Schusswaffenmassaker in KanadaFalscher Polizist richtet Blutbad an
Ein 51-jähriger Polizeifan tötete in Nova Scotia 16 Menschen. Das ist der blutigste Amoklauf in der Geschichte Kanadas.
Kanada steht unter Schock. Aber vor allem in Portapique herrscht Fassungslosigkeit und Entsetzen. In dem Dörfchen, wo die rund 100 Einwohner einander kennen, begann der Mordexzess eines 51-jährigen Mannes, der gemäss kanadischen Medienberichten von seinen Nachbarn als freundliche und hilfsbereite Person beschrieben wird. 16 Menschen hat der Täter erschossen, dabei auch Häuser und Autos in Brand gesetzt, bevor er am Sonntagmittag (Ortszeit) von der Polizei gestellt werden konnte – an einer Tankstelle in Enfield, einer Ortschaft nördlich von Halifax, der Hauptstadt der Provinz Nova Scotia, die im Osten Kanadas liegt.
Am Ende war auch der Täter tot. Er starb im Kugelhagel der Polizei, die ihn zwölf Stunden lang gejagt hatte. Zwischen Enfield und Portapique liegen 100 Kilometer. Die Verfolgungsjagd der Polizei führte kreuz und quer durch die ostkanadische Provinz. Der Täter trug eine Polizeiuniform, und er fuhr zunächst einen Streifenwagen. Auf seiner Flucht liess der falsche Polizist einen Personenwagen anhalten und tötete die zwei Autoinsassen, bevor er mit deren Fahrzeug weiterfuhr.
Gewehr und kleinere Schusswaffe
Das Motiv für den schlimmsten Amoklauf in der Geschichte Kanadas war zunächst nicht klar. Manche Opfer kannte der Täter, andere nicht. Nach Angaben der Polizei gibt es keine Hinweise auf eine vorherige Gewaltbereitschaft oder extremistische Ansichten des Täters. Kanadas Premierminister Justin Trudeau sprach von einem Akt «sinnloser Gewalt». Kurz vor seiner Wiederwahl im Oktober hatte der liberale Politiker auf Kanadas wachsende Probleme mit Schusswaffen hingewiesen.
Beim Täter handelt es sich um einen Zahntechniker mit eigener Praxis, die wegen der Corona-Pandemie Mitte März vorübergehend geschlossen werden musste. Dass ihn finanzielle Probleme belastet haben könnten, blieb zunächst reine Spekulation. Der 51-jährige Todesschütze besass zudem mehrere Immobilien. Nachbarn hielten ihn für einen Millionär.
Laut Medienberichten, die sich auf Aussagen von Nachbarn stützen, war der Täter ein Polizeifan. Öfters ersteigerte er ausgemusterte Fahrzeuge der Polizei, um diese wiederherzurichten. Sein Haus war offenbar vollgestopft mit Polizei-Memorabilia. Der 51-Jährige soll bereits seit seiner Jugend besessen gewesen sein von Kanadas nationaler Polizei. Die Royal Canadian Mounted Police ist weltbekannt wegen ihrer traditionellen, roten Paradeuniform. Und sie spielt eine grosse Rolle für die nationale Identität.
Bei seinem Amoklauf tötete der Täter auch eine Polizistin und verletzte einen weiteren Polizeibeamten. Glück hatte dagegen ein flüchtiger Bekannter des Amokläufers. Der Attentäter sei in Polizeiuniform und bewaffnet vor seinem Haus aufgetaucht und habe an die Tür gepoltert, sagte der Zeuge der Zeitung «The Globe and Mail». Schliesslich sei er wieder gegangen, weil es ihm nicht gelungen war, in das Haus einzudringen. Gemäss dem Zeugen hatte der Täter ein Gewehr und eine kleinere Schusswaffe dabei.
Strengere Waffengesetze als in den USA
Das Schusswaffenmassaker von Nova Scotia ist der blutigste Amoklauf in der Geschichte Kanadas. Das bisher schwerste Verbrechen dieser Art ereignete sich 1989, als ein 25-jähriger Student an einer Hochschule in Montreal 14 Frauen erschoss, bevor er sich selbst das Leben nahm. In einem Schreiben nannte er als Motiv seinen Hass auf Feministinnen.
Anders als im Nachbarland USA sind die Waffengesetze in Kanada vergleichsweise streng. Wer eine Waffe besitzen möchte, muss einen Kurs absolvieren und eine Lizenz erwerben. Der Besitz oder Kauf von Jagdgewehren und Schrotflinten ist nicht meldepflichtig. Handfeuerwaffen und halbautomatische Gewehre müssen dagegen registriert werden. Zuletzt waren die kanadischen Waffengesetze nach dem Massaker von Montreal vor 30 Jahren erheblich verschärft worden.
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