EM 2021: Schweiz – SpanienDas Schweizer EM-Märchen endet im Elfmeterschiessen
Das Team von Vladimir Petkovic verliert nach heroischem Kampf gegen Spanien. Gleich drei Schützen scheitern vom Penaltypunkt.
Viele, viele Jahre waren Spiele der Schweizer Nationalmannschaft keine Garantie für grosse Unterhaltung. Aber was wir an der Europameisterschaft 2021 mit dieser Mannschaft erleben, ist grossartig. Nach dem Sieg im Achtelfinal gegen Frankreich schaffte es die Schweiz auch gegen Spanien in die Verlängerung, mit einem 1:1. Und auch da war nicht Schluss, es ging wie gegen Frankreich ins Elfmeterschiessen.
Yann Sommer gegen die spanischen Schützen, Unai Simón gegen jene der Schweizer. Und zwar hielt Sommer wie gegen Frankreich einen Versuch. Doch bei den Schweizern scheiterten gleich Fabian Schär, Manuel Akanji und Ruben Vargas. Hintereinander. Damit hat die Schweiz lange, lange einen weiteren Grossen des Weltfussballs ärgern können. Doch das Turnier geht nach diesem Viertelfinal ohne sie weiter.
Ab der 77. Minute zu zehnt
Die Schweiz war in der achten Minute durch Denis Zakarias Eigentor in Rückstand geraten. Zakaria war für den gesperrten Captain Granit Xhaka in die Mannschaft gerückt und schien lange die tragische Figur dieses Viertelfinals zu werden.
Doch in der zweiten Halbzeit steigerte sich die Schweiz so, dass der Ausgleich in der 68. Minute nicht mehr erstaunte. Remo Freuler hatte nach einem spanischen Missgeschick den Ball übernommen, ihn zu Xherdan Shaqiri quergelegt, und der schob mit seinem schwächeren rechten Fuss zum 1:1 ein. Es war Shaqiris drittes Tor an dieser EM, gleich viele wie Haris Seferovic.
Zehn Minuten später stand Freuler wieder im Mittelpunkt. Er flog mit einer sehr streng gepfiffenen Roten Karte vom Platz, die Schweizer retteten sich zu zehnt in die Verlängerung.
Petkovic stellt System um
Nationaltrainer Vladimir Petkovic hatte seiner Mannschaft ein neues System verpasst. Anstatt mit drei Innenverteidigern liess Petkovic mit zwei zentralen Abwehrspielern agieren. Die Grundordnung mit dem Ball war ein 4-2-3-1, gegen den Ball agierten die Schweizer in einem 4-4-2.
Gerne hätten wir zugeschaut, in welcher Formation die Schweizer im Halbfinal auflaufen. Jetzt überlässt die Schweiz das Feld den Spaniern, die am 6. Juli in London auf den Sieger des Duells zwischen Belgien und Italien treffen.
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Dubios
Die Statistik-Plattform Opta hat getwittert, dass Zakarias Eigentor das zehnte Eigentor an dieser EM gewesen sei – eines mehr als in allen vorherigen Europameisterschaften zusammen. «Dubios», schreibt Opta.
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52' Sechster Eckball Schweiz
Shaqiri denkt sich: Die Mitspieler haben meine Bälle bislang ja nicht verwandeln können, da versuche ich mal was. Und was er versucht! Eine direkt verwandelte Ecke. Der Ball landet allerdings im Aussennetz.
50' Wie lebt es sich als Seferovic?
In meiner Kindheit wollten immer alle Stürmer sein. Weil Stürmer die Tore schiessen und danach ihre tollen Jubel zeigen dürfen. In solchen Spielen wie heute frage ich mich allerdings: Wie sehr macht es da Spass, Stürmer zu sein? Haris Seferovic hängt da vorne in der Luft rum, rennt, rackert – und sieht kaum einen Ball. Ist das lustig? Wird da der Fussball von der Berufung zum Beruf?
47' Sommer wäre da
Yann Sommer hält einen Ball von Olmo. Aber danach wird sowieso Abseits gepfiffen. Trotzdem ein gutes Gefühl: Der Yann, der ist noch nicht eingeschlafen, der wäre bereit.
Die zweite Halbzeit läuft
Bei den Spaniern gibt es einen Wechsel: Olmo kommt für Sarabia.
Blick nach Frankreich
Wir schauen kurz auf die Reaktionen in Frankreich nach der ersten Halbzeit:
Bitte 2 kg Hoffnung
Mein Chef fragt gerade (fürsorglich, wie er ist): «Soll ich euch etwas von unten bringen?» Er meint Nahrungsmittel, ich bestelle aber bitte gerne:
2 Kilogramm Hoffnung
500 Gramm Aufregung
Und ein Zückerchen Spass
Weil es all das braucht in der zweiten Halbzeit.
Und wenn nicht, kann man diesen Abend vielleicht zerstossen, in Pillen pressen und als bestes Ausnüchterungs-Mittel der Welt verkaufen. Ein Gramm dieses Spiels – und du bist garantiert wieder nüchtern.
Cesc Fàbregas ist zuversichtlich
Kurze Expertenmeldung aus spanischer Sicht. Cesc Fabregas denkt: «Ohne Xhaka und Embolo verliert die Schweiz viel im Ballbesitzspiel und im Konter. Nur geduldig bleiben, sie bewegen, und mehr Tore werden folgen.» Mehr Tore heisst da natürlich: mehr Tore für die Schweiz.
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Fazit nach 45 Minuten – 1:0 für Spanien und Embolo nicht mehr dabei
Die ersten Schweisstropfen hatten sich auf Denis Zakarias Stirn verteilt, knapp acht Minuten waren da in St. Petersburg gespielt. Dann erzielte der defensive Mittelfeldspieler der Schweiz für die Spanier das 1:0. Jordi Alba hatte geschossen, Zakaria wollte den Versuch parieren, hielt den Fuss hin – und lenkte den Ball unhaltbar für Yann Sommer ab.
