Final der Champions LeagueReal macht es à la Real – die Königlichen sind einfach unheimlich
Dortmund ist eine Halbzeit lang besser, aber zahlt am Ende für seine vergebenen Chancen. Carvajal und Vinicius erzielen in der Schlussphase die Tore zum 2:0 für den Favoriten.
Am Nachmittag hält Carlo Ancelotti noch seine Siesta, ohne wirklich gut zu schlafen. Spät am Abend hat er seinen Ruhm um ein weiteres Stück gemehrt: Mit Real Madrid gewinnt er den Final der Champions League. Das 2:0 gegen Borussia Dortmund bedeutet seinen fünften Sieg als Trainer in diesem Wettbewerb.
Der 64-Jährige ist ein Phänomen. Real ist ein Phänomen, zum 15. Mal schon hat es in der Königsklasse gewonnen, und wieder einmal haben es die Königlichen geschafft, ohne einen Gegner in Grund und Boden gespielt zu haben.
Aber es ist ihre Aura, die ihnen immer wieder zum Glück verhilft. Und es ist eben die Klasse ihrer Spieler, die für den Unterschied sorgt. Dann sind sie eben da, diese Toni Kroos oder vor allem auch Vinicius, die für die entscheidenden Momente sorgen. Oder anders gesagt: Wenn Vinicius Schwarz-Gelb trägt, gewinnt wohl Dortmund. Nur ist es an diesem Abend im Londoner Wembley Karim Adeyemi, der nicht die Klasse des Brasilianers im Abschluss hat.
Als dieses Spiel noch nicht begonnen hat, kommt «You’ll Never Walk Alone» aus den Lautsprechern. Die Dortmunder haben die Liverpooler Hymne längst adoptiert, und oben auf der Tribüne singt ihr Edelfan schlechthin mit – schunkelnd und mit seligem Blick. Jürgen Klopp ist da, mit Heldenstatus in Dortmund und natürlich auch in Liverpool, wo er sich vor ein paar Tagen verabschiedet hat.
2013 stand Klopp selbst mit der Borussia im Final der Champions League und verlor ihn gegen Bayern München 1:2, erst noch im gleichen Stadion. Jetzt sieht er eine Borussia, die ohne Ehrfurcht beginnt und spielt, auch nicht gebremst von ein paar dümmlichen Flitzern, die auf dem Rasen Selfies machen und die Sicherheitskräfte im Wembley blamieren.
Adeyemis Zögern und Füllkrugs Pfostenschuss
Nach einer Viertelstunde verzieht Julian Brandt einen ersten Abschluss. Ein paar Minuten später nähert sich sein Kollege Karim Adeyemi dem Tor schon viel näher an, nach einem wunderbaren Steilpass von Mats Hummels steht er allein vor Thibaut Courtois. Aber er zögert einen Moment und vergibt damit bereits die Chance.
Die 23. Minute ist angebrochen, als Niclas Füllkrug in Aktion tritt. Wohl ein Stürmer ohne den Glanz eines Vinicius Junior oder Jude Bellingham auf der Gegenseite, aber er ist es, der in diesem Moment die grosse Chance für ein Goal hat. Hart an der Abseitslinie zieht er los, schiesst und trifft den Innenpfosten.
Adeyemi prüft Courtois. Auch das ist ein Ausdruck für die Überlegenheit der Dortmunder, die sehr stabil stehen. Hummels ist der Chef ihrer Defensive, und wer ihn so sieht, kommt nur zu einer Erkenntnis: Welchen Luxus sich der deutsche Bundestrainer Julian Nagelsmann leisten kann, an der EM auf ihn verzichten zu können. Kurz vor der Pause, nach einer Grätsche gegen Vinicius, jubelt er wie nach einem Goal.
Real ist eine Enttäuschung, zumindest bis zur Pause. Zwei Schüsse, beide sehr ungenau, mehr gibt es nicht. Rodrygo findet gar nicht statt, ebenso wenig Jude Bellingham. Vinicius dagegen holt sich nach einem Foul an Gregor Kobel eine Verwarnung ab, erzwingt mit einer Schwalbe eine Gelbe Karte für Nico Schlotterbeck und wird dann eben von Hummels auf grossartige Art gestoppt.
