Bern verbietet Grossanlässe«Existenzbedrohend» – so reagieren betroffene Vereine
Ab Montag sind in Berner Stadien nur noch 1000 Fans zugelassen. Was das für die Young Boys, den FC Thun, den SC Bern, den EHC Biel und die SCL Tigers bedeutet.
Steigende Corona-Zahlen, wohin das Auge blickt. Am Freitag meldete das BAG 3105 Fälle innert 24 Stunden, am Tag zuvor waren es 2613 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus gewesen. Der Anstieg der Infektionen, er war und ist besorgniserregend. So sehr, dass am Sonntag vom Bundesrat neue Massnahmen erlassen wurden, unter anderem eine schweizweit geltende, ausgeweitete Maskentragpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen und das Verbot von spontanen Versammlungen von mehr als 15 Personen.
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Noch weitere und rigorosere Massnahmen ergriff am Sonntagnachmittag der Kanton Bern. Weil sich sowohl die Fallzahlen innert einer Woche verdoppeln als auch die Anzahl der hospitalisierten Patientinnen und Patienten stark gestiegen ist, hat die Kantonsregierung entschieden, ab Montag Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 anwesenden Personen zu verbieten. Davon betroffen sind auch die Sportclubs in der Region: die Young Boys, der SC Bern, der EHC Biel und die SCL Tigers.
Während YB gegen Vaduz zuletzt 11'660 Zuschauer im Wankdorf hatte, durften die Eishockeyclubs gemäss Schutzkonzept der Liga ihre Stadien zu zwei Dritteln auslasten – unter der Voraussetzung, dass es sich bei allen Plätzen um Sitzplätze handelte. In der Heimstätte des SCB wurde dafür eigens die Stehrampe Corona-konform umgebaut. Die Rückkehr zur 1000er-Regel kann auch der Ligapräsident Denis Vaucher nicht verstehen.
«Aus heiterem Himmel»
«Ich verstehe das Vorpreschen der Berner Behörden nicht; es gibt keinen einzigen nachgewiesenen Corona-Fall aus einem Stadion.» Auch sei die Liga vom Entscheid überrascht gewesen. «Der Entscheid des Kantons Bern ist für uns ein Chlapf zum Gring. Er kam aus heiterem Himmel, nachdem Bundesrat Alain Berset am Donnerstag und Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Sonntag gesagt hatten, unsere Schutzkonzepte seien gut.»
Als direkt betroffener Club findet man bei den SCL Tigers, dass der Alleingang der Kantonsregierung keine Lösung sein könne. «Das ist ein falscher Schnellschuss. In einer nationalen Liga kann man so etwas nicht föderalistisch lösen», sagt Verwaltungsratspräsident Peter Jakob. Die Zukunft sei ungewiss, vor allem in finanzieller Hinsicht. «Nun können wir den Abonnenten und Sponsoren noch viel weniger bieten. Ergo steigt die Gefahr deutlich an, dass Geld zurückgefordert wird.» Man habe nun «wieder absolut keine Planungssicherheit».
Grosse Sorgen bei Tigers und SCB
Für die Tigers steht in zwei Tagen am Dienstag bereits das nächste Heimspiel an. «Wer darf kommen, wer muss daheim bleiben, obwohl er schon eine Zusage für diese Partie gegen Rapperswil erhalten hat?» Es werde gewaltigen Ärger geben, zumal Jakob keine rasche Besserung sieht. «Dieser Entscheid wird so schnell nicht umgestossen, deshalb ist er doppelt bitter, doppelt frustrierend. Die Sorgen sind gross.»
Während der EHC Biel erst am Montag über den Entscheid und seine Bedeutung für den Verein informiert, tat dies der SCB noch am Sonntagabend in aller Deutlichkeit. «Die Durchführung der Spiele mit weniger als 1000 Zuschauern ist für den SCB mittelfristig Existenz bedrohend», heisst es in einer Medienmitteilung. Wie auch die Liga und die Tigers seien die Berner vom Entscheid überrascht worden. Der Entscheid der Kantonsregierung wird kritisiert, fehlten ihm doch klare Begründungen. «Die Sportclubs haben sehr viel in ihre Schutzkonzepte investiert, beim SCB sind dies über 500'000 Franken. Den Schutzkonzepten der Sportclubs wird attestiert, dass sie erstens sehr gut geplant und zweitens bisher sehr gut umgesetzt worden sind.» Da bislang nachweislich keine Covid-Fälle bekannt seien, die in Zusammenhang mit dem Verein stünden, empfinde man den Beschluss für unverhältnismässig.
Bedauern beim FC Thun
Die Existenz des Profifussballs gefährdet sehen die Young Boys, sollte es den Clubs erneut über einen längeren Zeitraum nicht möglich sein, Zuschauerinnen und Zuschauer in den Stadien zu begrüssen. In den letzten Wochen habe YB in engem Austausch mit den Behörden gestanden und sei Entscheid auf dem falschen Fuss erwischt worden – wenige Tage vor den beiden Heimspielen am Donnerstag in der Europa League gegen die AS Roma und am Sonntag in der Super League gegen Luzern. In einer Stellungnahme plädiert der Meister dafür, «Mass zu bewahren und die grossen Anstrengungen der Schweizer Proficlubs zu anerkennen, insbesondere bei der Ausarbeitung des Schutzkonzepts, das die Durchführung der Spiele ermöglichen soll».
Der FC Thun prüft derweil, «welche Massnahmen in Bezug auf das Stadionschutzkonzept vorgenommen werden müssen, um die neuen Vorgaben umzusetzen und wie die neudefinierte Besucherobergrenze am Dienstag eingehalten werden kann». In einem Communiqué drückt der Fussballverein aus dem Berner Oberland sein Bedauern über den Entscheid aus, versichert aber gleichzeitig, dass selbstverständlich alle Auflagen wie gefordert umgesetzt werden.
«Sport ist nicht Treiber»
Dass bislang die Schutzkonzepte wie gefordert umgesetzt wurden, hält auch Swiss Olympic fest. Der Dachverband des Schweizer Sports, der an der Ausarbeitung der Konzepte beteiligt war, schreibt: «Die Schutzkonzepte und die Massnahmen wurden von verschiedenen Stellen und Institutionen positiv beurteilt. Der Sport ist nicht Treiber der negativen Entwicklung.» Vielmehr könne und wolle der Sport ein Vorbild sein, wie die Gesellschaft lernen kann, mit dem Virus umzugehen. Dies sei allerdings im Kanton Bern unter den neuen Voraussetzungen leider nicht mehr möglich.
Mitarbeit: Adrian Ruch, Philipp Rindlisbacher
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