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Analyse zu Lügen aus Washington
Faktenchecker bringen bei Trump nichts

US-Präsident Donald Trump während einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat New Hampshire. (28. August 2020)
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Es war ein Sammelsurium von Halbwahrheiten, Lügen und Verdrehungen: In seiner Rede vor dem republikanischen Parteitag am vergangenen Donnerstag bescherte Donald Trump den Faktencheckern der Nation einen arbeitsamen Abend. Kaum konnte etwa Daniel Dale, vielgepriesener Faktenprüfer beim Nachrichtenkanal CNN, mit Trumps Feuerwerk der Unwahrheiten mithalten, 21 zählte Dale innerhalb von 70 Minuten.

Überraschend war es nicht: Glenn Kessler, Fact-Checker der Washington Post und anerkannte Autorität, was Trumps fahrlässigen Umgang mit Fakten und Wahrheiten betrifft, registrierte über 20’000 Lügen und Entstellungen seit dem Amtsantritt des Präsidenten. Ob der kaum gebaute Zaun an der Grenze mit Mexiko, ob Gesetze, die nie verabschiedet wurden oder Trumps Behauptung, er habe mehr für Afroamerikaner getan als jeder Präsident seit Abraham Lincoln: Der Mann im Weissen Haus verbiegt die Realität wie kein amerikanischer Präsident vor ihm.

Trotzdem ist unklar, ob die Faktenchecker etwas ausrichten. 2010 kamen die beiden Politologen Brendan Nyhan und Jason Reifler in einer auf Experimenten basierenden Studie zum Ergebnis, dass «direkt widersprechende Fakten» einen Rückstosseffekt auslösen und «ideologisch verankerte Überzeugungen sogar stärken könnten». Andere Forscher kamen danach zwar zum gegenteiligen Schluss, die Anhängerschaft Donald Trumps aber stören die zahlreichen Kollisionen ihres Helden mit der Realität nachweislich nicht im mindesten.

Informationssumpf in den Sozialen Netzwerken

Beide amerikanischen Lager, das liberal-progressive wie das rechts-konservative, hätten sich eingegraben und lebten in verschiedenen Welten, schrieb bekümmert Charlie Warzel, Kolumnist bei der New York Times: Nichts habe ihn in den vergangenen vier Jahren mehr beschäftigt «als das Ausmass, in dem grosse Teile der amerikanischen Bevölkerung in verschiedenen Universen von Nachrichten/Fakten ohne eine gemeinsame Realität leben», bekannte Warzel.

Dazu beigetragen hat neben dem Informationssumpf in den Sozialen Netzwerken auch das wachsende Misstrauen gegenüber traditionellen US-Medien sowie das Bestreben der Trump-Administration, «alternative Fakten», so Präsidentenberaterin Kellyanne Conway, zu schaffen, die problemlos in ideologische Konstrukte integriert werden können. Überführt ein Faktenchecker den Präsidenten einer Lüge, wird er entweder ignoriert oder selbst der Lüge bezichtigt.

Die Faktenüberprüfungen seien zwar «notwendig», richteten indes nicht viel aus, klagte Margaret Sullivan, die Ombudsfrau der Washington Post, nach Trumps Rede: Die Amerikaner, so Sullivan, stünden leider nicht mehr auf einem «gemeinsamen Boden» der Realität. Zumal Trump der Prototyp eines Bullshitters ist, wie ihn der Philosoph Harry Frankfurt in seinem bahnbrechenden Werk über Bullshit beschrieben hat: «Es ist ihm egal, ob das, was er sagt, die Realität korrekt beschreibt – er wählt Fakten aus oder erfindet sie, damit sie ihm nützen».