Kobel, der Schweizer bei Dortmund, hat seine erste Prüfung kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit zu bestehen. Toni Kroos kann einen Freistoss treten, der Kroos, der sich an diesem Abend nach zehn Jahren und 465 Spielen von Real verabschiedet. Keiner ist so viel am Ball wie er, ohne wirklich produktiv zu sein. Den besten Moment hat er also in dieser 49. Minute. Er zirkelt seinen Schuss an der Dortmunder Abwehrmauer vorbei. Aber dahinter fliegt Kobel und holt den Ball aus der hohen Ecke.
Es bleibt beim 0:0, und auch nach einer Stunde steht es noch torlos. Schon in den letzten vier Ausgaben sind die Endspiele der Champions League nicht berühmt für viele Tore geworden. Bayern – PSG, Chelsea – Manchester City, Real – Liverpool, Manchester City – Inter – immer musste ein einziges Tor für die Entscheidung genügen.
Adeyemi flankt, Füllkrug kommt herangeflogen und sucht mit einem Kopfball sein Glück. Sein Abschluss ist unpräzis, Courtois steht da und klärt. Auf der Tribüne muss sich Klopp an 2022 erinnert fühlen, weil er damals mit Liverpool gegen Real so viele Chancen hatte, aber immer wieder am 2-Meter-Mann scheiterte.
Der Corner von Kroos und der Fehler von Maatsen
Real ist seit der Pause besser. Es ist noch immer kein grosses Real, aber es reicht, um das Geschehen zu bestimmen. Vinicius flankt, Kobel springt am Ball vorbei, aber weil das auch Bellingham macht, bleibt der Fehler des Schweizers folgenlos.
Vinicius dribbelt auf seiner linken Seite, und wie er gegen Julian Ryerson den Ball kurz stoppt und ihm durch die Beine legt, ist genial. Hummels greift rettend ein und klärt in Corner. Es ist ein Corner mit Folgen, Kroos tritt an, in der Mitte kommt Dani Carvajal herangeflogen, Rechtsverteidiger von Beruf, 1,73 m klein, und lenkt den Ball in der 74. Minute mit dem Kopf ins Tor.
Dortmund ist entscheidend angeschlagen. Real setzt seinen Steigerungslauf fort, Bellingham verpasst das zweite Tor, Nacho gegen den fliegenden Kobel ebenso. Schliesslich ist es Vinicius, dem das 2:0 gelingt. Ian Maatsen schlägt einen verheerenden Fehlpass, Bellingham leitet den Ball direkt weiter, und dann ist es eben Vini Junior, dieser so provokative, aber auch geniale Stürmer, der Kobel in der 83. Minute keine Chance lässt.
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Zitate
Gregor Kobel sagt nach dem verlorenen Final: «Im Moment ist man einfach nur enttäuscht. Gegen Real Madrid kriegst du nicht all zu viele Chancen. Und sie schlagen am Ende zu mit ihrer Qualität. Bei den Gegentoren ist nix zu machen. Es war ein Erfolg, dass wir hier dieses Spiel spielen konnten. Wir haben gezeigt, dass wir international mitspielen können. Ich hoffe, dass jeder von uns dieses Gefühl mitnehmen kann.»
Carlo Ancelotti wird vom spanischen TV-Mann nicht EINMAL auf seine sechs Titel angesprochen. So kommt ein reichlich mageres Gespräch raus. Quintessenz Ancelotti: «Es war ein schwieriges Spiel. Es geht darum, die Spiele zu gewinnen. Die erste Halbzeit hat Dortmund gehört, die zweite uns. Klar, haben wir auch auf eine Verlängerung geschielt – aber die kam nicht zum Glück.»
Aus, aus, das Spiel ist aus!
Das war es. Real Madrid gewinnt zum 15. Mal die Champions League!
Ist es verdient? Was sollen solche Kategorien? Dortmund hatte seine Chancen, es hat sie nicht genutzt. Real hatte kaum Chancen – und erzielte zwei Tore. So werden gemeinhin Spiele entschieden. Und wer so viele Partien für sich entscheidet wie Real, muss grosse Klasse besitzen.
