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Corona-Krise in den USA
Trumps gefährliche Blockadehaltung

Von «Pandemie-Müdigkeit» spricht die Weltgesundheitsorganisation: Die USA hatten keine Sommerpause von Covid-19, Szene in San Francisco.
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Es ist die beste Corona-Woche in den USA, und es ist die schlimmste Corona-Woche in den USA.

Da sind die guten Neuigkeiten über die Impfstoffe, die bald zur Verfügung stehen werden, und über die neuen Schnelltests für zu Hause, die von den US-Gesundheitsbehörden soeben zugelassen wurden. Da ist aber auch die nächste, deprimierende Wegmarke, welche die Amerikanerinnen und Amerikaner zur Kenntnis nehmen müssen: Mehr als 250’000 Menschen sind nun an den Folgen des Coronavirus gestorben.

Eine Viertelmillion Tote, das sind in absoluten Zahlen so viele wie in keinem anderen Land. Und angesichts der rasenden Geschwindigkeit, mit der sich das Virus gerade verbreitet, wird es nicht dabei bleiben.

Dringende Aufrufe

Es gibt wohl kein Land, in dem die Menschen nicht in der einen oder anderen Form unter dem leiden, was die Weltgesundheitsorganisation «pandemic fatigue» nennt: Pandemie-Müdigkeit. Aber vielleicht ist diese Müdigkeit bei den Amerikanern noch ein bisschen stärker ausgeprägt als anderswo.

Es hat in den USA anders als in Europa keine Sommerpause von Corona gegeben. Die Pandemie war immer da, die Restriktionen auch, und selbst an den besten Tagen steckten sich Zehntausende Menschen mit dem Virus an. Zuletzt kamen täglich 160’000 neue Corona-Fälle hinzu – fast fünfmal so viele wie im Frühling.

Nun, am kommenden Donnerstag, ist Thanksgiving. In normalen Zeiten ist das Fest für viele Amerikaner die wichtigste und oft einzige Gelegenheit des Jahres, um ihre Familien zu sehen. Und auch dieses Jahr wollen viele reisen und sich mit ihren Verwandten treffen, trotz der Pandemie – oder vielleicht gerade deswegen.

Besser ein «Zoomgiving»

Das hat zu dringenden Aufrufen von Gesundheitsexperten geführt, die befürchten, dass die Zahl der Infektionen nach solchen Treffen noch viel stärker steigen wird. Anthony Fauci, der führende Immunologe der US-Regierung, absolviert in diesen Tagen einen Medienauftritt nach dem anderen, um seinen Landsleuten von einer klassischen Thanksgiving-Feier abzuraten. Er selbst werde seine Kinder per Videotelefon zuschalten, wenn er den Truthahn schneide. In den sozialen Medien ist schon von «Zoomgiving» die Rede.

Auch die Regierungen der besonders betroffenen Bundesstaaten des Mittleren Westens sprechen deutliche Warnungen aus. Die Amerikaner sollten dieses Jahr an Thanksgiving zu Hause bleiben, schreiben sieben Gouverneure in einem seltenen überparteilichen Aufruf.

Überlastete Spitäler: Häftlinge im texanischen El Paso transportieren die Leichen von Corona-Opfern ab.

Ein Blick auf die Corona-Zahlen zeigt, woher die Angst rührt: In Iowa etwa fällt derzeit die Hälfte aller Corona-Tests positiv aus – ein klarer Hinweis darauf, dass die Pandemie ausser Kontrolle geraten ist. Auch in vielen anderen Gegenden sind die Spitäler überlastet.

Trumps Blockade und Bidens Warnung

Kompliziert wird die Lage – nicht zum ersten Mal – durch Donald Trump. Der Präsident hat zur Corona-Lage nicht viel zu sagen. Stattdessen verschanzt er sich seit seiner Abwahl im Weissen Haus. Dort blockiert er eine geordnete «transition», die Amtsübergabe an Joe Biden, dessen Wahlsieg Trump noch immer bestreitet und gerichtlich anzufechten versucht.

Bidens Leute erhalten keinen Zugang zu Unterlagen und Büros, sie dürfen sich auch nicht in Verbindung setzen mit Mitarbeitern der jetzigen Administration, um einen reibungslosen Übergang vorzubereiten, wie das sonst üblich ist.

«Mehr Leute werden sterben, wenn wir uns nicht absprechen.»

Joe Biden, gewählter Präsident

Joe Biden selbst spielte Trumps Blockade zunächst herunter. In den vergangenen Tagen hat er jedoch seinen Ton verschärft. Wenn Trump nicht rasch Hand biete zu einer geordneten Amtsübergabe, habe dies Konsequenzen für den Kampf gegen die Pandemie: «Mehr Leute werden sterben, wenn wir uns nicht absprechen», sagte Biden. Er warnte, dass bis zu seiner Amtseinführung am 20. Januar mit 200’000 zusätzlichen Corona-Toten gerechnet werden müsse, wenn sich nicht schnell etwas ändere.

Bidens Berater sorgen sich vor allem darüber, dass es zu Verzögerungen bei der Verteilung der Impfstoffe kommen könnte. Diese Verteilung an Hunderte Millionen Amerikaner ist logistisch kompliziert. «Das wird eine riesige, riesige Herausforderung», sagte Biden. «Wenn wir bis am 20. Januar warten müssen, um mit der Planung zu beginnen, versetzt uns das in einen Rückstand.»

«Das hört nur auf, wenn die Leute aufstehen»

Von Trump war zu all dem nichts zu hören. Dafür meldeten sich in den Medien einige seiner Verbündeten zu Wort. Scott Atlas, einer von Trumps wissenschaftlichen Beratern, kritisierte in einem TV-Interview die Warnungen vor Familienfeiern an Thanksgiving. Es spreche nichts dagegen, sich mit älteren Familienmitgliedern zu treffen. «Für viele Leute wird es das letzte Thanksgiving sein», sagte er.

Zuvor hatte Atlas in einem Tweet die neuen Corona-Restriktionen attackiert, die der Bundesstaat Michigan angeordnet hat: «Das hört nur auf, wenn die Leute dagegen aufstehen. Man erhält, was man akzeptiert.»

Ähnlich äusserte sich auch Kayleigh McEnany, die Sprecherin des Weissen Hauses. Sie kritisierte die Corona-Massnahmen, die von vielen Bundesstaaten erlassen wurden, und verglich sie mit Massnahmen eines diktatorischen Regimes. «Das amerikanische Volk weiss selbst, wie es seine Gesundheit schützen muss», sagte McEnany. «Wir bewältigen Covid schon seit vielen Monaten.» Und wie.

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