VermögenssteuerStrassenausbau stoppen, Löhne kürzen und kein Geld für Fleischwerbung – die GLP spitzt den Rotstift
Das Geld beim Bund ist knapp. Sparen, Schulden machen oder eine neue Steuer einführen? Alles, sagt die GLP. Und hält eine lange Tabelle mit Kürzungsvorschlägen bereit.
In der Bundeskasse fehlt Geld – vor allem, weil der Ständerat kürzlich beschlossen hat, das Armeebudget noch einmal massiv zu erhöhen. Seither überbieten sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier gegenseitig mit Vorschlägen, wie das finanziert werden soll. Im Grundsatz gibt es drei mögliche Ansätze: anderswo sparen, höhere Schulden machen oder mehr Steuern erheben. Zu allen drei Varianten kursieren schon Vorschläge. Nun will die GLP sie kombinieren.
Ihr Vorschlag: Subventionen streichen und andere Ausgaben reduzieren, die Schuldenbremse anpassen – sowie eine Vermögenssteuer auf Bundesebene prüfen.
Eine lange Liste mit Kürzungsvorschlägen
Corina Gredig, die GLP-Fraktionschefin, sitzt in der Wandelhalle im Bundeshaus und hält eine Tabelle mit Kürzungsvorschlägen in der Hand. Die Grünliberalen wollen im grossen Stil sparen – total rund 2 Milliarden jährlich.
Landwirtschaft, Verkehr, Schützen, Hotels: Die GLP zielt auf viele Bereiche, die für konservative Bürgerliche quasi unantastbar sind. Ob sie eine Mehrheit findet, ist also fraglich. So will die GLP etwa Steuervergünstigungen für Pistenfahrzeuge und Traktoren streichen. Einsparpotenzial: 117 Millionen. Auch den Strassenausbau will sie stoppen – und den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Hotels streichen. Ferner sollen Gelder für Wein- und Fleischwerbung sowie Beiträge ans Schiesswesen wegfallen – insgesamt 21 Millionen. Gredig sagt dazu: «Es ist doch einfach absurd, wenn der Steuerzahler für Fleischwerbung bezahlen muss.»
Am meisten Chancen dürfte ein Vorschlag haben, der auf die Löhne des Bundespersonals zielt. Diese stiegen zuletzt deutlich stärker als in der Privatwirtschaft. Damit soll nun Schluss sein. Zudem soll der Bund seine Löhne stärker am Markt ausrichten – also berücksichtigen, welche Alternativen die Bundesangestellten in der Privatwirtschaft hätten. Dies ist einer von vier Vorstössen zu den Bundesfinanzen, welche die GLP am letzten Sessionstag eingereicht hat.
Schuldenbremse lockern und Vermögen besteuern
Während diese Vorschläge alle kurzfristige Einsparungen bringen könnten, hat die GLP auch zwei mittelfristige Vorschläge. Sie will die Schuldenbremse lockern, indem sie diese durch einen Wachstumsfaktor ergänzt. Dadurch könnte der Bund in Zeiten von Wirtschaftswachstum mehr Schulden machen.
Der zweite Vorschlag sieht eine Steuererhöhung vor, die aber erst mittelfristig mehr Geld einbringen würde. «Der Bund soll zuerst seine eigenen Ausgaben optimieren. Ergänzend sollen aber neue Einnahmen geprüft werden», sagt Gredig. Sie weist darauf hin, dass der Bund bis vor rund 60 Jahren schon einmal eine Vermögenssteuer erhoben habe – zwischen 1915 und 1959. Ziel sei, mit einem angemessenen Steuersatz sicherzustellen, dass der Mittelstand nicht zusätzlich belastet werde. «Der Vorteil gegenüber einer Erbschaftssteuer ist zudem, dass es nicht schwieriger wird, die Nachfolge in KMU zu regeln», so Gredig.