Für Reals Trainer Carlo Ancelotti ist es der fünfte Titel in der Königsklasse als Trainer. Toni Kroos tritt mit sechs Titeln als Spieler aus der Königsklasse zurück. Alles unfassbare Zahlen.
94. Wechsel Real
Vicinius Junior geht, es kommt Lucas Vazquez.
93. Glaube
Dortmund lässt sich nicht hängen. Aber so richtig dran glauben an das Wunder tun die Gelbschwarzen da unten auch nicht mehr.
Nachspielzeit
Fünf Minuten gibt es noch.
90. Wechsel Real
Rodrygo geht, es kommt Eder Militao.
87. Wechsel Dortmund
Bynoe-Gittens kommt für Sancho.
87. Kein Tor Dortmund
Dortmund trifft … aber es wird die Abseitsfahne gehoben. Der Treffer gilt nicht.
86. Wechsel Real
Für Toni Kroos ist die Zeit bei Real Madrid zu Ende. Er wird gegen Luka Modric ausgewechselt. Für Jude Bellingham kommt Joselu.
83. Tor Real
War es das schon? Vinicius trifft zum 2:0.
Es ist ein typisches Real-Spiel. Erst wirkt das Team gar nicht mal so gut. Dann setzt sich die Klasse der Spieler durch.
Vinicius profitiert von einem brutalen Fehlpass Maatsens.
81. Chance Real
Eine sehr schöne Parade von Kobel gegen Camavingas Weitschuss.
Und dann muss er noch eine Parade hinterherschieben, als Nacho nach einer Ecke zum Kopfball kommt.
Zweimal sehr gut vom Schweizer. Das sage ich nicht als Lokalpatriot, sondern als einer, der gerne Goalies beim Fliegen zuschaut.
80. Wechsel Dortmund
Can raus, Malen rein. Brandt raus, Haller rein.
Brandt hätte ich gerne noch etwas zugeschaut. Welch ein toller Fussballer. Aber Dortmund muss etwas für die Offensive tun. Darum Stürmer Haller für Mittelfeldspieler Brandt.
80. Schuss Real
Wieder Freistoss Real, wieder Kroos gegen Kobel, wieder bleibt der Schweizer Sieger.
79. Gelb Dortmund
Hummels geht mal wieder sehr schnell zu Boden und fällt Camavinga. Das gibt eine berechtigte gelbe Karte.
77. Chance Real
Das ist jetzt einfach Glück. Oder Pech. Bellingham kommt aus neun Metern zum Abschluss. Eine Dortmunder Zehe verhindert eben noch das 0:2.
77. Aufgabe
Das wird jetzt ganz schwierig für Dortmund. Die Deutschen haben eigentlich alles richtig gemacht bislang. Sie hatten ihre Chancen, sie hatten Real so sehr im Griff, wie man Real im Griff haben kann. Und doch liegen sie hinten.
Was sollen sie jetzt ändern? Gleich weitermachen und hoffen, dass eine ihrer Halbchancen vielleicht reingeht? Oder mehr Druck aufsetzen und Gefahr laufen, dass Rodrygo, Bellingham und Vinicius den Turbo anwerfen, um in die offenen Räume vorzustossen?
74. Tor Real
Jetzt ist es passiert. Es ist eine Ecke, die das Tor bringt. Und das macht bei all den Eckbällen, die es in diesem Spiel gibt, Sinn.
Weniger Sinn ergibt, dass es der kleine Carvajal ist, der das Tor per Kopf erzielt. Keine Chance für Kobel.
Okay, klein ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Carvajal ist immerhin 173 Zentimeter hoch. Aber die Sprungstärke, gute Güte.
72. Wechsel Dortmund
Marco Reus wird für sein letztes Spiel für Borussia Dortmund eingewechselt. Er kommt für Karim Adeyemi, der heute mal wieder sauschnell war, aber technisch nicht sauber genug, um aus seinen Chancen etwas zu machen.
69. Chance Real
Ui! Da fliegt Kobel aber ganz fies am Ball vorbei. Eine Flanke dreht sich in den Fünfmeterraum, Kobel geht auf den Ball, Bellingham geht auf den Ball. Am Ende trifft keiner die Kugel so richtig. Entweder Kobel hat das sehr genau gesehen, dass Bellingham nicht mehr an den Ball kommt. Oder er hatte einfach Glück.
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