal an einem spanischen Gegner hängen. In Manchester ist die Bilanz nicht besser, im Gegenteil, sie ist zum Mittelmass geschrumpft: zuerst Aus im Achtelfinal und dann gleich dreimal im Viertelfinal. Kein Scheitern ist schmerzlicher und vielsagender für Guardiolas Arbeit gewesen als das letzte im August gegen Olympique Lyon.
Guardiola hatte wieder einmal aller Welt zeigen wollen, von welcher Genialität seine Anordnungen sind. Er passte das System dem Gegner aus Lyon an, obschon der nicht mehr als Durchschnitt war, schob Spieler auf dem Platz herum und lief damit prompt in die Konter. Er hatte sich komplett verspekuliert. Seither steht er erst recht vor der Herausforderung, zu zeigen, dass er auch ohne Messi den Wettbewerb gewinnen kann.
Das Theater um Messis möglichen Abgang aus Barcelona war in diesem Spätsommer gross, Manchester galt als möglicher Fluchtpunkt für ihn. Er kam nicht aus dem noch ein Jahr laufenden Vertrag frei, doch die Diskussionen um ihn werden bald wieder aufflammen, wenn er sich ab 1. Januar einen neuen Club aussuchen darf. Aber könnte Messi, besonders ein gealterter Messi, genau das sein, was Guardiola braucht, um sich in der Champions League erlösen zu können?
Derzeit ist Guardiola damit beschäftigt, eine neue Mannschaft aufzubauen, die so erfolgreich sein kann wie die alte. Alex Ferguson hat vorgemacht, wie dieses Kunstwerk zu schaffen ist, Guardiola muss diesen Nachweis erst noch liefern, der über die wahre Grösse eines Trainer mitentscheidet.
Er lässt unbeirrt seinen Pep-Fussball spielen: mit Tempo aus der eigenen Abwehr heraus, stets vom Willen getrieben, den Besitz über den Ball zu dominieren. Als er noch in München war, erreichte er in 161 Partien einen durchschnittlichen Wert von 70,5 Prozent Ballbesitz. In England trieb er dieses Spiel auf dem gleichen statistischen Niveau weiter, und er tat es mit Erfolg: Bei den Titelgewinnen 2018 und 2019 spielte sein City einen Fussball, wie ihn zuvor auf der Insel niemand sonst gespielt hat. Zur Kunst, den Ball zu beherrschen, kamen Tempo und Dynamik dazu.
Das Dümpeln auf Platz 13
«Ich habe nicht das Gefühl, dass wir schlecht spielen», sagt Guardiola am vergangenen Samstag, als er daran ist, die Niederlage bei Tottenham aufzuarbeiten. Ausgerechnet gegen die Mannschaft von José Mourinho, seiner Nemesis im Weltfussball. Mourinho belegt mit seinem Spielstil, wie wenig wert zahlenmässige Dominanz sein kann. Die Citizens weisen 66:34 Prozent Ballbesitz, 22:4 Torschüsse und 51:9 Ballberührungen im gegnerischen Strafraum auf. Aber sie lassen sich vom Konterfussball Tottenhams überrumpeln, weil ihnen etwas abgeht, was sie sonst unter Guardiola auszeichnet: die Fähigkeit, mit dem Pressing die eigene Abwehr zu schützen.
Der neue Vertrag bedeutet nichts. Ich muss Resultate erreichen. Das ist die Realität.
Sie sind zahnlos mit dem Ball und harmlos ohne. Oder wie es Guardiola sagt: «Die Realität ist, dass wir uns schwertun, Tore zu erzielen, und dass der Gegner nicht viel tut, um uns zu bestrafen.»
In der Premier League dümpelt City auf Platz 13, mit einem Torverhältnis von 10:11. Die Abwehr bleibt die ewige Baustelle, seit sich Vincent Kompany vor eineinhalb Jahren verabschiedet hat. Darum hat Guardiola auch diese Saison viel Geld für mögliche neue Kompanys ausgeben: 75 Millionen für Ruben Dias (Benfica Lissabon) und 50 für Nathan Aké (Bournemouth).
Der Erfolg bleibt mässig. Die drei bisherigen Siege in der Gruppenphase der Champions League gegen Olympiakos Piräus, Olympique Marseille und Porto reichen nicht, um etwas an der Zwischenbilanz zu beschönigen. Und wenn heute in Piräus mit dem vierten Sieg die vorzeitige Qualifikation für die Achtelfinals folgt, ist damit nur ein kleiner Schritt zum grossen Ziel getan.
Als er am Samstag zu seinem neuen Vertrag gefragt wird, sagt Guardiola: «Das bedeutet nichts. Ich muss Resultate erreichen. Das ist die Realität.»
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