Spezielle Predigt in OberriedenDer Diakon trägt zur Fasnacht eine farbige Perücke und reimt
Seit 25 Jahren hält Diakon Thomas Hartmann an der Fasnacht eine Predigt in Reimen – samt Verkleidung. Das führt zu einer aussergewöhnlich vollen Kirche.
Hat Gott Humor? Thomas Hartmann lacht kurz, dann sagt er: «Davon gehe ich aus, sonst hätte er nicht den Menschen erschaffen.» Hartmann ist seit 2017 Diakon, aber bereits seit Mai 2011 Gemeindeleiter der katholischen Kirche Heilig Chrüz in Oberrieden. Jeweils zur Fasnacht hält er eine etwas andere Predigt: Sie ist in Versen gereimt. Schmunzeln und Lachen sind explizit erwünscht.
Die erste solche Predigt in Reimen hielt er bereits im Jahr 1999. Dieses Jahr feiert Hartmann also sein 25-jähriges Jubiläum. Die Idee für die spezielle Predigt hat der Diakon aus seiner Heimat, einem Vorort von Würzburg, mitgebracht. «Wir hatten dort in der Nähe einen Pfarrer, der immer wieder solche Predigten gehalten hat», erzählt der 60-Jährige. Andere Seelsorger hätten dies nachgeahmt. «Da habe ich gedacht, das probiere ich auch mal.» Er könne gut reimen und dichten, es liege ihm daher, solche Predigten zu schreiben.
Vier Monate Vorbereitung
Seine erste gereimte Predigt habe guten Anklang gefunden. Nun hält Hartmann immer zum Fasnachtssonntag eine solche. Dass er nicht häufiger seine Predigt in Versen verkündet, hat mit dem Aufwand in der Vorbereitung zu tun. «Ich habe bereits im November angefangen, die Predigt zu schreiben. Verse und Reime brauchen Zeit, bis sie stehen.» Wie diese aussehen können, zeigt ein Auszug aus der diesjährigen Predigt:
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Fasnachtssonntag ist heut’ wieder
und wie es bei mir seit Jahren Brauch
so will ichs halten heute auch.
Die Predigt soll gereimt erklingen,
der Chor darf freche Lieder singen
und Sie dürfen jetzt schmunzeln und geniessen,
auf Frohsinn und Humor sei noch verwiesen.
Rund vier Monate also, um eine einzelne Predigt vorzubereiten. Lohnt sich das überhaupt? Ja, sagt Hartmann. «Es kommen sicher doppelt so viele Leute in diesen Gottesdienst wie in andere, darunter viele reformierte Mitchristen.» Er erhalte auch jedes Jahr von Mitfeiernden die Rückmeldung, dass sie sich schon lange auf die Predigt freuten. Viele wollten seine Verse zudem nachlesen, weshalb die Predigt auf der Website der Pfarrei veröffentlicht wird.
Gottesdienste mit Witzen
Hartmanns Predigt am Fasnachtsgottesdienst ist aber nicht nur der Reime wegen speziell. Der Vater zweier Kinder verkleidet sich dazu auch. Zwar trägt er wie üblich das traditionelle Gewand, seinen Kopf schmückt während der Predigt aber eine farbige Perücke. Davon besitzt er zwei, eine gelbe und eine violette.
Hartmann lässt auch an anderen Sonntagen Humor in seine Predigt einfliessen. «In unserer Kirche ist Lachen immer erlaubt, denn wir verkünden eine frohe Botschaft», betont der Diakon und verweist darauf, dass im Mittelalter beispielsweise das österliche Lachen eine grosse Tradition gewesen sei. «Da haben die Prediger in der Osternacht versucht, die Gläubigen mit irgendwelchen Gags zum Lachen zu bringen.» Er habe darum schon früh angefangen, in der Osternacht und in der Fasnacht am Ende des Gottesdienstes einen Witz zu erzählen. Mittlerweile mache er das fast jeden Sonntag.
«Man muss aber natürlich aufpassen, was man in der Kirche als Witz erzählt», gibt Hartmann zu bedenken. Sexistische und rassistische Witze hätten selbstverständlich keinen Platz. Die Kirchenwitze seien irgendwann erschöpft. Einer, den er auch schon erzählt hat, geht so: Wer war der erste Verkehrssünder? Sie werden staunen, es war Jesus. Der war mit zwölf Anhängern unterwegs.
Mit Humor zu mehr Zuhörern?
Die gereimte Predigt soll dazu beitragen, den Gläubigen den Inhalt des Evangeliums auf eine andere Art näherzubringen. Hartmann hofft zudem, dass seine Predigten noch einen weiteren Effekt haben. «Es wäre schön, wenn dadurch wieder mehr Leute in die Kirche kommen, weil sie sehen, dass die Glaubensfeier auch lustig und fröhlich sein kann.»
Das wirft die Frage vom Anfang wieder auf, allerdings in abgewandelter Form: Wie viel Humor hat Gott? «Wenn ich die Menschheitsgeschichte anschaue, scheint sein Humor grenzenlos zu sein», meint Thomas Hartmann, «genauso wie seine Liebe.»
Predigt in Reimen: Samstag, 10. Februar, 18 Uhr, katholische Kirche Thalwil. Sonntag, 11. Februar, 10 Uhr, katholische Kirche Oberrieden.
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