Formel-1-GP GrossbritannienErst bejubelt er den Sieg gegen die Schweiz – dann gelingt ihm der grosse Coup
Lewis Hamilton gewinnt erstmals seit fast drei Jahren einen Grand Prix. Sein Teamkollege leidet derweil.

Mehr England geht nicht. Es ist der Grand Prix von Silverstone. Mit George Russell, Lewis Hamilton und Lando Norris stehen beim Start gleich drei einheimische Piloten auf den ersten drei Plätzen – ein Novum in der 75-jährigen Geschichte des britischen Traditionsrennens.
Und dann – wie könnte es anders sein – meldet sich auch noch der zuverlässigste Brite, der Regen. «In der 16. Runde gehts los», hören die Fahrer immer wieder über Funk, erst nur leicht, später etwas heftiger, ehe sich die dunklen Wolken wieder verziehen sollen. Und tatsächlich bewahrheiten sich die Prognosen, wird es bald nass auf dem Silverstone Circuit, der ein ziemlich turbulentes Rennen erlebt.
Die Schlussphase passt ganz gut dazu. Die Fahrer sind kurz vor dem Ende wieder mit Trockenreifen unterwegs, weil die Strecke kaum mehr feuchte Stellen hat. Max Verstappen, der Überfahrer der letzten Jahre, ist für einmal in der Rolle des Jägers. Der 26-jährige WM-Leader kommt auch damit ganz gut zurecht. Vier Runden sind noch zu fahren, als er in seinem Red Bull am McLaren von Norris auf Rang 2 vorbeikommt. Zum neunten Sieg in diesem Jahr aber reicht es dem dreifachen Weltmeister nicht.
Weil ganz vorn ein Altmeister einen wunderbaren Arbeitstag erlebt: Lewis Hamilton feiert in Silverstone seinen neunten Sieg, kein Pilot in der Geschichte der Formel 1 hat auf einer Strecke öfter gewonnen. Es ist für den einstigen Dominator der erste Triumph seit Saudiarabien 2021. Was danach folgte? Das war das Finalrennen von Abu Dhabi, das mit einer zumindest fragwürdigen Entscheidung des damaligen Rennleiters zugunsten Verstappens ausging, der seither die Formel 1 dominiert.
Und nun also ist es wieder einmal Hamilton, der die ganz grossen Gefühle auf seiner Seite hat. Mit dem Union Jack in der Hand fährt er seine Auslaufrunde, später liegt er sekundenlang in den Armen seines Vaters Anthony, ehe er sich von der Masse feiern lässt. Es ist einer der emotionalsten Momente seiner langen Karriere.
Verstappen plötzlich im Hintertreffen
Zum ganz grossen Spielverderber wird Verstappen an diesem Tag also nicht. Gleich nach dem Start aber macht er sich daran, die britische Herrlichkeit zu stören. Der Niederländer überholt den McLaren von Norris, setzt sich auf Rang 3 hinter die Mercedes von Russell und Hamilton. Er muss die Position aber bald wieder abgeben an den Shootingstar aus Bristol. Dann kommt auch noch Oscar Piastri, der zweite McLaren-Fahrer, vorbei an Verstappen, der sich plötzlich auf Platz 5 wiederfindet.
Auch was ganze vorn passiert, will nicht so recht passen zum Image der Langeweile, das sich die Formel 1 in den vergangenen Jahren unfreiwillig erarbeitet hat. Da nämlich tobt ein Generationenduell, das erst noch ein interner Machtkampf ist: Hamilton, 39 und siebenfacher Weltmeister, kämpft mit Mercedes-Kollege Russell, 26-jährige Zukunftshoffnung von Mercedes, um die Führung in diesem Rennen.
Hamilton setzt sich tatsächlich an die Spitze – erst einmal aber nur für kurze Zeit, weil die beiden McLaren herangebraust kommen. Der Regen hat da schon eingesetzt, Gischt spritzt in manchen Kurven hoch, damit kommen Norris und Piastri besser zurecht als die Konkurrenz, sie führen das Rennen bald an.
Die Verzweifelten holen neue Pneus
Die leicht nasse Fahrbahn verleitet manch verzweifelten Piloten zum Risiko, auf die Halbregenreifen zu wechseln. Darunter Sergio Pérez, Teamrivale von Verstappen bei Red Bull, der ein ziemlich grausames Rennwochenende erlebt mit einer unsanften Landung im Kiesbett am Samstag im Qualifying. Nun also vergreift er sich bei der Pneu-Wahl und ist chancenlos gegen die Gegner, die auf den Trockenreifen geblieben sind. Wie auch Charles Leclerc, den das Ferrari-Team ohne Not hereingeholt hat zum Wechsel.
Kurz darauf aber sind diese Intermediate-Reifen genau die richtigen, hat doch stärkerer Regen eingesetzt. Mercedes, das in manchen Momenten an die glorreichen Zeiten von einst erinnert, wagt den Doppelwechsel, fertigt Hamilton und Russell gleich hintereinander ab. Auch Verstappen fährt im Red Bull in die Boxengasse wie Norris im McLaren. Dessen Teamkollege Piastri aber muss noch eine Runde drehen – es spült den Australier regelrecht nach hinten, am Ende wird es immerhin Rang 4 für ihn.
Auch weil Russell, der jüngst in Österreich von einem Unfall zwischen Verstappen und Norris profitierte und seinen zweiten Sieg in der Formel 1 feierte, vor Heimpublikum ein abruptes Ende erlebt. An seinem Mercedes wird in der 34. Runde ein technisches Problem festgestellt, weshalb er sein Auto abstellen muss.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Es ist ein kleiner Wermutstropfen für das enthusiastische Publikum, das am Samstag noch mit Russell und Hamilton den Sieg im Penaltyschiessen gegen die Schweiz im EM-Viertelfinal beim Public Viewing gefeiert hat. Nun steht auf der grossen Bühne nur noch Hamilton. Für die Schweizer wird es derweil am Sonntag nicht viel besser. Valtteri Bottas als 15. und Zhou Guanyu als 18. holen auch im zwölften Rennen keinen Punkt für Sauber.

Fehler gefunden?Jetzt melden.