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«Succession», finale Staffel
Folge 9/10 – Hau ab, Tubbeli

Am Begräbnis des Über-Vaters: Die Kinder von Patriarch Logan Roy.
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Habe ich letzte Woche geschrieben, dass Roman in der Poleposition für die Logan-Nachfolge ist? Ich hätte es besser wissen müssen!

Dabei sah das Leben von Roman zu Beginn der neusten Episode noch gewohnt luxuriös und schwungvoll aus. Vor einer gigantischen Fensterfront im 50. Stockwerk überblickte er Manhattan und studierte seine Trauerrede auf seinen Vater ein, der an diesem Tag zu Grabe getragen wurde. So sicher war er sich seiner Worte, dass er dazwischen sich selbst abfeierte; es war der grössenwahnsinnige Monolog eines Überfliegers. King Roman.

Dann wurde der tote König Logan bestattet. Vor der Beerdigung versammelte sich die Familie in einer Kirche zur Abdankung. Kendall bestand darauf, dass es da «nur um den heutigen Tag gehe» (ein Satz, der eigentlich für jeden Tag im Leben der Roys gilt). Will heissen: für einmal keine Giftpfeile und Streitigkeiten.

Rund um die Kirche wars weniger harmonisch. Es gab wegen des vielleicht manipulierten Resultats der Präsidentenwahl in den Strassen Unruhen (die Tom als «tiananmenig» beschrieb). Ein Bild dafür, dass Logans Vermächtnis eigentlich nicht in der Kirche begangen wurde, sondern draussen, in der Wut einer brennenden Nation, die er zu zerstören geholfen hatte.

Fantastischer Auftritt als Logans Bruder: James Cromwell als Ewan Roy.

Der Gottesdienst, besucht von Wirtschaftskapitänen und dem neuen US-Präsidenten Mencken, begann dann mit einer Überraschung: Logans entfremdeter Sozi-Bruder Ewan (fantastisch wie eh und je: James Cromwell), gekleidet in einer Gymilehrer-Tweed-Jacke, trat ungebeten ans Rednerpult. Er erzählte zunächst, wie er und Logan sich als Jungen gegenseitig trösteten, als sie im Zweiten Weltkrieg den Atlantik überquerten, und wie Logan sich selbst die Schuld daran gab, dass seine Schwester an Kinderlähmung starb. Auf den Bänken wich die Skepsis gegenüber Ewan einem gewissen Mitgefühl. War Ewan vielleicht doch Teil der Familie?

Nein. In einer Szene, die man nur durch die Finger vor dem Gesicht verfolgen konnte, weil sie fast nicht auszuhalten war, zog Ewan in der Kirche über seinen Bruder her. Er habe «die schrecklichsten Dinge angerichtet» und viel dazu beigetragen, die Welt kleiner und hässlicher zu machen. 

Das Meisterhafte an der Szene: Ewans autoritativen Worte erzürnten die Roy-Kinder nicht, sondern erschütterten sie. Denn die vernichtende Rede legte offen, was alle Anwesenden wussten, aber sich niemals trauen würden, auszusprechen. 

Noch meisterhafter: Roman, der nun an der Reihe war, erlitt am Rednerpult einen völligen Zusammenbruch. Er hatte seine Gefühle für Logan verdrängt, indem er die Beerdigung als PR-Gelegenheit ansah, als Chance, der Welt mit einer fulminanten Rede zu beweisen, dass er in die Fussstapfen seines Vaters treten kann. Doch nach ein paar gestammelten, tränenerstickten Worten musste er abtreten – und wir sahen Roman als das, was er ist: ein trauriger, gebrochener kleiner Junge, der sein Trauma mit Ego-Gedöns und Beleidigungen kaschiert. Fantastisch gespielt von Kieran Culkin (hoffentlich kriegt er die Rede für den Emmy als bester Seriendarsteller – eine Auszeichnung, die er einfach kriegen muss – besser hin…)

Shivs Winkelzug

Nach Romans Meltdown sprang Kendall ein und legte eine improvisierte Rede hin. Er räumte ein, dass sein Vater sein Umfeld verletzen konnte, aber Ken feierte auch, wie Logan das «blutige, komplizierte Leben» möglich gemacht hat: «Wenn wir nicht mit seinem Elan mithalten können, dann wird die Zukunft weiss Gott träge und grau sein.» Es war eine bewegende, ehrliche Rede. Und der Moment, auf den er sein ganzes Leben lang gewartet hatte: aus dem Schatten seines Vaters zu treten. 

