Vier Frauen sind freiHamas lässt vier israelische Geiseln frei nach makabrer Show in Gaza-Stadt
Die israelischen Soldatinnen kommen nach 15 Monaten Geiselhaft endlich wieder in ihre Heimat. Israel entlässt 200 palästinensische Häftlinge.

Die Fernsehbilder sind anders als vor einer Woche: Vier Frauen wurden an diesem Samstagvormittag von der islamistischen Hamas aus der Geiselhaft entlassen, die Soldatinnen Liri Albag, 19 Jahre alt, sowie Naama Levy, Karina Ariev und Daniella Gilboa, die alle 20 Jahre alt sind. Während am vergangenen Sonntag Fernsehsender zeigten, wie drei Frauen inmitten einer chaotischen Menschenmenge übergeben wurden – umringt von Schaulustigen und schwarz-grün vermummten Hamas-Mitgliedern – hatte sich die Hamas an diesem Samstag anders vorbereitet.
Die Soldatinnen trugen Uniformen, vor der geplanten Übergabe an Helfer des Internationalen Roten Kreuzes wurden sie auf eine Bühne auf dem Palästinaplatz in Gaza-Stadt geführt, auf der auch ein Schreibtisch mit zwei kleinen palästinensischen Flaggen und ein kleines Bild des Felsendoms standen. Von dort winkten sie in die Menge. Hinter ihnen war ein Banner aufgestellt, mit Botschaften auf Arabisch und Englisch an die Welt. «Die palästinensischen Freiheitskämpfer werden immer die Sieger sein», war eine davon. Rechts und links, gerade aufgereiht, standen vermummte und bewaffnete Kämpfer der Hamas.
Das Bild, das hier transportiert werden soll, ist klar: Die Hamas möchte wie eine nach wie vor gut strukturierte und mächtige Organisation wirken, auch nach mehr als fünfzehn Monaten Krieg. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari kritisierte die «zynische» öffentlichen Zurschaustellung der jungen Frauen vor der Übergabe an das Rote Kreuz.
Die Übergabe der Geiseln an diesem Samstag ist Teil eines mehrstufigen Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und Hamas. Im Austausch für die israelischen Geiseln sollen auch Hunderte palästinensische Häftlinge entlassen werden. Ausserdem sind Hilfslieferungen nach Gaza und eine Feuerpause Teil des Deals. Die Waffenruhe, auf die sich Israel und die Hamas vor zehn Tagen geeinigt haben, soll zunächst sechs Wochen dauern. Sie trat vergangenen Sonntag mit der Übergabe der ersten drei Geiseln in Kraft.
Die vier Namen sorgen auch für Irritationen
Ausgemacht war auch, dass die Hamas die Namen der Geiseln, die sie freigibt, jeweils am Vortag bekannt gibt. Die Namen der vier Soldatinnen, die die Hamas am Freitag nannte, hatten allerdings in Israel nicht nur für Freude, sondern auch für Irritationen gesorgt. Denn eigentlich hätten zuerst Zivilistinnen übergeben werden sollen, nicht Soldatinnen. «Die Hamas hat sich nicht an die Absprache gehalten», sagte ein Armeesprecher deshalb am Samstag. Man sei «extrem besorgt» über die zivilen weiblichen Geiseln, die sich noch im Gazastreifen aufhalten sollen, wie etwa Arbel Yehoud und Shiri Bibas.

Auch Angehörige der nun freigelassenen Liri Albag brachten am Vorabend ihre getrübte Freude zum Ausdruck. Sie seien sehr froh darüber, dass Albag frei komme – aber mit Blick auf die Frauen, die zurückblieben, sei «ihr Herz gebrochen», zitierte sie die israelische Zeitung Haaretz.

Die vier Soldatinnen, die mittlerweile nach Auskunft des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Israel angekommen sind, sollten zunächst ärztlich untersucht und laut der Nachrichtenseite ynet nach Ankunft auf israelischem Gebiet direkt ihre Eltern treffen. Anschliessend sollen die Frauen dann in eine Klinik bei Tel Aviv gebracht werden, wo sie auch weitere Angehörige treffen. In Tel Aviv warteten zahlreiche Menschen auf die Nachricht über die Freilassung der Geiseln.
Im Austausch für die Frauen kommen 200 palästinensische Häftlinge frei
Das Abkommen sieht vor, dass Israel für jede Soldatin 50 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen entlässt, darunter 120 Personen, die wegen tödlichen Attacken auf Israelis eine lebenslange Haftstrafe verbüssen. Insgesamt kamen im Austausch für die Frauen am Samstag 200 palästinensische Häftlinge frei. Ein Teil wurde in Bussen nach Ramallah im Westjordanland gebracht. Etwa 70 der Häftlinge wurden gemäss dem Abkommen wegen ihrer schweren Straftaten nach Ägypten gebracht.
Nach der Übergabe der israelischen Soldatinnen übertrug der Fernsehsender Al Jazeera weiterhin Bilder aus Gaza Stadt. Zu sehen war noch immer die Bühne mit dem Banner. Mittlerweile sassen Jugendliche auf der Kante, Frauen und Männer liefen darauf herum. Dort, wo vorher die Hamas-Leute standen, waren nun wieder die Schuttberge zu sehen.
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