EU lässt Nordmazedonien und Albanien zappeln
Frankreich führt beim Brüsseler Gipfel die Front der Gegner an. Nicht nur die beiden Balkanländer sind enttäuscht.
Albanien und Nordmazedonien müssen auf die erhofften Beitrittsgespräche mit der EU weiter warten: Beim EU-Gipfel in Brüssel führte Frankreich die Front der Gegner an und verhinderte so die nötige Einstimmigkeit. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warf den Staats- und Regierungschefs einen «schweren historischen Fehler» vor. Die Balkanländer reagierten enttäuscht.
Die EU-Kommission hatte Albanien und Nordmazedonien bereits 2018 bescheinigt, alle notwendigen Reformen umgesetzt zu haben. Die Mitgliedstaaten verschoben jedoch an diesem EU-Gipfel zum dritten Mal ihre Entscheidung über den Start der Beitrittsverhandlungen. Beschlüsse in diesem Bereich müssen einstimmig gefasst werden.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte am Freitag, die EU-Staaten hätten «leider keine Einigung erzielt». Das werde «natürlich Enttäuschung» bei den beiden Balkanländern hervorrufen.
Nach ihren Worten wollen die EU-Staaten vor dem geplanten Gipfel mit den Westbalkan-Ländern unter kroatischem Vorsitz im Mai 2020 «noch einmal auf das Thema zurückkommen». Dies könnte theoretisch bei den EU-Gipfeln im Dezember oder März erfolgen.
Macrons Rolle
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte mit Blick auf Albanien, er könne seinen Bürgern nicht Beitrittsgespräche mit einem Land erklären, «das sehr viele Asylbewerber schickt».
Er pochte darauf, dass die EU erst ihren Beitrittsprozess von Grund auf reformiert, bevor mit weiteren Ländern Gespräche begonnen werden. Beim EU-Gipfel äusserten auch die Niederlande und Dänemark Bedenken gegen die Aufnahme Albaniens.
Die EU will mit einem neuen Anlauf bei der Erweiterung auf dem Westbalkan auch dem wachsenden Einfluss Russlands und Chinas in der Region entgegenwirken. «Die EU hat wegen interner Fragen nicht geliefert», kritisierte Erweiterungskommissar Johannes Hahn auf Twitter. Die Glaubwürdigkeit der EU sei nun nicht nur auf dem Balkan beschädigt.
Ähnlich wie Juncker sprach auch EU-Ratspräsident Donald Tusk von einem «Fehler». Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, Nordmazedonien und Albanien hätten «Aussergewöhnliches geleistet», um sich der EU anzunähern. «Insofern ist es für uns wichtig, auch eine gemeinsame Perspektive mit ihnen zu entwickeln.»
Von der EU im Stich gelassen
Die Regierung Nordmazedoniens äusserte sich ernüchtert über die fortgesetzte Blockade: «Das Mindeste, was die Europäische Union uns schuldet, ist Aufrichtigkeit», schrieb Aussenminister Nikola Dimitrov im Kurzbotschaftendienst Twitter. Regierungschef Zoran Zaev verwies darauf, dass sein Land wie von der EU gefordert den Namensstreit mit Griechenland beigelegt und seine Verfassung geändert habe, um Beitrittsverhandlungen zu ermöglichen. Er hatte bereits im Juni vor einer Regierungskrise und dem Erstarken antieuropäischer Kräfte in Nordmazedonien gewarnt.
Nordmazedonien grenzt nördlich an Griechenland. Athen hatte eine Aufnahme des Lands in die EU und die Nato fast 30 Jahre lang blockiert, da es früher wie eine griechische Region «Mazedonien» hiess. In diesem Februar benannte sich das Land nach jahrelangen Verhandlungen offiziell um.
Kroatien, das im ersten Halbjahr 2020 den rotierenden Vorsitz bei den EU-Ministerräten innehat, will der Erweiterungsdebatte neuen Schwung geben, wie ein Diplomat in Brüssel sagte. Das Gipfeltreffen in Zagreb im Mai des kommenden Jahres solle schwerpunktmässig diesem Thema gewidmet werden, hiess es.
SDA/aru/fal
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch