Störaktion gegen «Marsch fürs Läbe»Frau küsst Frau auf Bühne vor konservativen Abtreibungsgegnern
Beim «Marsch fürs Läbe» in Oerlikon war die Stadtpolizei mit einem Grossaufgebot vor Ort, um Zusammenstösse zu unterbinden. Dennoch kam es zu einem Zwischenfall.
Fünf Minuten, und dann waren sie eingekesselt. Eine Gruppe von etwa 60 Personen, schwarz gekleidet und vermummt, näherte sich vom Sternen Oerlikon dem Marktplatz – wo die Abtreibungsgegner sich vor dem «Marsch fürs Läbe» zur Kundgebung versammeln wollten. Die Gegendemonstrierenden skandierten Parolen und trugen ein Transparent mit sich: «Unsere Körper, unsere Strassen».
Aber weit kamen sie nicht: Etwa 30 Polizisten in Vollmontur umzingelten sie in Windeseile, sie setzten Pfefferspray ein und sperrten die Strasse mit Einsatzwagen und Polizeiband ab. Im Verlauf des Tages sollte die Stadtpolizei insgesamt acht Personen festnehmen und über 150 kontrollieren und wegweisen.
Davon bekamen die Leute auf dem Marktplatz vorerst nicht viel mit. Die Polizei war im Gebiet seit Mittag präsent, hatte schon mehrere Personen kontrolliert und Wegweisungen ausgesprochen. Der Platz war früh mit Gittern abgesperrt worden. Neuankömmlinge mussten ihre Taschen kontrollieren lassen, über dem Gebiet kreiste ein Polizeihelikopter. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich erst ein paar Hundert Menschen für den «Marsch fürs Läbe» versammelt. Das schlechte Wetter sei schuld, sagte Mediensprecherin Beatrice Gall.
Zwischenfall auf dem Marktplatz
Autonome versuchten weiter, die Veranstaltung zu stören. Auf der Bühne kam es dann zu einem Zwischenfall: Eine Frau, die angeblich über eine bereute Abtreibung sprechen wollte, entpuppte sich als Abtreibungsbefürworterin. Ihr Körper gehöre ihr und niemandem sonst, sagte sie und küsste auf der Bühne eine andere Frau. Die Organisatoren wiesen sie von der Bühne. Folgen hatte der Auftritt für sie vorerst keine: Die Polizei liess die ungebetene Rednerin gehen, wie die NZZ berichtete.
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Schon mehr im Sinn der Veranstalter war da das Grusswort des Churer Bischofs Joseph Maria Bonnemain: «Jedes menschliche Leben hat einen unsagbaren Wert.» Oder der Auftritt der blinden Sängerin Bernarda Brunovic aus der TV-Show «The Voice of Germany», deren Eltern einst den Rat der Ärzte in den Wind geschlagen und sich gegen eine Abtreibung entschieden hatten.
Derweil formierten sich die Gegendemonstrierenden wieder neu. Einmal versuchten sie, eine Polizeisperre zu durchbrechen – die Einsatzkräfte reagierten mit Gummischrot und Reizstoff. Als sich der «Marsch fürs Läbe» dann kurz vor 16 Uhr mit gehöriger Verspätung in Bewegung setzte, skandierten etwa 50 Vermummte laute Parolen wie «Ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine». Die Polizei liess sie in kontrolliertem Abstand gewähren. Unter Polizeischutz und begleitet von Buhrufen und gereckten Mittelfingern zog der Marsch durch Oerlikon.
Mit satanischem Ritual vergrault
Im Vorfeld des «Marschs fürs Läbe» hatten Gruppierungen aus dem linken und autonomen Lager – wie bereits in den Vorjahren – zu Störaktionen aufgerufen. So hatten Unbekannte auf den sozialen Medien ein Video hochgeladen, in dem zu sehen war, wie sie den Marktplatz «in einer sehr aufwendigen Zeremonie» zusammen mit «satanischen Hohepriestern aus ganz Europa» dem Teufel geweiht hatten.
Aktivisten hatten zudem ihre Slogans an die Fassaden gesprayt, etwa beim ehemaligen Swissôtel beim Bahnhof und bei der Kirche, welche die Abtreibungsgegner als Veranstaltungsort gewählt hatten.
Von einem Balkon entlang der Umzugsroute hing ein Transparent: «Hätt’ Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben.»
Bereits die zwölfte Durchführung
Es ist bereits das zwölfte Mal, dass der «Marsch fürs Läbe» stattfand. Diverse christliche Organisationen, die konservativ-christliche Partei EDU und die Stiftung CH hatten unter dem Motto «24 Stunden für ein Leben» zum Protest gegen Abtreibungen aufgerufen. Auf ihren Flyern wurde auf zwei aktuelle Initiativen hingewiesen: «Einmal darüber schlafen» und «Lebensfähige Babys retten».
Erstere sieht vor, dass mindestens 24 Stunden zwischen einem Beratungsgespräch und dem Schwangerschaftsabbruch vergehen müssen. In der zweiten wird gefordert, dass Abtreibungen praktisch in allen Fällen verboten sind, sobald das Kind ausserhalb des Mutterleibs lebensfähig ist. Also etwa ab der 22. Woche.
Um 17 Uhr wars vorbei – Sprecherin zieht positives Fazit
Die Strecke des Umzuges musste diesmal verkürzt werden. Nach etwa 30 Minuten kehrten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den Marktplatz zurück. Und wieder wurden sie dort mit «Haut ab!»-Rufen von ihren Gegnerinnen und Gegnern eingedeckt. Bald darauf löste sich diese Gruppierung auf. Kurz nach 17 Uhr war der Sternen Oerlikon wieder für den öffentlichen Verkehr zugänglich.
Die Mediensprecherin des «Marschs fürs Läbe», Beatrice Gall, zieht ein positives Fazit. Zwar hätten sie auf mehr Teilnehmer und Teilnehmerinnen gehofft, aber anvisiert sei eine vierstellige Zahl gewesen, und schliesslich hätten sich doch «knapp tausend Personen» am Marsch beteiligt. Die Störaktion sei für sie eine Kleinigkeit gewesen, sagte sie, da sei man sich an anderes gewöhnt.
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