Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Prozess in Andelfingen
Frauen in Käfig gehalten: Beschuldigter geständig

Ein Ehepaar aus dem Zürcher Weinland soll zwei Frauen als Haussklavinnen gehalten und rund 15 Stunden täglich in einen Käfig gesperrt haben. Prozess im Bezirksgericht Andelfingen. (17. September 2024
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Das Bezirksgericht Andelfingen ist das mit Abstand kleinste der zwölf Gerichte im Kanton Zürich. Nicht so der heute gestartete zweitägige Prozess. Zahlreiche Journalisten und Prozessbeteiligte drängten sich im engen Treppenhaus, um den Worten des Richters zu folgen.

Gustav Wohlenweber, wie er sich im Internet nannte, und seine deutlich jüngere Frau müssen sich bis Mittwoch wegen Freiheitsberaubung sowie arbeits- und ausländerrechtlicher Delikte verantworten. Das Paar aus dem Zürcher Weinland soll zwei ausländische Frauen unter dem Vorwand, sie als Au-pairs oder Putzkräfte zu beschäftigen, als persönliche Haussklavinnen gehalten und täglich rund 15 Stunden in einen Käfig gesperrt haben. Dem Schweizer wird zudem Menschenhandel zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft und Urkundenfälschung vorgeworfen.

Das Bezirksgericht Andelfingen.

Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Mehrere Personen durften nicht in den Gerichtssaal. Nur ein Dutzend akkreditierte Gerichtsberichterstattende sind unter Auflagen zugelassen.

«Diese Anklageschrift ist Sodom und Gomorra»

Einen Satz wiederholte Gustav Wohlenweber bei seiner Befragung Dutzende Male: «Ich anerkenne den Sachverhalt.» Sollte er sich nicht zu allen Anklagevorwürfen umfassend geständig zeigen, könnte der Urteilsvorschlag für das abgekürzte Verfahren platzen. In diesem Fall würde ihm eine höhere Strafe drohen als die beantragte teilbedingte Freiheitsstrafe von 36 Monaten. «Das abgekürzte Verfahren ist noch nicht bewilligt», betonte der vorsitzende Richter.

Dennoch kritisierte der Mittvierziger die Arbeit der Staatsanwaltschaft mehrfach scharf: «Diese Anklageschrift ist Sodom und Gomorra» und «arg zugespitzt», sagte er. Die von ihm eingesperrten Frauen hätten schliesslich auch Freizeit und Ferien gehabt.

Der Beschuldigte bezeichnete das Einsperren der Frauen als «Zeitverbringen im Käfig mit einem Notschlüssel». Es habe die Möglichkeit gegeben, «jederzeit jemanden herbeizurufen», was sich die eingesperrten Frauen laut Staatsanwaltschaft aus Angst vor Bestrafungen nicht getraut hätten. «Jemanden zu fesseln und einzusperren, ist ja nicht verboten, habe ich damals gedacht», erklärte der IT-Manager. Heute habe er aus seinen Fehlern gelernt und mache es nicht mehr.

Ein aktuelles Gutachten attestierte ihm neben seiner sadomasochistischen Neigung eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Das Rückfallrisiko für ähnliche Taten bezeichnete der Psychiater als «hoch». Seit 2019 befinde sich der Beschuldigte freiwillig in Therapie.

Mit Ketten an Hals, Händen und Füssen gefesselt

Als die Befragung seiner mitbeschuldigten Ehefrau beginnt, bricht diese in Tränen aus. Der Beschuldigte steht auf und reicht ihr ein Taschentuch. Von einem Zwang will die Philippinin nichts gewusst haben. «Ich habe meinem Mann vertraut, nicht so viele Fragen gestellt (…) und seine Entscheidungen befolgt.» Erst bei der Polizei habe sie alles erfahren.

«Er hat mich manipuliert (…) und in diese Situation hineinmanövriert», so die Beschuldigte. Zu keinem Zeitpunkt habe jedoch eines der Opfer gesagt, dass es nicht in den Käfig oder gefesselt werden wolle.

Das erste Opfer, Sofia R. (Namen geändert), bestritt dies auf Nachfrage des Gerichts. Mehrmals habe sie die Ehefrau gefragt, warum das Paar sie in den Käfig sperre und mit Ketten an Hals, Händen und Füssen fessle. «Ich hatte das Gefühl, dass die Ehefrau ein schlechtes Gewissen hatte, aber ihrem Mann gehorchen muss», sagte Sofia R. unter Tränen.

Irgendwann habe sich die junge Frau die Fesseln selbst angelegt und die Käfigtür zugemacht. Ihr sei gesagt worden, dass der Käfig und die Fesseln «eine Bedingung der Hotelfachschule» sei. Nur so würde sie ihren Abschluss und ein Visum erhalten.

Die Urteilsverkündung ist am 26. September geplant.