Dem Vorschlag der GLP ging ein intensives Ringen um die Bundesfinanzen voraus – mit Nachwirkungen:
Ständerat: Armee auf Kosten der Entwicklungshilfe aufrüsten
Der Ständerat will die Gelder für die Rüstung in den Jahren 2025 bis 2028 um zusätzliche 4 Milliarden Franken aufstocken. Die Hälfte soll bei der Entwicklungshilfe eingespart werden, 15 Prozent bei der Armee selbst und 35 Prozent andernorts – etwa bei der Bildung und der Landwirtschaft. FDP-Ständerat Benjamin Mühlemann schlug diese Kompensation vor – und der Rat nahm sie ohne grössere Diskussion an.
Der Entwicklungshilfe würde so künftig ein Drittel ihres Budgets fehlen. Dagegen machen nun ehemalige Diplomaten mobil. Sie haben eine «Allianz für eine ganzheitliche Sicherheitspolitik» gegründet und wollen das Parlament davon überzeugen, dass sich die Schweiz auch aus sicherheitspolitischen Gründen in der Entwicklungszusammenarbeit engagieren muss. Einer von ihnen ist Thomas Greminger, der unter anderem OSZE-Generalsekretär und Generalstabsoffizier der Schweizer Armee war.
Finanzkommission des Nationalrats: Weniger Geld für die Kantone
Die Finanzkommission des Nationalrats stimmt der Aufstockung der Armeegelder zu. Das Kompensationskonzept des Ständerats lehnt sie dagegen einstimmig ab. Zwar will auch sie bei der Entwicklungshilfe sparen. Daneben schlägt sie aber vor, den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer zu senken und beim Personal in allen Departementen zu sparen – auch im Verteidigungsdepartement, das am meisten Personal beschäftigt.
Die Linke kritisiert die Beschlüsse. «Die Arbeit der Kommission war total unseriös», sagt SP-Co-Präsident Cédric Wermuth. Es sei unklar gewesen, welcher Antrag welche finanzielle Auswirkung habe. Niemand könne sagen, was genau die zusätzlichen Milliarden für die Armee bringen würden und welche Variante wie viel koste. «Die bürgerliche Mehrheit hat sich komplett verrannt und kommt jetzt aus dem Loch nicht mehr raus.»
Würth: Ein Mehrwertsteuer-«Sicherheitsprozent»
Ein «Sicherheitsprozent» für die Armee und die AHV verlangt Mitte-Ständerat Beni Würth. Für eine Dauer von fünf Jahren soll die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt erhöht werden, von 8,1 auf 9,1 Prozent. Das würde pro Jahr zusätzliche Einnahmen von 3,7 Milliarden Franken generieren. 60 Prozent davon wären dafür vorgesehen, die 13. AHV-Rente zu finanzieren, 40 Prozent für die Armee.
Ständeratsmitglieder von FDP bis SP haben den Vorstoss unterzeichnet. Doch nun erteilt SP-Co-Fraktionschefin Samira Marti der Idee eine Absage. Das Ja zur 13. AHV-Rente müsse respektiert, die 13. Rente vollständig finanziert werden. Der Vorstoss mit den befristeten Zusatzeinnahmen gewährleiste das nicht, sagt Marti. «Er will durch die Hintertür dafür sorgen, dass der Bund weniger an die AHV-Renten bezahlt.» Auch die SVP stellt sich gegen Würths Vorschlag. Fraktionschef Thomas Aeschi sagt: «Neue Steuern lehnen wir grundsätzlich ab.»
SP-Mitte-Allianz: Spezialfonds für Armee und Ukraine
Bereits vom Tisch ist der Vorschlag einer Mitte-links-Allianz, die Aufrüstung der Armee mit der Ukraine-Hilfe zu verknüpfen und über einen Spezialfonds zu finanzieren – unter Aushebelung der Schuldenbremse. Der Ständerat hat diesen «Kuhhandel» abgelehnt.
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