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Microsoft-System im Alltag
8 Monate Windows 11 – das Fazit

Bislang gibt es nur wenig Gründe, Microsofts Fingerzeig zu folgen: Ein Werbeplakat für Windows 11 in Hongkong.
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Vor einem Jahr hat Microsoft den Nachfolger von Windows 10 vorgestellt. Damals war mein Urteil klar: Er dient in erster Linie dazu, die PC-Verkäufe anzukurbeln. Microsoft hat die Anforderungen des Systems so hoch angesetzt, dass selbst manch neuer Windows-10-PC ihm nicht gewachsen war. Da Windows 10 nur noch bis zum Oktober 2025 unterstützt werden wird, müssen inkompatible Geräte bis dahin ersetzt werden. Das ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit. Und es stellt einen Widerspruch zum Versprechen dar, das Microsoft bei der Lancierung von Windows 10 abgegeben hat. Das sei, hiess es damals, «die letzte Windows-Version». In der Folge sind viele Nutzer natürlich davon ausgegangen, dass sie Windows 10 so lange benutzen können, wie sie lustig sind.

Unter den Voraussetzungen hat Windows 11 einen schweren Stand: Es ist das Betriebssystem, das es gar nicht geben würde, wenn Microsoft die eigenen Ansprüche erfüllt hätte. Und so gross mein Groll auch war, hatte ich Anfang Jahr den Umstieg trotzdem vollzogen. Denn als Kunde sitzen wir am kürzeren Hebel – nur aus Trotz oder Prinzip einen neuen Computer mit einem alten Betriebssystem zu kaufen, ist keine kluge Entscheidung.

Die Startschwierigkeiten beseitigen

Beim ersten Start macht es Windows 11 seinen Nutzern nicht leicht: Der Startknopf, der in der Taskleiste zentriert ist, läuft jeglicher Gewohnheit zuwider, die sich die Nutzer seit Windows 95 angeeignet haben. Zum Glück lässt sie sich über die Einstellungen bei «Personalisierung > Taskleiste» im Abschnitt «Verhalten der Taskleiste» linksbündig anordnen, wie es sich gehört. An dieser Stelle lässt sich die Chat-Funktion von Microsoft Teams deaktivieren, wenn sie nicht benötigt wird, ebenso die «Widgets»: Das ist eine Anzeige mit Schlagzeilen, Wetter und Fotos, die mit konzentrierter Arbeit nicht vereinbar sind.

Das Startmenü muss erst einmal entrümpelt werden – zumindest, wenn Tiktok, Amazon Prime, Disney+ und Xbox nicht zu Ihren bevorzugten Apps gehören.

Auch das Startmenü muss erst einmal von den Apps befreit werden, die Microsoft uns schmackhaft machen will, die die meisten Nutzer jedoch nicht benötigen. Dazu gehören Amazon Prime Video; Xbox, Disney+ und Tiktok. Weitere Tipps, wie man Windows 11 startklar macht, gibt der Beitrag Elf heisse Tipps für Windows 11.

Die Gewöhnungsphase einleiten

In Windows 11 hat sich optisch einiges verändert, insbesondere das Startmenü, der Explorer zum Verwalten der Dateien und die Einstellungen-App für die Konfiguration. Trotz des neuen Looks sind Startschwierigkeiten schnell überwunden, weil sich das System beim Arbeiten genauso anfühlt wie seit eh und je. Mit einiger Routine kann selbst ein Skeptiker wie ich den Neuerungen etwas abgewinnen: Denn während Windows 8 und das nachfolgende Windows 10 mit seiner Kachelumgebung und den Tablet-Funktionen auf Biegen und Brechen revolutionär sein wollte, hält Windows 11 sich dezent im Hintergrund.

Und es ist unverkennbar, dass Microsoft zur Erkenntnis gelangt ist, dass PCs im Vergleich zu Smartphones und Tablets viel zu kompliziert sind. Das zeigt sich exemplarisch beim Explorer, dem Datenverwaltungsprogramm: Microsoft hat das mit Befehlen vollgestopfte Menüband durch eine simple Symbolleiste ersetzt, und das Menü, das bei einem Rechtsklick erscheint, ist im Vergleich zu vorher übersichtlicher und weniger überladen. Das hat zur Folge, dass einige Funktionen nicht mehr direkt oder gar nicht mehr zugänglich sind. In einigen Fällen mag das störend sein und Umgewöhnung erfordern. Doch in der Gesamtbetrachtung überwiegt der Gewinn an Benutzerfreundlichkeit.

