Equal Pay im FussballGleiche Prämien für Frauen? So sieht es in der Schweiz aus
Die US-Fussballerinnen feiern einen historischen Sieg in Sachen Gleichstellung. Einen, den die Schweiz gar nicht erst anstrebt: Sie hat andere Baustellen.
24 Millionen Dollar. So schwer ist das Paket, das der US-Fussballverband schnüren will, damit die Frauen künftig die gleichen Prämien erhalten wie die Männer. Ein historischer Schritt, der weltweit für viel Jubel sorgte. Auch bei den Schweizer Nationalspielerinnen; während ihres Trainingscamps in Marbella beglückwünschten viele von ihnen die US-Amerikanerinnen für den gewonnenen Kampf. Was aber auffällig ist: In keiner dieser Gratulationen war eine indirekte Forderung an den Schweizerischen Fussballverband (SFV) zu lesen. Aus gutem Grund.
Das liegt unter anderem an den unterschiedlichen Entschädigungsmodellen der Männer und Frauen. Während die Männer alle die gleiche Pauschale für ihre Bildrechte im Zusammenhang mit Sponsoring-Auftritten erhalten, werden die Frauen über Taggelder entschädigt, die gerade für die in der Schweiz engagierten Spielerinnen einen Erwerbsersatz darstellen sollen. Wie viel Geld ausgeschüttet wird, liegt an der Anzahl Länderspiele. Der Basisbetrag bewegt sich im tiefen dreistelligen Franken-Bereich. So kann es vorkommen, dass der SFV während eines normalen Zusammenzugs einer dienstälteren Nationalspielerin etwas mehr Geld bezahlt als den männlichen Pendants. Dennoch sagt Tatjana Haenni: «Das ist ein unfairer Vergleich und keine Bevorzugung der Frauen.» Die Spieler haben ganz andere Löhne und andere Einnahmequellen.
Die Direktorin des Ressorts Frauenfussball beim SFV zielt mit dieser Aussage vor allem auf die Prämien ab, die an Turnieren wie Welt- oder Europameisterschaften gezahlt werden. Zwar haben Fifa und Uefa ihre Auszahlungen bei den Frauen verdoppelt: Jedes Team an der EM 2022 in England erhält 600’000 Euro Antrittsgage, und bei der WM 2023 in Australien und Neuseeland stehen total 60 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Zum Vergleich: Allein für die Teilnahme an der Männer-EM im vergangenen Sommer bekam jeder Verband 9,25 Millionen Euro, für die WM 2022 in Katar sollen insgesamt rund 440 Millionen US-Dollar ausgeschüttet werden.
Uefa und Fifa in der Pflicht
Zwar gehört es zur Mission von Haenni, der ersten Frau überhaupt in der SFV-Geschäftsleitung, gegenüber ihren männlichen Kollegen beim Schweizerischen Fussballverband ungemütlich zu sein, in Bezug auf die Prämien zielt sie aber eine Stufe höher: «Der Fisch stinkt vom Kopf her, diese 600’000 Euro Antrittsprämie der Uefa sind einfach zu wenig.» Während die Männer an Endrundenturnieren satte Gewinne einspielen und damit andere Ressorts wie beispielsweise Amateur- oder Frauenfussball quersubventionieren, wird die Frauen-EM 2022 für den SFV ein Verlustgeschäft.
8,4 Millionen Franken erhielten die Schweizer Spieler und der Staff für die Teilnahme an der WM 2018 – davon wagen die Nationalspielerinnen nicht einmal zu träumen. Wollen sie auch nicht. «Equal Pay ist nicht unser Ziel, sondern eine faire Entschädigung für die Leistung», präzisiert Haenni. Deshalb betont sie: «Bekäme ich eine zusätzliche Million Franken, würde ich sie nicht nur in Prämien stecken.» Genauso wichtig findet sie, mehr Geld in die Nachwuchsförderung und den Clubfussball zu investieren, um dort Chancengleichheit zu schaffen, darauf konzentriert sie ihren täglichen Kampf. Denn sie befürchtet: «Die anderen Länder laufen uns den Rang ab.»
24 Millionen Dollar, das ist die zusätzliche Summe, die den US-Frauen künftig zur Verfügung gestellt wird. Es ist in etwa fünfmal mehr, als Haenni für den ganzen Frauenfussball in der Schweiz ausgeben kann.
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