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Analyse zu Hongkong
Fünf Jahre Haft für das Entzünden einer Kerze

Nicht mehr erlaubt: Menschen in Hongkong gedenken der Opfer des Tiananmen-Massakers vom 4. Juni 1989 in Peking.
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Fünf Jahre ist die Höchststrafe für all jene, die es an diesem Freitag, 4. Juni, wagen werden, in Hongkong auf die Strasse zu gehen. Seit mehr als drei Jahrzehnten erinnern die Menschen der chinesischen Sonderverwaltungszone in einer Gedenkfeier an die Opfer des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens. Das ist jetzt vorbei.

Nur eine Minderheit sollte das sogenannte «Sicherheitsgesetz» betreffen. Das hat Peking versichert, als es das Gesetz vor einem Jahr erliess. Die Grundrechte sollten unangetastet bleiben, Meinungs- und Medienfreiheit nicht eingeschränkt werden. Die Welt hat Peking allzu gerne geglaubt. Erst müsse man sehen, wie China das Gesetz anwende, hiess es. Ein Art Vertrauensvorschuss für Peking, als hätte es zwei Deutungsmöglichkeiten gegeben.

Schritt für Schritt entkernt Peking das demokratische System von Hongkong.

Fünf Jahre Haft stehen jetzt auf das Entzünden einer Kerze. Das ist Hongkongs neue politische Realität. Und die Zerstörung hört nicht auf. Mit der radikalen Wahlrechtsänderung ist Hongkongs demokratisches System ausgehebelt. Auch wenn die letzten Bezirkswahlen gezeigt haben, dass eine grosse Mehrheit die Forderungen nach demokratischen Reformen unterstützt. Oppositionskandidaten wird es kaum mehr möglich sein, ins Parlament einzuziehen. Schritt für Schritt entkernt Peking das demokratische System.

Der Medienunternehmer Jimmy Lai, der Peking öffentlich herausgefordert hat, ist erneut zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Die Sicherheitsbehörden haben erstmals auch seine Banken bedroht, um seine chinakritische Zeitung «Apple Daily» in die Knie zu zwingen. Ihr Ende naht und steht für das Schicksal einer ganzen Branche. Journalisten werden bedroht oder aus der Stadt ausgesperrt.

Journalismus ist ein Verbrechen

Jüngst hat ein Gericht eine Demokratin in Haft behalten, weil sie Nachrichten mit internationalen Medien austauschte. Interview mit einem Korrespondenten als Kollaboration mit ausländischen Kräften? Journalismus ist hier jetzt offiziell ein Verbrechen. Nichts ist mehr, wie es war in der Stadt, die einst als Insel der Freiheit galt.

Die prodemokratischen Aktivisten sind in die Illegalität vertrieben, Tausende Aktivisten inhaftiert. Eine ganze Generation junger Menschen weggesperrt, traumatisiert und gefangen in einer Stadt, die keine Zukunft mehr für sie bietet. Wer kann, verlässt die Metropole. Es ist eine Fluchtbewegung Hunderttausender Menschen vor den Augen einer Welt, die sich entschieden hat zu schweigen. (Lesen Sie zum Thema ein Interview mit Lord Chris Patten, früherer Gouverneur von Hongkong: «China ist gefährlich für die Welt».)

Hongkong ist ein Mahnmal geworden, das niemand sehen will.

Wie kein anderer Ort der Welt ist die Stadt zu einem Symbol dafür geworden, was es bedeutet, wirtschaftlich abhängig zu sein von China. Die Metropole ist ein Mahnmal geworden, das niemand sehen will. Auch zwei Jahre nach Ausbruch der Massenproteste hat das chinesische Vorgehen in Hongkong kaum Konsequenzen. Für den Rest der Welt sieht das aber anders aus.

Die Zügellosigkeit autokratischer Regime hat nicht in Hongkong angefangen. Sie hat dort aber auch nicht aufgehört. Mit ihrem Schweigen hat die Weltgemeinschaft Pekings Taten toleriert. Die Folgen sind nicht nur bei Konflikten wie im Südchinesischen Meer zu erleben, bei denen China immer rigoroser Tatsachen schafft. Sie lassen sich auch in anderen Ländern finden, wenn Diktatoren Flugzeuge vom Himmel holen oder eine Militärregierung ihr Volk niedermetzelt.

Die Menschen in Hongkong haben ihre Freiheit zu verlieren. Die freie Welt ihre Glaubwürdigkeit.