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Koloss bricht Tabu
Ausgerechnet der Star-Bodybuilder warnt vor seinem Sport

Es war einmal ein schmächtiger Junge aus Ottawa. Der entdeckte mit 14 Jahren seine Leidenschaft fürs Gewichtheben. Chris Bumstead heisst er, ist inzwischen 28 und sieht so aus:

LAS VEGAS, NEVADA - DECEMBER 17, 2022: Chris Bumstead competes in the Classic Physique event during the Olympia Fitness & Performance weekend at Planet Hollywood Resort and Casino on December 17, 2022 in Las Vegas, Nevada. (Photo by Chris Bernacchi/Diamond Images via Getty Images)

Aus dem Buben ist also ein fleischgewordener Herkules geworden – und vierfacher Mr. Olympia in der Kategorie «Classic Physique». Heisst: Selbst dieser Koloss, dessen Bizepsumfang von 51 cm fast so gross ist wie der Oberschenkelumfang eines Durchschnittmanns, spielt in der zweithöchsten Klasse (die oberste heisst «Open Bodybuilding»).

Und trotzdem ist der Kanadier zurzeit einer der bekanntesten Körpertuner der Welt – mit der Absicht, sich dieses Wochenende den nächsten Mr.-Olympia-Titel zu sichern.

Er redet erstaunlich offen über das schlechtest­gehütete Geheimnis der Szene.

Doch so auffällig die Physis von Bumstead ist und so stattlich sein geschätztes Einkommen pro Jahr (5 Millionen US-Dollar), der Mann fällt vor allem durch eines auf: Worte. Denn wo andere Profi-Bodybuilder ganz laut schweigen, redet Bumstead. Und weil er auf Instagram 19,6 Millionen Follower hat, hören ihm entsprechend viele Menschen zu. Wobei: Gemäss Bumstead sind 91 Prozent davon Männer.

Weil dieser Chris Bumstead also einen derart grossen Hebel in den sozialen Medien aufweist und sich seiner Leaderrolle sehr bewusst ist, wagt er den Tabubruch. Er redet erstaunlich offen über das schlechtestgehütete Geheimnis der Szene: dass solche Muskelberge zwar auch dank extremem Training gedeihen – dazu aber auch Chemie gehört.

In seinem Fall ist das primär Testosteron. Mochte er früher keine exakten Mengenangaben machen, um potenziellen Nachahmern keine Blaupause zu liefern, hat er zuletzt davon abgesehen – um vor allem aber darauf hinzuweisen, was er alles seit ein paar Jahren nicht mehr nehme, weil es mit smartem Training auch ohne gehe.

Seine grosse Warnung

«Bodybuilding ist ein potenziell sehr gefährlicher Sport», sagt er in einem langen Youtube-Beitrag. Dann wird er konkret: «Ich möchte wirklich betonen, dass jeder, der ins Bodybuilding einsteigt, sich auf die Grundlagen konzentriert, also Ernährung und Training. Wer ‹Supplemente› verwenden möchte, soll bis zur letzten möglichen Minute warten, wenn er es überhaupt tut, weil es lebenslange negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben kann, auf das Geschlecht, die Libido, die Hormone, Haut, Akne, alles.»

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Diese Aussagen an sich sind wenig bahnbrechend, weil die Folgen von Dopingmissbrauch (auch im Bodybuilding) längst bekannt und beschrieben sind. Dass aber eine noch aktive Grösse derart offen über das Thema redet, ist nahezu beispiellos. Ansonsten pflegten die Stars wie Arnold Schwarzenegger erst nach ihren Rücktritten darüber zu reden – und selten in dieser Tiefe.

Bumstead ging zeitweise gar so weit, einen Wechsel in die offene Kategorie und damit zu den Schwerstgewichten auszuschliessen, weil er ohne deutlich mehr Chemie chancenlos wäre – und er seine Gesundheit priorisiere. Dazu gehören regelmässige Checks seines Blutbildes. Denn eines hat er zuletzt immer wieder klargemacht: Bodybuilding ist für ihn ein Lebensabschnitt und nicht sein Leben.

Und weil er auch nach seinem Rücktritt ein solches haben will, gerne mit Frau und Kindern, verwendet er ein Dopingminimum. Einen Widerspruch aber kann auch Bumstead nicht auflösen: Offiziell ist Doping in seinem Sport verboten, selbst Kontrollen sollen durchgeführt werden. Wenn jedoch ein Star der Szene öffentlich ¨über seinen Dopinggebrauch redet, kann man davon ausgehen, dass Tests primär auf dem Papier stattfinden – oder die Besten wie durch Zauberhand davon verschont bleiben.

Tränen in der Therapie

Bumstead, ein Schnellsprecher und -denker, hat aber sehr viel mehr zu sagen, als nur über Doping zu sprechen. In einem langen Podcast des Briten Chris Williamson (hier zu hören und zu sehen) redet er auch eloquent gegen das Klischee an, dass starke Männer wie er immer stark zu sein hätten.

Früher habe er alle Probleme in sich hineingefressen und versucht, selber damit klarzukommen. Sein Vorbild: der starke Vater, der scheinbar nie Hilfe gebraucht habe. Dank seiner Partnerin und professioneller Hilfe – «mir liefen bei der ersten Therapiestunde die Tränen nur so runter» – habe er gelernt, sich bei Problemen seinem Umfeld anzuvertrauen. «Das hat die Beziehung zu diesem nur noch stärker gemacht.»

Ehrlich redet Bumstead auch darüber, was man sofort hört: dass er lispelt. Er erzählt im Podcast, wie er sich darum klein und nutzlos gefühlt habe – und sich noch heute unwohl fühle, wenn er vor viel Publikum sprechen müsse. Er sagt, inzwischen gelernt zu haben, dass ihn dieses Lispeln nicht definiere. Indem er auch darüber redet, will er anderen Mut machen. Es muss dann ja nicht jeder ein Koloss wie dieser Chris Bumstead werden.