Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Erste Abstimmungs-Umfrage
Fast zwei Drittel der Frauen sind gegen eine Erhöhung des Rentenalters

Nur gerade 36 Prozent der Frauen wollen der Vorlage zustimmen Am 25. September stimmt die Schweiz über die AHV-Reform ab.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

«Das ist schon krass, dass ein derart hoher Prozentsatz der Frauen gegen die AHV-Reform ist», sagt Christina Bachmann-Roth. Für die Präsidentin der Mitte-Frauen, die Mitglied der Frauenallianz für die AHV-Reform ist, ist klar, dass man jetzt Vollgas geben müsse. Tatsächlich ist das Polster der Befürworterinnen und Befürworter dünn. Laut der ersten Umfrage von «20 Minuten»/Tamedia sprechen sich derzeit 53 Prozent der Befragten für den Teil der Reform aus, welcher das Rentenalter der Frauen schrittweise auf 65 Jahre erhöhen will. 

Einen solchen Geschlechterunterschied haben wir bisher noch nicht gesehen, sagt Politologe Fabio Wasserfallen, welcher die Umfrage durchgeführt hat. Nur gerade 36 Prozent der Frauen wollen der Vorlage zustimmen, während der Ja-Anteil bei den Männern bei 71 Prozent liegt.

Zum Vergleich: Beim Mutterschaftsurlaub und bei der Ehe für alle gab es zwar auch einen deutlichen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Der betrug aber lediglich 10 Prozentpunkte. Die 35 Prozentpunkte dürften sich im Verlaufe der jetzt angelaufenen Abstimmungsdebatte zwar noch ein wenig reduzieren, ist Wasserfallen überzeugt: «Aber die Frauen sind sicher einer der grossen Treiber für eine Ablehnung.» Oder anders ausgedrückt: Die AHV-Reform könnte dank den Männern mehrheitsfähig werden.

Tausende Personen demonstrierten letzten Herbst in Bern gegen die AHV-Reform, nach dem Motto «Hände weg von unseren Renten».

Thomas de Courten ist einer dieser Männer, die für die AHV-Reform kämpfen. Der Baselbieter SVP-Nationalrat ist erleichtert, dass die Vorlage besser ins Rennen steigt als die letzte grosse Rentenreform vor fünf Jahren. Damals beabsichtigten in einer ersten Umfrage 54 Prozent, diese abzulehnen. An der Urne waren es dann 52,7 Prozent. Jetzt gelte es den Frauen aufzuzeigen, dass insbesondere die zuerst Betroffenen von einer grosszügigen Entschädigung in der Übergangszeit profitieren und es darum gehe, die Altersvorsorge für alle zu garantieren.

«Es muss uns besser gelingen, die Vorteile der Reform plakativer an die Frau zu bringen.»

Christina Bachmann-Roth, Präsidentin der Mitte-Frauen

Und was macht die bürgerliche Frauenallianz, um mehr Frauen von einem Ja zu überzeugen? «Es muss uns besser gelingen, die Vorteile der Reform plakativer an die Frau zu bringen», sagt Bachmann-Roth, welche viel Marketingerfahrung besitzt: «Aber wir sind erst am Anfang des Abstimmungskampfs, und die Meinungen sind noch nicht gefestigt.»

Susanne Vincenz-Stauffacher von der Frauenallianz ärgert sich aus einem anderen Grund: Der Ständerat habe ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der wies die Reform der beruflichen Vorsorge in eine Zusatzschlaufe: «Jetzt können wir nicht detailliert genug aufzeigen, dass das Parlament bei der beruflichen Vorsorge die dort herrschenden Ungerechtigkeiten gegenüber den Frauen beherzt angeht.» Sie versichere aber den Frauen jeweils im Gespräch, dass sie sich auch für eine klare Verbesserung beim BVG einsetzen werde. 

Dass sich die Sympathisanten der bürgerlichen Parteien klar für die Reform aussprechen, erstaunt nicht, aber dass ausgerechnet die SVP mit 58 Prozent die tiefste Zustimmungsrate aufweist, schon (FDP 74 Prozent, Mitte 66 Prozent). De Courten führt dies auf die Zusatzfinanzierung zurück: «Wir müssen unseren Leuten noch klarer machen, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer notwendig ist, um das Gesamtpaket durchzubringen.» Dieser zweite Teil der AHV-Reform, über den gesondert abgestimmt wird, hat laut der Umfrage einen Zustimmungswert von 58 Prozent. 

Was zudem bei den Umfrageresultaten zu den beiden AHV-Vorlagen auffällt: In der Romandie und im Tessin ist die Skepsis deutlich grösser gegenüber einem Rentenalter 65 für die Frauen als in der Deutschschweiz. Und die Altersgruppe der 50–65-Jährigen würde die beiden Vorlagen mit deutlich über 50 Prozent ablehnen. 

Das Eigeninteresse scheine ein dominierendes Element diese Vorlage zu sein, analysiert Wasserfallen. Gerade deshalb ruft SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer auch die Männer auf, solidarisch mit ihren Partnerinnen, Schwestern und Müttern zu sein. Frauen und damit auch Ehepaare hätten mit dieser Reform weniger Rente. Zudem wendet Meyer ein, dass 53 Prozent für eine Vorlage des Bundesrats ein schlechter Start sei: «Das Rennen ist noch völlig offen.»

Nur FDP für Verrechnungssteuer

Einen äusserst schlechten Start legt auch die andere Reformvorlage des Bundesrats hin, welche die Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Zinszahlungen und auf Obligationen von Schweizer Firmen vorsieht. Gemäss der ersten Umfragewelle befürworten nur gerade 30 Prozent dieses Vorhaben. Eine Mehrheit findet es lediglich bei den Sympathisanten der FDP.

Wie bereits bei den AHV-Vorlagen ist ein markanter Geschlechterunterschied auszumachen: Nur 25 Prozent der Frauen wollen Ja stimmen, während 37 Prozent der Männer das Bundesgesetz unterstützen. Hauptargument gegen die Vorlage ist die Befürchtung, dass erneut einseitig das Kapital auf Kosten der Bevölkerung bevorteilt werde, die aber die Steuerausfälle tragen müsse. 

Mässiger Start für Massentierhaltungs­initiative

Mässig ins Rennen steigt die Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz». Stand heute würden 55 Prozent die Vorlage unterstützen, 43 Prozent sind dagegen. Auch bei dieser Vorlage zeigt sich ein Geschlechtergraben: Das Anliegen stösst bei den Frauen auf deutlich mehr Sympathie (64 Prozent Ja) als bei den Männern (44 Prozent Ja). Einen ähnlich schlechten Start legten die beiden Agrarinitiativen letzten Frühling hin, welche ebenfalls in die Landwirtschaft einwirken wollten. Die erste Umfragewelle von «20 Minuten»/Tamedia ergab damals für die Trinkwasserinitiative eine Zustimmung von 54 Prozent, für die Pestizidinitiative 53 Prozent. An der Urne wurden dann beide mit über 60 Prozent Nein bachab geschickt.