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Ermittlungen gegen mutmasslichen Schützen
Polizist sitzt nach tödlichem Schuss auf 17-Jährigen in Untersuchungshaft

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Es ist gekommen, wie befürchtet, die Appelle zur Besonnenheit waren offensichtlich vergeblich. Nach dem Tod eines 17-Jährigen durch eine Polizeikugel in Nanterre bei Paris eskaliert die Gewalt in Frankreich. In der Nacht kam es im ganzen Land zu weiteren Protesten und Ausschreitungen, nachdem es bereits zuvor Unruhen gegeben hatte.

Betroffen waren Dutzende Städte, vor allem aber der Grossraum Paris. Allein dort wurden laut der Präfektur bis zwei Uhr nachts mindestens 77 Personen festgenommen. Insgesamt kam es Behördenangaben zufolge zu mehr als 150 Festnahmen, Innenminister Gérald Darmanin sprach auf Twitter von «unerträglicher Gewalt». Er verurteilte «jene, die nicht zur Ruhe aufgerufen haben». Präsident Emmanuel Macron traf um acht Uhr morgens mehrere Minister im Innenministerium zu einem Krisentreffen.

Am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass gegen den mutmasslichen Schützen ein formelles Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Der Polizist sei der «vorsätzlichen Tötung beschuldigt» und in Untersuchungshaft genommen worden, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit.

Mit Feuerwerk gegen die Sicherheitskräfte: Proteste in Nanterre.

In Nanterre, wo der getötete Jugendliche lebte, schossen Demonstranten mit Feuerwerkskörpern auf die Polizei, bewarfen sie mit Molotow-Cocktails und setzten Autos in Brand. Die Ordnungskräfte mussten das Viertel Pablo Picasso verlassen. Das Gebiet um ein Kraftwerk musste wegen Explosionsgefahr evakuiert werden. 2000 Einsatzkräfte waren mobilisiert worden, um die Protestierenden in Schach zu halten, 800 mehr als in der Nacht zuvor.

Nach zwei Nächten mit gewaltsamen Krawallen hat die Polizei in Frankreich nun zehntausende Beamte mobilisiert, um die Ausschreitungen einzudämmen. Landesweit würden 40’000 Beamte eingesetzt, 5000 von ihnen in Paris und Umgebung, sagte Innenminister Gérald Darmanin am Donnerstag. Am Donnerstagnachmittag startete ein Trauermarsch, zu dem die Mutter des Jugendlichen aufgerufen hatte.

Kämpft für Gerechtigkeit: Die Mutter des getöteten 17-Jährigen führt den Trauermarsch an.  

Ausschreitungen in Städten, wo sie bisher nicht vorgekommen sind

Aus Paris selbst wurden mehrere Feuer gemeldet, die Feuerwehr bat die Bevölkerung, die Rettungswege möglichst frei zu lassen. Zwischenfälle, Brände, Gewalt und Zusammenstösse wurden unter anderem auch aus Lille, Toulouse, Lyon, Dijon, Clermont-Ferrand und Amiens gemeldet. Geschäfte, Autos, Lastwagen wurden angezündet, von überall kamen ähnliche Bilder, zum Teil auch aus Städten, in denen solche Ausschreitungen bisher nicht vorgekommen waren.  (Lesen Sie dazu unseren Kommentar: Das ist eine Schande für Frankreich)

Ein Mann fotografiert ausgebrannte Autos und Trümmer in Nanterre.

Im Visier hatten die Protestierenden vor allem Rathäuser, Schulen und andere Institutionen der Republik. Auch ein Gefängnis wurde angegriffen. In Mons-en-Barœul bei Lille wurden die Räume der Stadtverwaltung komplett zerstört, anderswo eine Polizeistation sowie mehr als ein Dutzend davor parkende Polizeifahrzeuge. In Clamart in der Region Hauts-de-Seine ging eine ganze Strassenbahn in Flammen auf.

Der 17-jährige Nahel war am Dienstag bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte er zuvor einer Aufforderung zum Anhalten seines Wagens nicht Folge geleistet. Die Justiz ermittelt gegen einen Polizeibeamten wegen vorsätzlicher Tötung. Präsident Macron hatte die Tat als «unentschuldbar und unerklärbar» verurteilt und zur Ruhe aufgefordert. Es gebe nichts, was den Tod des Jungen rechtfertige. Die Familie des Getöteten hat für diesen Donnerstag zu einem «Weissen Marsch» in Nanterre aufgerufen.

Auf diesem Screenshot eines zur Verfügung gestellten Videos ist zu sehen, wie einer der Beamten seine Waffe auf Höhe der Fahrertür in das stehende Auto richtet.

Mehrere Politiker der Linken haben ihr Kommen angekündigt, auch der Kommunist Fabien Roussel. Der Bürgermeister von Nanterre empfahl den Demonstranten, keine Gewalt anzuwenden. Dann seien solche Märsche «viel wirkungsvoller».