Gute Ideen, halbherzig umgesetzt

In Windows 11 finden sich auch einige Neuerungen, die allesamt eines gemeinsam haben: Die zugrunde liegende Idee ist vielversprechend, aber die Umsetzung halbherzig. Drei Beispiele:

Die App Alarm & Uhr: Sie zeigt die Uhrzeit und dient als Wecker (Letzteres allerdings nur, wenn der Computer nicht heruntergefahren wird). Bei Windows 11 ist nebst einer Weltzeituhr und einer Timerfunktion («Zeitgeber» genannt) auch die Rubrik «Fokussitzungen» dazugekommen: Sie will einem beim konzentrierten Arbeiten helfen: Man stellt ein, wie lange man arbeiten will, und lässt anschliessend die Uhr mitlaufen. Bei längeren Arbeitssitzungen räumt einem Windows automatisch Pausen ein. Ausserdem aktiviert die App den «Nicht stören»-Modus, was Unterbrechungen durch Benachrichtigungen verhindern soll. Das mag produktionssteigernd wirken. Leider tut die App nichts dagegen, wenn man während der Fokussitzung Zeit mit einer Spiel-App, mit Youtube oder Facebook vertrödeln will. Es wäre nichts als konsequent, wenn sie den Zugriff auf diese Apps sperren oder mit einer Ermahnung versehen würde.

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Die Snap-Gruppen: Ein guter Anfang, aber die Idee, häufig benutzte Apps zu gruppieren, ist damit noch lange nicht zu Ende gedacht.
Eine Fokussitzung soll beim konzentrierten Arbeiten helfen – die Hürden vor Zeitfressern wie Youtube oder Facebook bleiben aber niedrig.
Ablösung für den Windows Mediaplayer: Bei der Medienwiedergabe-App hat sich Microsoft allerdings kein Bein ausgerissen.

Die Medienwiedergabe-App: In Windows 11 gibt es endlich einen würdigen Nachfolger für den Windows-Mediaplayer, dessen Wurzeln sich bis zu Windows 3.0 zurückverfolgen lassen. Die neue App bietet eine aufgeräumte Oberfläche für Musik- und Videodateien, die auf dem Gerät gespeichert sind. Sie erlaubt es, die Multimedia-Inhalte zu organisieren, in Wiedergabelisten abzulegen und auf vernetzten Lautsprechern abzuspielen. Darüber hinaus hat sie keine der Funktionen, die man von einer modernen App erwarten würde. Die Medienwiedergabe-App unterstützt weder Cloudablagen noch moderne Medienformate wie Podcasts.

Snap-Layouts und Snap-Gruppen: Windows 11 vereinfacht das Fenstermanagement. Über die Snap-Layouts ordnen Sie zwei oder mehr Fenster nebeneinander oder übereinander an: Dazu zeigen Sie mit dem Mauszeiger auf die Maximieren-Schaltfläche, die in der Fensterecke rechts oben zwischen den Knöpfen für Minimieren und Schliessen zu finden ist. So platzieren Sie zum Beispiel Ihre Textverarbeitung und das Notiz-Programm nebeneinander und verwenden beide parallel. (Eine ausführliche Anleitung, sowie Tipps und Tricks dazu gibt es hier.) Die arrangierten Apps bilden eine Snap-Gruppe. Diese Gruppen erscheinen in der Taskleiste als Vorschau, wenn Sie den Mauszeiger auf eine der beteiligten Apps bewegen, sodass alle gruppierten Apps mit einem Klick aktiviert werden können. Das ist hilfreich, aber nicht zu Ende gedacht: Die Snap-Gruppen erscheinen nicht im Taskswitcher. Und es ist auch nicht möglich, sie abzuspeichern – obwohl man auf diese Weise mit einem Klick häufig benutzte Arbeitsumgebungen aktivieren könnte.

Microsoft in der Bringschuld

Microsoft-Chef Satya Nadella hat Windows 11 bei der ersten Ankündigung vor einem Jahr als «wichtigstes Update seit einem Jahrzehnt» bezeichnet. Ein Alltagstest straft diese Behauptung Lügen. Das System erfüllt seinen Zweck, aber das tut der Vorgänger auch – es gibt auch nach acht Monaten seit der offiziellen Lancierung kaum triftige Gründe für den Umstieg. Einzige Ausnahme ist die Sicherheit. Windows 11 setzt einen Chip voraus, der für die Verschlüsselung und die Identifizierung des Nutzers eingesetzt wird und das Gerät wirkungsvoll vor Manipulationen schützt. Diese Verbesserung ist im Alltag jedoch nicht fassbar.

Microsofts Strategie zur Ablösung von Windows 10 krankt auch daran, dass ein Versprechen bislang nicht eingelöst wurde. Windows 11 soll auch Android-Apps ausführen. Das würde das Softwareangebot auf einen Schlag markant ausweiten und viele Apps nutzbar machen, die im Microsoft-Store bislang durch Abwesenheit glänzen. Doch bislang ist das Angebot auf rund 1000 Apps beschränkt und obendrein erst in den USA verfügbar. Bis Ende 2022 werden weitere fünf Länder dazukommen, hat Windows-Chef Panos Panay kürzlich in einem Blogpost angekündigt. Zu diesen Ländern gehören Deutschland, Frankreich und Italien – nicht jedoch die Schweiz.