Ausgerechnet Zakaria bremste die grosse Euphorie, die der erste Viertelfinal der Schweiz an einem grossen Turnier seit 1954 ausgelöst hatte. Nationaltrainer Vladimir Petkovic hatte Zakaria für den Gelb-gesperrten Captain Granit Xhaka in die Startformation beordert.
Ferner stellte Petkovic das System im Vergleich zu den ersten vier Spielen an dieser EM um. Gegen den Ball spielten die Schweizer in einer 4-4-2-Grundordnung. Und wenn sie das Spiel machten, sortierten sie sich in einem 4-2-3-1. Petkovic wechselte also von drei auf zwei Innenverteidiger.
Viel Ballbesitz und Embolos Verletzung
Damit hatten die Spanier in der ersten Halbzeit keine Mühe. Sie kamen wie gewohnt auf jede Menge Ballbesitz, gegen die Schweiz waren es in den ersten 45 Minuten 71 Prozent. Und wer den Ball hat, der kann auch kein Tor kassieren. Manchmal ist es so einfach.
Nach 20 Minuten musste Petkovic Breel Embolo auswechseln, weil dieser sich verletzt hatte. Für ihn kam Ruben Vargas, einer der Penalty-Helden aus dem Frankreich-Spiel. Auf eine besonders gefährliche Aktion kam auch er nicht.
45 Minuten bleiben den Schweizern, um dieses Spiel zu drehen oder auszugleichen und in die Verlängerung zu kommen.
44' Bald ist Pause
Bald geht es in die Garderoben. Für die Schweizer gilt dann: Kopf lüften, noch einmal Kraft sammeln. Noch einmal daran glauben, dass da etwas gehen kann. Spanien wirkt stabil. Aber es wirkt auch nicht wie eine Weltauswahl auf dem Höhepunkt des eigenen Schaffens. Da sind viele junge Spieler auf dem Platz. Vielleicht schaffen es die Schweizer ja, etwas Zweifel in ihre Köpfe zu streuen.
40' Der Plan geht auf
Das Verrückte an diesem Abend bis jetzt: Eigentlich geht der Plan von Vladimir Petkovic voll auf. Spanien hat zwar ganz viel den Ball. Aber es scheint nicht, als ob die Spieler wüssten, wo genau das Schweizer Tor steht. Dumm bloss, dass ein Schweizer wusste, wo das eigene Tor steht – und dann auch noch getroffen hat.
39' Kopfball Widmer
Wieder eine Schweizer Ecke, diesmal kommt Widmer mit dem Kopf an den Ball. Aber der geht wieder so weit drüber, dass ich gar nicht weiss, ob das als Torschuss in die Statistik geht.
37' Mehr Chaos, bitte
Das Ziel der Spanier ist: möglichst wenig Chaos zulassen. Das Ziel der Schweizer muss also sein, diesem Spiel mehr Chaos einzuimpfen. Würde die Partie übrigens auch für neutrale Beobachter interessanter machen.
35' Druckphäschen
Das ist ein kleines Schweizer Druckphäschen. Schon wieder ein Eckball. Aber der fliegt dann irgendwo ins Nirgendwo. Und der Schiedsrichter raubt der Schweiz den nächsten Corner.
Corner-Raub. Nicht zu verwechseln mit Cornet-Raub, der ja landläufig unter Mundraub geht.
33' Seferovic
Sursee ist parat, hiess es auf SRF vor den Spiel. Jetzt kommt Haris Seferovic zu seinem ersten Schuss. Der bringt einen Eckball. Und der wiederum landet auf Manuel Akanjis Kopf, von wo er weit übers Tor springt.
31' Wie nach der zweiten Spritze
Die Schweizer wirken bislang ein wenig so wie ich nach meiner zweiten Corona-Spritze: durchaus gewillt, noch zu arbeiten. Aber die Beine, der Kopf, sie sind einfach sehr schwer. Und dann erst noch der linke Arm! Gut, der linke Arm scheint noch bei allen recht gut zu funktionieren.
27' Sie haben genug
Am Montag haben Spanier und Schweizer für den wohl grossartigsten Fussballabend an einem grossen Turnier überhaupt gesorgt. Den Spaniern scheint das allerdings genug des Spektakels gewesen zu sein. Sie tun im Moment alles, um dieses Spiel in möglichst kontrollierte Bahnen zu lenken.
Ich finde: Das wirkt alles etwas steril. Und fast schon wie ein manischer Kontrollfreak. Aber leider auch sehr erfolgsversprechend.
25' Die spanischen Dementoren
Die Spanier sind derzeit eine Art Dementoren: Sie saugen die Freude aus den Schweizer Nationalspielern. Immer haben sie den Ball. Und wenn sie ihn mal haben, dann klappt derzeit einfach ganz wenig.
23' Embolo raus
Dieser Abend beginnt wirklich ganz mies. Breel Embolo muss verletzt raus. Für ihn kommt Ruben Vargas. Das ist der junge Mann, der gegen Frankreich seinen Elfmeter mit etwas Glück verwandelt hat.
Klimax
Kurzer Einschub für die Wortschatz-Diskussion: Erinnert mich an die Ökologie-Vorlesungen. Klimax (also das Gegenteil von Antiklimaktisch) ist eine Art Endzustand der Vegetation. Wenn ich mich recht entsinne, ist der Wald das höchste der Gefühle in Sachen Vegetation. Hoffen wir also, dass sich alles umdreht und die Bäume für die Schweizer doch noch in die Höhe wachsen.
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