Bundesgericht urteiltETH-Student mit Behinderung bekommt keinen Assistenten
Ein Masterstudent und Blogger wollte wegen seines Handicaps eine persönliche Assistenz zur Unterstützung. Für das Gericht käme dies jedoch einer Herabsetzung des Studiums gleich.
Ein Student der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich erleidet vor Bundesgericht eine Niederlage: Trotz seiner Behinderung hat er kein Anrecht auf eine persönliche Assistenzperson.
Das Bundesgericht stützt damit einen Entscheid der ETH-Beschwerdekommission und des Bundesverwaltungsgerichts. Beide Gremien befürchteten eine Privilegierung des Mannes gegenüber nicht behinderten Studierenden.
Nach dem Abschluss eines Biologiestudiums an der Universität Bern wird ein Mann 2019 zu einem Masterstudium in Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich zugelassen. Er stellt daraufhin einen Antrag für eine persönliche Assistenz. Dies, weil er nach einem Unfall im Jahr 1995 unter kognitiven Einschränkungen leidet.
Assistenzperson solle ihn für ETH-Vorlesungen anmelden
Er könne aufgrund seines Handicaps nur mit einem Pensum von 20 Prozent studieren, gibt der Mann an. Er benötige daher eine Person, die für ihn administrative Aufgaben erledige, ihn für Vorlesungen anmelde oder Unterlagen organisiere. Damit, so sein Argument, würden seine Nachteile aufgefangen.
Der Mann beruft sich bei seinem Antrag auf das Behindertengleichstellungsgesetz. Demnach ist das Gemeinwesen verpflichtet, aktiv auf chancengleiche Bedingungen der Teilhabe von behinderten Personen an der Bildung hinzuwirken. Eine Möglichkeit hierfür kann etwa das Organisieren und Bezahlen einer Assistenzperson sein.
Trotzdem weist die ETH das Gesuch des Mannes 2019 ab. Die Hochschule begründet dies damit, dass der Mann trotz Behinderung bereits ein erstes Studium selbstständig absolviert habe. Zum Nachteil ausgelegt wird ihm überdies, dass der Mann mehrmals wöchentlich einen Internetblog betreibt. Er könne also mehr leisten, als er angebe. Beim Masterstudium handle es sich zudem um eine Zweitausbildung. Eine solche zu ermöglichen, sei nicht Sache der Hochschule.
Eine Begründung, die der Mann so nicht nachvollziehen kann. Er kämpft deshalb weiter um eine Assistenz.
Administrative Fähigkeiten als Bestandteil fachlicher Kompetenz
Nach der ETH-Beschwerdekommission und dem Bundesverwaltungsgericht weist nun aber auch das Bundesgericht die Beschwerde des Mannes ab.
Mit dem angestrebten Masterdiplom der ETH werde gegenüber Dritten garantiert, dass der Absolvent über die entsprechenden fachlichen und methodischen Kompetenzen verfügt, wissenschaftlich zu arbeiten, hält das Bundesgericht in seinem Urteil sinngemäss fest. Dazu gehöre etwa, Literatur zu suchen, wissenschaftliche Texte zu analysieren und zu verfassen. Ein Student müsse aber auch in der Lage sein, mit den verschiedenen Plattformen umzugehen, und müsse wissen, wo er sich Informationen beschaffe.
Für den Studienerfolg sind gemäss dem Bundesgerichtsurteil somit auch administrative Arbeiten relevant, die nicht unmittelbar dem Wissenserwerb dienen. Würden diese Arbeiten dem Beschwerdeführer durch eine Assistenz abgenommen, fielen diese zentralen Fähigkeiten weg.
Die Gewährung einer Assistenz führt für das Bundesgericht daher zu einer unzulässigen Herabsetzung der fachlichen Anforderungen an das Studium. Der Anspruch auf Bestellung und Bezahlung einer Assistenz wurde darum nach Ansicht der Bundesrichter im vorliegenden Fall zu Recht verneint.
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