Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Kulturbeiträge in Zürich
Grosser Tanz um städtische Theaterförderung im Gemeinderat

Dem Theater Stok will die Stadt Zürich nicht mehr weiter finanziell unter die Arme greifen: Aufführung des Theaters Touche 2015 in dem Zürcher Kleintheater.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Ab dem nächsten Jahr gilt in Zürich die neue Konzeptförderung Tanz und Theater. Eine neunköpfige Jury entschied, welche Kleintheater in den nächsten sechs Jahren von der Stadt Zürich gefördert werden sollen. 2020 hatte das Zürcher Stimmvolk das Konzept gutgeheissen.

Am Mittwochabend hat der Gemeinderat über die Vorschläge des Stadtrats befunden, welche Theater unterstützt werden sollen. Dabei zeigte sich: Von ganz links bis ganz rechts ist man unzufrieden.

Als Corine Mauch den Entscheid im April der Öffentlichkeit vorstellte, sagte sie: «Wir wollen Bewegung in die subventionierte Szene bringen.» Die SVP konstatierte in einer Fraktionserklärung im Gemeinderat trocken: «Es blieb alles beim Alten.»

Belebt worden sei einzig der bürokratische Aufwand für die kleinen Theater. Und von der AL heisst es, es habe kaum eine Diversifizierung innerhalb der Szene stattgefunden: «Im Gegenteil zementiert der Antrag des Stadtrats grösstenteils den Status quo.»

Zirkus wird neu in Theaterförderung aufgenommen

Um insgesamt 3,9 Millionen Franken haben sich 13 Institutionen mit ausführlichen Konzepten für sechsjährige Fördergelder beworben. In sieben ganztägigen Sitzungen beriet die Jury über die Anträge.

Zwei Konzepte fielen komplett durch. Zwei weitere – die traditionsreichen Kleintheater Stok und Keller 62 – empfand die Jury als zu unbedeutend für die Theaterlandschaft. Fördergelder zugesprochen erhalten die Theater Winkelwiese, Rigiblick, Stadelhofen, Hora, Purpur, Sogar, das Festival «Zürich tanzt» und das Miller’s, die bisher auch schon Gelder erhalten hatten. Neu aufgenommen wurde das Zirkusquartier, zu dem der Zirkus Chnopf gehört und das bisher aus anderen städtischen Fördergeldern unterstützt worden war.

Dass das Zirkusquartier etablierten Theatern die Gelder wegnehmen soll, verstehen die GLP, Die Mitte, die EVP und die FDP nicht. Sie forderten mit einem Rückweisungsantrag, den Zirkus aus einem anderen Topf zu unterstützen. Weder in der Volksabstimmung noch in der gemeinderätlichen Beratung sei je die Rede davon gewesen, dass auch zirzensische Kunst zur Tanz- und Theaterlandschaft gehöre, sagte Yasmine Bourgeois (FDP). Die 300’000 Franken, die das Zirkusquartier erhalten würde, solle der Stadtrat an die anderen acht Institutionen sowie an das Stok und den Keller 62 verteilen.

Rettungsversuche für Stok und Keller 62

Mit einem Vorstoss versuchten Urs Riklin (Grüne) und Roger Föhn (EVP) die beiden Kleintheater noch zu retten. Der Stadtrat hatte den beiden Institutionen für die nächsten zwei Jahre 120’000 Franken (Stok) und 75’000 Franken (Keller 62) zugesprochen. Das sind 25’000 Franken mehr, als sie heute erhalten. Diese sogenannten Abfederungsbeiträge sollen es den Theatern ermöglichen, eine Zukunft ohne Subventionen zu entwickeln.

Die Verantwortlichen der beiden Häuser bezweifeln allerdings, ob das möglich ist. Das Postulat von Riklin und Föhn verlangt vom Stadtrat, dass er die Theater bis 2029 unterstützt, wenn dann neue Fördergelder vergeben werden.

Das Postulat der Grünen fand mit 62 Ja- zu 56 Nein-Stimmen eine knappe Mehrheit. Der Stadtrat zeigte sich auch bereit, das Postulat zu prüfen, wie die Stadtpräsidentin Corine Mauch erklärte. Allerdings habe man rechtliche Bedenken, ob sich der Vorstoss umsetzen lasse. Denn um die beiden Theater bis 2029 zu fördern, wäre mehr Geld nötig als die insgesamt 600’000 Franken, die dem Stadtrat für Abfederungsmassnahmen zur Verfügung stehen. Das Theater Stok und der Keller 62 werden also weiterhin um ihre Existenz zittern müssen.

Die FDP wählte einen anderen Weg, um den Vorschlag des Stadtrats noch zu korrigieren. Mit mehreren Minderheitsanträgen versuchten die Freisinnigen, den Theatern Rigiblick, Sogar sowie dem Miller’s mehr Gelder zuzusprechen.

Sechs der neun Institutionen erhalten zwar nun mehr Geld, aber dennoch deutlich weniger, als sie gefordert hatten, um ihre Konzepte umzusetzen. Denn der Stadtrat knüpft die neuen Fördergelder an deutlich mehr Auflagen von der ästhetischen Relevanz bis hin zu ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit.

Vorschlag des Stadtrats kommt durch

Es liege nicht an dem Gemeinderat, kulturpolitisches Mikromanagement zu betreiben, hiess es vonseiten der AL. Man respektiere den Entscheid der Stimmbevölkerung und die Einschätzung der Fachjury, welche die Konzepte beurteilt habe, sagte Moritz Bögli im Namen der AL. Dies entsprach der Mehrheit des Gemeinderats.

So blieben nicht nur alle Anträge der FDP chancenlos. Auch die Rückweisung der Vorlage des Stadtrats kam nicht durch, wobei Maya Kägi Götz (SP) als Sprecherin der Mehrheit ins Feld führte, dass die Institutionen nun mit den versprochenen Geldern planen könnten. Müsste der Stadtrat die Weisung erneut überarbeiten, wäre das nicht möglich.

Als der Gemeinderat um 0.30 Uhr fertig debattiert hatte und vor dem Parlamentsgebäude die Taxis schon Schlange standen, war klar: Der Tanz im Gemeinderat um die Theaterförderung dauerte weit über 2,5 Stunden. Am Ende blieb die Vorlage des Stadtrats aber unverändert.

Mehr Fördergelder geplant

Die Debatte zeigte mehreren Parteien, dass die Konzeptfördergelder nicht ausreichen, um alle Theater in der Stadt wie gewünscht zu fördern. So soll nun eine Motion eine Erhöhung der Gelder verlangen, um zumindest ab 2029 weitere Theater zu fördern – oder den bestehenden mehr Geld zuzusprechen.

Diesem Anliegen gegenüber zeigte sich auch Stadtpräsidentin Corine Mauch offen. Die Frage wird nun sein, wie viele Kleintheater bis dahin überleben werden.