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Fluchtroute verschiebt sich
Flüchtende erreichen die Schweiz vermehrt über das Tessin

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Eine Verschiebung der Balkanroute hat Folgen für die Schweiz. Am meisten Flüchtende kamen bisher in der Ostschweiz an. Sie gingen von Serbien via Ungarn nach Österreich und erreichten von dort aus die Schweiz. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) sagt, die Migrationsroute von Serbien via Ungarn nach Österreich sei bis Ende Oktober 2022 am stärksten frequentiert gewesen. Diese Route verliere seit zwei Monaten nun aber an Bedeutung. Sie werde dennoch weiterhin genutzt. Gleichzeitig werde die Fluchtroute von Serbien über Bosnien und Kroatien nach Italien (via Slowenien) stärker genutzt. «Für die Schweiz bedeutet diese Routenverschiebung, dass sich die irreguläre Migration teilweise von der Ostgrenze an die Südgrenze verlagert», sagt Samuel Wyss vom SEM.

Auf die Zahl der Asylgesuche in der Schweiz hat dieser Routenwechsel gemäss SEM aber kaum einen Einfluss. Die grosse Mehrheit der Personen, die aus Serbien in Richtung Westeuropa aufbrechen, hat nach Erfahrung des Staatssekretariats eine klare Vorstellung, wo sie hinwill. Meistens gehen sie zu Verwandten oder Bekannten, die bereits in Deutschland, Frankreich oder Grossbritannien leben.

Dass Flüchtlinge von der Türkei oder Griechenland her kommend vermehrt via Kroatien nach Westeuropa weiterreisen, ist deshalb von Interesse, weil der Balkanstaat seit Anfang dieses Jahres Schengen-Mitglied ist. Innerhalb des Schengen-Raums, zu dem auch die Schweiz gehört, gelten keine Grenzkontrollen aus Anlass eines Grenzübertritts. Kroatien steht damit in der Pflicht, die EU-Aussengrenze besonders gut zu schützen.

Kroatien verstärkt Grenzkontrollen

Die Grenze zu Bosnien-Herzegowina ist 900 Kilometer lang und oft unzugänglich. Anfragen über die Wirksamkeit des Grenzschutzes bei der kroatischen Botschaft in Bern bleiben dieser Tage unbeantwortet. In einem Interview mit der «Frankfurter Rundschau» sagte Staatssekretärin Terezija Gras aus dem Innenministerium Kroatiens, ihr Land habe als Vorbereitung auf den Schengen-Beitritt den Grenzschutz stark ausgebaut. Kroatien verfüge heute über 6700 Grenzschutzbeamte. Das sei im europäischen Vergleich viel. «Wir haben mehr als 100 Millionen Euro in die technische Ausrüstung der Grenzpolizei investiert, auch um die Schlepperrouten besser lokalisieren zu können», sagte Gras. 

Wegen der starken Grenzbefestigungen und häufigen Kontrollen an der Grenze zwischen Serbien und Ungarn zieht Kroatien nun aber trotz dieser Investitionen in den Schutz der Schengen-Aussengrenze vermehrt Schlepper und migrierende Personen an.

Asyl, Wegweisung oder Rücküberstellung

Die Folgen an der Schweizer Grenze bekommen dabei auch die Schweizer Grenzwächterinnen und Grenzwächter zu spüren. Sie stossen im Tessin seit November auf mehr irregulär Flüchtende als in der Ostschweiz.

Von September bis und mit November stieg die Zahl illegal eingereister Menschen im Tessin um 1250 auf 3417. Demgegenüber sank die irreguläre Migration in der Ostschweiz zuletzt um rund 1300 Personen auf knapp 3200 Personen. Damit ist die irreguläre Zuwanderung im Tessin erstmals wieder stärker als in der Ostschweiz. Neben den Migrantinnen und Migranten, die die neue Balkanroute nutzten und in die Schweiz kommen, gibt es auch solche, die zuvor über das Meer nach Italien gelangt sind.

Die Grenzkontrollen in der Südschweiz dürften zunehmen: Grenzübergang in Ponte Tresa.

Wie der Schweizer Grenzschutz auf den wachsenden Druck auf die Schweizer Grenze reagiert, sagt das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) «aus einsatztaktischen Gründen» nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass die Grenzkontrollen in der Südschweiz verstärkt wurden. 

Flüchtende, die von Schweizer Grenzschützern aufgegriffen werden und die kein Asyl in der Schweiz beantragen, werden entweder den italienischen Behörden übergeben, oder sie müssen innerhalb einer bestimmten Frist die Schweiz verlassen. Italien nimmt maximal 40 Personen pro Tag zurück. Wie viele es in den letzten Tagen und Wochen tatsächlich waren, sagt David Venetz vom BAZG nicht. Er sagt nur: «Die effektive Anzahl erfolgter Rücküberstellungen kann variieren.»

Korrektur: Am 6.1.2023 um 21.50 Uhr haben wir den Vornamen von Samuel Wyss vom SEM korrigiert. In der ursprünglichen Fassung des Artikels stand ein falscher Vorname.