Shivs Worte waren persönlich geprägt, sie erzählte von der Kindheit, von Logan als mürrischem Vater. Letztlich zeichneten die Reden – kurz vor Serienende – ein akkurates Bild von Logan Roy: Auch er war ein verängstigtes, traumatisiertes Kind. Ein Einwanderer. Ein Erbauer eines Imperiums. Der Zerstörer von Menschen und Firmen. Der gefürchtete Vater, der selber nie wusste, wie man ein Vater ist.

Ken mit US-Präsident Mencken.

Kaum war ausgetrauert, drehte sich das Nachfolge-Karussell wieder. Kendall beschloss, aus Romans katastrophalem Auftritt Kapital zu schlagen, und schmiss sich an Mencken heran. Er versuchte, den neuen US-Präsidenten zu überzeugen, den Gojo-Deal mit Mattson platzen zu lassen. Blöder- und lustigerweise wurde er dabei immer wieder von peinlichen Familienmitgliedern unterbrochen: Zuerst stellte sich Greg ungefragt Mencken vor, dann Connor. 

Shiv hatte mehr Glück. Sie entriss Mencken ihrem Bruder (»Ich bin ihr Extraktions-Team») und stellte ihn Mattson vor. Die beiden verstanden sich ausgezeichnet, und es sieht ganz danach aus, dass das Team Shiv/Mattson den Präsidenten auf seine Seite ziehen konnte. Der Gojo-Deal würde dann abgesegnet – mit Shiv als amerikanische CEO von ATN. Was natürlich sofort Fragen betreffend der allerletzten Folge aufwirft (siehe unten).

Dem Top-Drama-Level der Episode Rechnung tragend, schloss die Folge mit Roman, der sich in die Menge der Demonstranten begab, diese anschrie und beleidigte (jemanden fertigmachen ist seine Standard-Strategie, wenn er überfordert ist). Dabei schien es, als ob er sich absichtlich verprügeln liess. Weil es ihm lieber ist, missbraucht zu werden, als sich mit echten Gefühlen auseinanderzusetzen? Wie so oft in «Succession» werden Gefühle gezeigt, nicht erklärt – das überlässt die Serie uns Recappern. Drum:

  • Offene Fragen: Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, wie das Ganze enden wird. Ist es wirklich so einfach: Gojo-Deal blockiert, Shiv strahlende Siegerin, Abspann? Natürlich nicht. Ich vermute mal, dass Mattson Shiv hintergehen wird. Und Greg zum amerikanischen Puppen-CEO ausruft? Warum sonst behalten die Schweden Greg in ihrer Nähe? Oder taucht ein neues Testament auf? Und: Bodyguard Colin! Ken versuchte ihn auf seine Seite zu ziehen, aber Colin schien voller Verachtung. Und man erinnere sich: Colin weiss als Einziger, ausser Kens Geschwistern, dass Ken in Staffel 1 jemanden tötete, wenn auch unabsichtlich. Wandert Kendall in der letzten Folge ins Kittchen?

  • Höhepunkt: Romans Zusammenbruch, das wars dann wohl mit ihm als Nachfolger. 

  • Beste Beleidigung: In der Beerdigungslimousine verriet Shiv ihren Brüdern, dass sie schwanger war. Kendall erkundigte sich, ob es von Shivs Mann Tom sei. Romans Reaktion war noch fieser: «Ist es meins?» Vielleicht bestrafte ihn das Karma kurz darauf ja auch deshalb. Präsi Mencken verspottete Chef-Spotter Roman nach seinem Geheule jedenfalls als «The Grim Weeper» (der grimmige Weiner, Wortspiel mit The Grim Reaper, was auf Englisch Sensenmann bedeutet).

  • Grösste Lächerlichkeit: Roman, der versuchte, sich bei Finanzchef Frank als neuer Boss einzuschleimen. Franks Antwort: «Klar, das Leben ist kurz, wir sollten uns alle lieben» – in einem Tonfall gesagt, der klipp und klar ausdrückte: «Hau ab, Tubbeli». 

  • Luxuriösestes Statussymbol: Logans letzte Ruhestätte: Ein riesiges Mausoleum, das er für fünf Millionen von einem Dotcom-Händler für Tierbedarf gekauft hatte. Ken: «Guter Deal.» Shiv: «Stand Vater in einem Bieterstreit mit Stalin und Liberace?»

«Succession», Sky Show, jeden Dienstag neue Folge. Auch auf RTS.