Zwei Männer verhaftetZürcher Behörden stellen Gemälde aus Serbien sicher, das vor 28 Jahren gestohlen wurde
Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat bei Hausdurchsuchungen ein gestohlenes Gemälde sichergestellt. Das Bild gilt in Serbien als bedeutendes nationales Kulturgut.
Von «filmreifen Szenen» berichten serbische Medien. Folgendes soll sich abgespielt haben: Am Mittwoch stürmten Polizisten der serbischen Spezialeinheit SBPOK (organisierte Kriminalität) ein Haus in Belgrad. Sie hatten Hinweise darauf erhalten, dass einige Leute ein Gemälde namens «Blagoveštanski sabor» des Malers Vlaho Bukovac (1855–1922) verkaufen wollten. Angeblich für 600’000 Euro.
Das Bild war 1993 aus einem Schloss in Serbien, nahe an der Grenze zu Bosnien-Herzegowina, gestohlen worden. Seither galt es als vermisst.
Als die serbischen Polizisten das Haus in Belgrad betreten hatten, stellten sie fest, dass sich das Gemälde nicht hier befand. Ob sie es dann oder schon vorher herausgefunden haben, ist unklar, jedenfalls erfuhren sie, dass das Gemälde in Zürich verkauft werden sollte. So setzten sich die serbischen Behörden mit den Zürcher Kolleginnen in Verbindung.
Ebenfalls am Mittwoch ordnete die Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung in der Stadt Zürich an, wie sie nun in einer Mitteilung schreibt. Dabei wurde das Gemälde sichergestellt. Ausserdem hat die Kantonspolizei zwei Männer im Alter von 44 und 76 Jahren verhaftet.
Der Fall hat auch eine politische Dimension
Die Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen die beiden Männer eröffnet. Sie werden verdächtigt, «strafrechtlich relevante Vermögensdelikte» begangen zu haben, wie es in der Mitteilung heisst. Für den 76-Jährigen hat die Staatsanwaltschaft inzwischen beim Zwangsmassnahmengericht einen Antrag gestellt, um den Mann in Untersuchungshaft zu stecken. Der 44-Jährige wurde gestern Donnerstag aus der Haft entlassen. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.
In Kooperation mit den serbischen Behörden werden nun die weiteren Ermittlungen getätigt. Erich Wenzinger, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, erklärte, wegen der laufenden Ermittlungen könne er nicht mehr über diesen Fall sagen.
Der Künstler Vlaho Bukovac ist in der Nähe der Stadt Dubrovnik im heutigen Kroatien aufgewachsen. Er war der Sohn eines italienischen Matrosen. Ursprünglich hiess er Biagio Faggioni. Später war Bukovac Hofmaler mehrerer serbischer Königshäuser. Sein bekanntestes Gemälde heisst «Une fleur», ein Aktbild einer jungen Frau. Bukovac malte es 1887. Bei einer Auktion in London wurde es 2006 für 100’000 englische Pfund von einem privaten Sammler ersteigert.
Besonders in serbisch-nationalistischen Kreisen wird Bukovac heute verehrt. Das nun aufgetauchte Gemälde hat daher auch eine politische Dimension. Das Bild zeigt eine Versammlung serbischer Eliten von 1861. Damals wurde die Schaffung einer autonomen Region Serbien diskutiert (gegen die Interessen des Königreichs Österreich-Ungarn, das Serbien zu dieser Zeit kontrollierte). «Blagoveštanski sabor» kann mit «Verkündigungsrat» übersetzt werden.
Was passiert nun mit dem Gemälde? «Es besteht die Absicht, das Gemälde den rechtmässigen Besitzern zurückzugeben», sagt Erich Wenzinger von der Zürcher Staatsanwaltschaft. Derzeit würden entsprechende Abklärungen laufen, «in enger Abstimmung mit den serbischen Behörden». Über den genauen Zeitpunkt einer allfälligen Rückgabe könne man momentan keine Angaben machen.
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