Getöteter Wildcamper am RheinDem Täter drohen 15 Jahre Gefängnis
Drei Monate nach dem brutalen Tod eines 31-jährigen Schweizers am deutschen Rheinufer bei Jestetten hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben und nennt neue Hintergründe zum Fall.
Er wollte Anfang Juni eine Nacht unter freiem Himmel am Rheinufer verbringen und bezahlte das geplante Naturerlebnis mit seinem Leben. Spaziergänger fanden den Leichnam des 31-jährigen St. Gallers am nächsten Morgen mit massiven Kopfverletzungen an einer kleinen Badestelle bei Jestetten, an der zwischen zwei Bäumen auch eine Hängematte aufgespannt war.
Obwohl Spezialkräfte zwei Wochen später einen 39-jährigen Tatverdächtigen in der Nachbargemeinde Lottstetten festnehmen konnten, blieben die Umstände der Tat rätselhaft.
Mit Holzscheit auf Kopf eingeprügelt
Doch nun hat die Sonderkommission der Kriminalpolizei Freiburg im Breisgau ihre Ermittlungen abgeschlossen, und die zuständige Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen hat Anklage wegen Totschlags gegen den 39-Jährigen erhoben, wie sie am Dienstag mitteilte.
Die Anklage wirft dem aus Lettland stammenden Bauarbeiter vor, gegen 22 Uhr mit einem ein Meter langen Holzscheit mindestens achtmal auf Gesicht und Kopf des Wildcampers eingeschlagen zu haben. Das Opfer starb noch vor Ort an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas.
Für ihre Ermittlungen haben die Kriminalbeamten zahlreiche Zeugen aus Deutschland, der Schweiz und Lettland befragt und die elektronischen Geräte des Getöteten und des Tatverdächtigen auf digitale Spuren ausgewertet. Inzwischen gehen die Ermittler davon aus, dass der 39-Jährige und sein Opfer erstmals am Abend der Tötung aufeinandertrafen.
Da der Tatverdächtige von seinem Recht Gebrauch macht, die Aussage zu verweigern, bleiben seine Beweggründe für die mutmassliche Tötung des 31-jährigen Wildcampers weiterhin unklar. Auch die Polizei konnte das mögliche Tatmotiv nicht ermitteln, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.
Tatverdächtiger galt zuerst als Zeuge
Mit einer «Vielzahl» rechtsmedizinischer und kriminaltechnischer Gutachten erhärtete die Polizei jedoch den dringenden Tatverdacht gegen den 39-Jährigen. Kriminaltechniker sicherten am Opfer, am Holzscheit und an einem am Tatort aufgefundenen Zigarettenstummel entsprechende Spuren. Sie stimmen nach molekulargenetischen Untersuchungen mit der DNA des Tatverdächtigen überein.
Dieser wurde von der Polizei zunächst – wie viele andere Anwohner auch – als möglicher Zeuge befragt und erklärte sich bereit, freiwillig eine DNA-Probe abzugeben. Sie lieferte schliesslich den entscheidenden Treffer, der zur spektakulären Festnahme auf dem Parkplatz des Discounters Lidl in Lottstetten führte.
Bereits 10 Jahre wegen Mordes im Gefängnis
Auch weshalb für die Festnahme eigens ein Spezialeinsatzkommando aus dem Grossraum Stuttgart angefordert wurde, scheint nun klarer: Der Tatverdächtige wurde bereits im Alter von 21 Jahren wegen Mordes in Lettland verurteilt und verbüsste dort eine zehnjährige Freiheitsstrafe. 2015 kam er frei. Siebzehn Tage vor der Tat war der 39-Jährige nach Deutschland eingereist, um auf einer Baustelle in der deutsch-schweizerischen Grenzgemeinde Klettgau zu arbeiten.
Der Prozess am Schwurgericht Waldshut-Tiengen soll noch in diesem Jahr beginnen. Bei einer Verurteilung drohen dem 39-Jährigen bis zu fünfzehn Jahre Gefängnis. Zudem werde auch die Anordnung einer anschliessenden Sicherheitsverwahrung zu prüfen sein, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
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