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Probefahrt
Good Vibrations

Freundlich wirkende Frontpartie, Zweifarbenlackierung, kurze Überhänge: So stellt man sich die Reinkarnation des alten Hippie-Vans vor.
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Fünf Jahre lang geisterte die Konzeptstudie durch Messen und Medien – ein halbes Jahrzehnt, in dem die Ankündigung eines elektrisch angetriebenen «Neuzeit-Bullis» derart inflationäre Züge annahm, dass es fast schon nervte. Doch nun steht er da, der serienmässige ID. Buzz und verbreitet in all seiner Neuzeit-Bullihaftigkeit einfach nur gute Laune. Freundlich wirkende Frontpartie mit riesigem VW-Emblem, Zweifarbenlackierung, kurze Überhänge und dazu moderne Scheinwerfer, die über eine Lichtleiste miteinander verbunden sind und die Strasse auf Wunsch mit Matrix-LED-Technik ausleuchten – ja, so stellt man sich die Reinkarnation des alten Hippie-Vans vor. Und wenn schon wegen des E-Antriebs kein Boxermotor für den passenden Soundtrack sorgt, wirft man über das Soundsystem an Bord eben einen alten 60er-Jahre-Klassiker ein. Zum Beispiel «The Sound of Silence» von Simon & Garfunkel.

Aussen nostalgisch, innen digital

Obwohl, gibt es den auch in einer Techno-Remix-Version? So nostalgisch, wie das Exterieur stimmt, wähnt man sich im Interieur voll und ganz in der digitalen Gegenwart mit optisch frei schwebenden Displays, berührungssensitiven Flächen und dem Neusten, was das Konzernregal in Sachen Infotainment und Konnektivität zu bieten hat. Einzig der üppige Einsatz von Hartplastik erinnert – eher unfreiwillig – an frühere Zeiten. Dafür kommt die Einrichtung dieses, laut Hersteller, bilanziell CO₂-neutral ausgelieferten Fahrzeugs erstmals bei VW ohne Leder aus und besteht zu weiten Teilen aus recycelten PET-Flaschen sowie Kunststoffabfällen aus dem Meer. Um neben einem guten Gewissen auch die von den Beach Boys besungenen «Good Vibrations» zu erzeugen, stehen zudem kunterbuntes Dekor, eine Ambientebeleuchtung mit bis zu 30 Farben und Massagesitze zur Verfügung.

Als retro-futuristische Spielerei lässt sich der auf dem Modularen E-Antriebsbaukasten MEB basierende 4,71-Meter-Wagen dennoch nicht abtun. Die längsverschiebbare zweite Sitzreihe, zwei Schiebetüren, bis zu acht USB-C-Schnittstellen, zig Ablagefächer – darunter eine herausnehmbare Box mit integriertem Scheibenkratzer und Flaschenöffner – und 1121 Liter Stauraum hinter der weit öffnenden Heckklappe machen den ID. Buzz zum Freund fünfköpfiger Familien. Bei umgeklappten Sitzlehnen wächst der Stauraum auf sportequipment- und zügeltaugliche 2205 Liter; die als Arbeitstier konzipierte Cargo-Version mit zwei- oder dreisitzigem Fahrerhaus und fester Trennwand zum Laderaum wartet sogar mit 3900 Litern auf.

Fast überraschender noch und passend zum Titel «Turn Turn Turn» von The Byrds ist der kleine Wendekreis von 11,1 Metern, die den Kleinbus durchaus stadtfreundlich machen. Und wo wir schon beim 60er-Jahre-Medley sind: «With A Little Help From My Friends» (Joe Cocker), sprich mithilfe elektronischer Freunde, kann der Wagen teilautonom fahren, dabei selbsttätig die Spur wechseln, dank der Nutzung von Schwarmdaten auch dann auf der Spur bleiben, wenn eine Markierung fehlt, und einmal abgespeicherte individuelle Parkmanöver automatisch ausführen.

Alltagstaugliche Reichweite

Was das eigentliche Fahrerlebnis betrifft: «The Times They Are A’Changin’» (Bob Dylan). Vom Rumpeln, Ruckeln und Knattern seines Urahnen ist der mit einem 150 kW leistenden E-Motor und ausgewogen abgestimmten Fahrwerk versehene ID. Buzz meilenweit entfernt. Und wer früher Kurven scheute, kann sich dank der schwerpunktgünstig im Unterboden platzierten Akkus sowie der breiten Spur heute getrost über einen Pass wagen. Manche Dinge ändern sich aber dennoch nicht: Zum einen wird auch beim Neuzeit-Bulli lediglich die Hinterachse angetrieben – jedenfalls vorläufig noch. Zum anderen ist sein Antritt mit spontan verfügbaren 310 Nm zwar flott, doch auf Tempo 100 vergehen über 10 Sekunden, was – passend zum «Peace, Love and Happiness»-Mantra zu Zeiten des Originals – eher eine defensive Fahrweise begünstigt. Und gewiss trägt auch zur Entspannung bei, dass die Reichweite mit über 400 Kilometern alltagstauglich ist und die 77-kWh-Batterie an einer Schnellladestation innert einer halben Stunde von 5 auf 80 Prozent aufgeladen werden kann.

«All You Need Is Love»? Ein bisschen mehr, als die Beatles 1967 behaupteten, bedarf es natürlich schon, um in den Besitz eines ID. Buzz zu gelangen. Nämlich mindestens 67’860 Franken für den Fünfsitzer oder 59’633 Franken für die Cargo-Version. Und darüber hinaus ein wenig Geduld: Die Auslieferungen beginnen noch in diesem Jahr, doch wer heute einen Neuwagen konfiguriert, kann allenfalls mit einem «Sommer of Love 2023» rechnen – oder aber noch länger warten, bis VW den Minibus dereinst als Siebensitzer, mit Allradantrieb sowie in einer Camping-Variante anbietet. So durchdacht und charmant, wie sich der Neuzeit-Bulli gibt, könnte sich dies aber lohnen.

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Der Elektro-Lieferwagen wartet mit einem riesigen Laderaum mit 3900 Liter Fassungsvermögen auf.
Der ID. Buzz wird gemäss VW bilanziell CO₂-neutral ausgeliefert und kommt ohne Leder aus.
Das Interieur besteht zu weiten Teilen aus recycelten PET-Flaschen sowie Kunststoffabfällen aus dem Meer.