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Gotthardstrassentunnel
Es wird auch mal uriniert, musiziert oder campiert

Ein deutscher Automobilist ignorierte Anfang Oktober bei seiner Fahrt Rotlicht um Rotlicht – der Tunnel war eigentlich wegen Wartungsarbeiten gesperrt.

«Mann ignoriert 64 rote Lichtsignale und fährt durch den gesperrten Gotthard-Tunnel». So lautet die jüngste Schlagzeile einer ganzen Reihe von ungewöhnlichen, skurrilen und oft auch gefährlichen Manövern in der Geschichte des längsten Schweizer Strassentunnels. Es ist der 7. Oktober 2021, kurz nach Mitternacht: Die Urner Kantonspolizei bemerkt, wie ein Auto mit deutschen Kontrollschildern in den wegen Wartungsarbeiten geschlossenen Tunnel einbiegt. Der 25-jährige Lenker fährt auf der Fahrt in den Süden beinahe komplett durch den Tunnel. Erst wenige Hundert Meter vor der Tunnelausfahrt in Airolo wendet er und fährt zurück in Richtung Norden. Der deutsche Verkehrssünder wurde verzeigt.

Zwar führt die Urner Kantonspolizei keine Statistik über solche Zwischenfälle, sie gewährt dieser Zeitung aber einen Einblick in ein paar Ereignisse, die selbst die Ordnungshüter in Erstaunen versetzt haben.

Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, weshalb Automobilistinnen und Automobilisten aus der Spur gerieten und noch immer geraten. Eine Typologie dieser spezifischen Art von «Tunnelsündern»:

Die Unwissenden

Die Notfallbuchten wurden insbesondere in den ersten Jahren nach der Eröffnung des Gotthardtunnels öfters zweckentfremdet.

Vor allem in den ersten Jahren nach der Eröffnung des Gotthardstrassentunnels im Jahre 1980 kam es zu einigen skurrilen Vorfällen. Insbesondere die Notfallbuchten wurden öfters zweckmissbraucht. So wollte eine holländische Familie in einer Regennacht den trockenen Tunnel für einen Picknick-Halt nutzen. Es gab auch solche, die versuchten, in diesen Nischen ein Zelt zum Übernachten aufzustellen. Fast jeden Tag sahen die Polizisten auf ihren Überwachungskameras damals müde Autofahrer, welche die Ausstellplätze für ein Nickerchen nutzten. Ihnen allen war wohl nicht bewusst, wie gesundheitsschädigend ein längerer Aufenthalt in der stickigen Tunnelluft sein kann und dass dieses Verhalten eine Busse nach sich zieht.

Die Originellen

Ein Dudelsackspieler nutzte an einem trüben Herbstmorgen im Jahr 2015 eine Lastwagen-Panne am Nordportal des Tunnels für eine kurze Aufmunterung. Bekleidet mit einem schottischen Kilt, gab der Mann eine musikalisch durchaus passable Darbietung, wie das Video beweist. Als die Einsatzkräfte am Pannenort eintrafen, sei der Mann allerdings wieder verschwunden gewesen, sagte Gusti Planzer, Sprecher der Urner Kantonspolizei nach dem Vorfall in die Mikrofone: Der Dudelsackspieler habe die «Gunst der Stunde» genutzt. Eine Identifikation der Person ist bis heute nicht gelungen.

Die Sportlichen

Die Polizei konnte den in Venedig gestarteten Velo-Touristen erst nach sechs Kilometern im Gotthard-Tunnel stoppen.

Ein ausländischer Tourist versuchte 2012 auf seinem Velo den Gotthardstrassentunnel zu durchqueren. Nach sechs Kilometern wurde er von der Polizei gestoppt. Wie das Polizeikommando Uri damals mitteilte, war der 54-Jährige von Venedig Richtung Norden unterwegs. Die Kantonspolizei Uri rückte aus und konnte den Radler noch im Tessiner Teil des Tunnels anhalten. Ein paar Jahre zuvor mussten die Polizisten drei durch die Röhre laufende Chinesen stoppen. Sie gaben damals an, «wandern» zu wollen.

Die Dreisten

Riskant: Wendemanöver über doppelte Sicherheitslinie.

Was die Urner Polizei immer wieder registrieren muss: Die Notfallnischen werden von Automobilisten nicht nur für irrwitzige Wendemanöver benutzt, sondern auch, um die Notdurft zu verrichten. Besonders dreist gebärdete sich vor vier Jahren ein 27-jähriger Rumäne: Trotz der doppelten Sicherheitslinie vollzog er mehrere Überholmanöver. Im Gerichtsverfahren gab er an, dass er sich verfolgt gefühlt habe. Er habe seine Verfolger loswerden wollen und habe deshalb im Tunnel die anderen Autos überholt. «Wegen der Titanplatte in der Wirbelsäule sei es gefährlich, wenn ihm einer eins haue», gab er damals zu Protokoll.

Die Erotischen

Von der Polizei erlaubt: Fotoshooting im Tunnel. (Symbolbild)

Ein Ereignis der besonderen Art hatte sich die Urner Polizei selbst eingebrockt. Sie hatte 2003 ein Fotoshooting in einer Notfallbucht erlaubt. Das Bildmotiv: Porträtaufnahmen der Ex-Frau eines Schweizer Popstars. Wie der damalige Dienststellenleiter dem «SonntagsBlick» verriet, ging das jedoch gehörig in die Hosen. Als der Tunnelsicherheitschef die Frau halb nackt, nur in Unterwäsche auf dem Notfallparkplatz herumturnen sah, sei Schluss mit lustig gewesen: Die Polizei kassierte das erotische Bildmaterial und beendete die Fotosession.