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Übersicht zum Olympia-Boykott
Grosse Sportnationen setzen ein Zeichen, China droht – und jetzt?

Die Spiele seien auf Kurs: Ein chinesischer Soldat steht während der Abschlusszeremonie der Olympischen Spiele 2008 vor dem Vogelnest-Stadion in Peking Spalier.

Wer unterstützt den Boykott? Wer nicht?

Den Anfang machten die USA. Anfang Woche verkündete die Sprecherin des Weissen Hauses, Jen Psaki, dass die Vereinigten Staaten aus Protest gegen Menschenrechtsverletzungen keine diplomatischen Vertreter zu den Olympischen Spielen nach China schicken werden. Auch Neuseeland wird keine Diplomaten nach China schicken, nannte als Grund aber die Corona-Pandemie. Zwei Tage später zogen Grossbritannien und Australien nach. Und als Fünfter im Bunde schloss sich Kanada dem politischen Boykott an. Als Gründe geben die Nationen das Vorgehen der chinesischen Behörden gegen die Uiguren und Tibeter, die Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong und die Drohungen gegen Taiwan an. Einen kompletten Boykott der Spiele schliessen sie jedoch aus. Athletinnen und Sportler, die hart dafür trainiert haben, sollen also zu den Spielen antreten dürfen.

Gegen eine Teilnahme am Boykott entschied sich hingegen Frankreich. Bildungs- und Sportminister Jean-Michel Blanquer verkündete am Donnerstag, dass der Sport eine Welt für sich sei und so weit es gehe vor politischen Einflüssen geschützt werden müsse. Ansonsten würde dies am Ende sämtliche Wettkämpfe unmöglich machen. Frankreichs Aussenminister Jean-Yves Le Drian sagte jedoch nach einem Gespräch mit seiner neuen deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock, die Frage eines möglichen diplomatischen Boykotts müsse auf europäischer Ebene gehandhabt werden.

Wer sind die Unentschlossenen?

Im Juli 2019 unterzeichneten zahlreiche Länder einen Brief an den UNO-Menschenrechtsrat, in dem sie ihre grosse Besorgnis über Chinas Umgang mit Menschenrechten ausdrückten. Acht dieser Staaten landeten 2018 bei den Winterspielen in Pyeongchang unter den besten Zehn bei der Gesamtanzahl der gewonnenen Medaillen. Ein politischer Boykott dieser Länder hätte also eine grosse Signalwirkung. Werden sie den USA noch folgen? Zu den Ländern, die den Brief unterzeichneten, sich aber noch nicht für oder gegen einen Boykott ausgesprochen haben, gehören unter anderem Deutschland, Norwegen, die Niederlande, die Schweiz und Österreich.

Der neue Bundeskanzler Olaf Scholz äusserste sich öffentlich nur zurückhaltend zur Frage eines möglichen politischen Boykotts. Man werde sich im internationalen Zusammenhang beraten und Entscheidungen treffen. Aussenministerin Baerbock begrüsse laut der Nachrichtenagentur DPA eine europaweite Lösung.

Auch Schweizer Politiker rufen nach einem Boykott. «Die Schweiz soll sich den USA anschliessen», sagt Nationalrätin Sibel Arslan. Solche «politischen Signale hätten sehr wohl eine Wirkung auf autokratische Regimes. «Es darf nicht sein, dass unsere Bundesräte die chinesische PR-Show beklatschen, während schwerste Menschenrechtsverbrechen begangen werden», sagt auch SP-Nationalrat Fabian Molina. Diese Sichtweise trifft im bürgerlichen Lager jedoch auf heftigen Widerspruch. SVP-Nationalrat Roger Köppel beispielsweise lehnt einen Boykott klar ab.

Wie reagiert Peking auf die Ankündigungen?

China reagierte auf die Ankündigungen höchst verärgert und hat den vier westlichen Staaten mit Konsequenzen gedroht. Die USA, Australien, Grossbritannien und Kanada «werden unweigerlich den Preis für ihr Fehlverhalten zahlen», so die trotzige Reaktion des Sprechers des Aussenministeriums in Peking, Wang Wenbin. Es interessiere niemanden, ob australische Diplomaten zu den Spielen nach Peking reisten. Zudem prangerte Wenbin vor Journalisten dann die «Nutzung der olympischen Plattform für politische Manipulationen» durch die vier westlichen Staaten an.

Die Beziehungen Chinas zu den vier Nationen sind aus verschiedenen Gründen angespannt. Das neue Bündnis zwischen Australien, den USA und Grossbritannien für den Indopazifik wird in China als Einmischung in dessen Angelegenheiten verstanden. Und der diplomatische Draht zu Kanada wurde zuletzt durch die Festnahme zweier Kanadier belastet. Der Schritt war als Vergeltungsmassnahme für die Inhaftierung der chinesischen Huawei-Managerin Meng Wanzhou in Kanada gewertet worden. Und die USA unter Präsident Joe Biden sehen das wirtschaftlich und militärisch aufstrebende China als grösste geopolitische Herausforderung des 21. Jahrhunderts an.

Wie ist die Haltung des IOK zum politischen Boykott?

IOK-Chef Thomas Bach bezeichnete die Frage eines diplomatischen Boykotts als «rein politische Diskussion.» Der Dachverband sei «politisch neutral.» Für das IOK sei allein die Teilnahme der Athleten entscheidend, zitiert DPA IOK-Chef Bach.

Welchen Einfluss hat die aktuelle Corona-Situation in China auf die Spiele?

China hat das Virus mit seiner «Null-Covid-Strategie» gut im Griff. Seit Mitte Oktober wurden knapp 2000 Fälle gezählt – auf 1,4 Milliarden Chinesen. Die neue Virusvariante Omikron hat jedoch die ohnehin nervösen Gastgeber in Hektik versetzt. Athletinnen und Sportler dürften sich nur in «geschlossenen Kreisläufen» bewegen. Zudem seien tägliche Tests geplant. Ausserdem sind ausländische Zuschauer nicht zugelassen und inländische würden nur unter strengen Vorgaben der Eintritt gewährt. Diplomaten in Peking erwarten laut DPA, dass es eine hermetische Abriegelung mit «doppelten Wänden» geben werde.

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Ist eine Absage oder eine Verschiebung der Spiele ein Thema?

«Die Sache ist absolut auf Kurs», beteuerte IOK-Spitzenfunktionär Juan Antonio Samaranch junior. Auch Omikron habe die Entschlossenheit der Organisatoren nicht erschüttern können. Ein chinesischer Regierungssprecher versicherte, dass es zwar einige Herausforderungen gebe, die Spiele aber «reibunglos und erfolgreich» abgehalten werden könnten. Ausserdem wolle Peking laut DPA auf keinen Fall auf das grosse Propaganda-Ereignis verzichten.

Korrektur vom 09.12.2021, 21:15 Uhr: In einer älteren Version des Artikels war Neuseeland im Text noch nicht als Staat aufgeführt, der den politischen Boykott der Winterspiele in Peking unterstützt.

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