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Nummer 1 in den USA
Erobert der Pick-up auch Europa?

Der Pick-up (im Bild der Ford Ranger Raptor) entwickelt sich zur hartgesottenen Alternative für all jene, denen ein SUV zu soft ist.

Egal ob Laredo oder Los Angeles, Boise oder Boston – wo auch immer man in den USA aus dem Flughafen tritt, ist der Pick-up allgegenwärtig. Denn nicht nur auf dem platten Land und im Wilden Westen halten die Amerikaner dem Pritschwagen die Treue, sondern auch in der Stadt ist er für viele Autokäufer die erste Wahl. Und in weiten Teilen Südamerikas, Asiens oder Afrikas sieht die Sache nicht anders aus. Nur in Europa fährt er in der Nische: So sehr sich VW als aktuell einziger Anbieter aus Deutschland und zeitweise sogar Mercedes um das Genre bemüht haben, sind Amarok und X-Klasse genau wie Ford Ranger, Toyota Hilux oder Mitsubishi L200 immer Nutzfahrzeuge für die Nische geblieben, die es nur ausnahmsweise Mal ins Privatleben geschafft haben.

Entsprechend klein sind die Zulassungszahlen, die S&P Global Mobility in Frankfurt für das vergangene Jahr in Europa mit 106’000 Einheiten beziffert. «Der Markt ist in Europa relativ klein, und die Fahrzeuge werden in den meisten Fällen als kommerzielle Fahrzeuge zugelassen», urteilt S&P-Global-Mobility-Analyst Henner Lehne kategorisch. Doch neben attraktiven Premieren wie den im Doppelpack entwickelten Ford Ranger und VW Amarok, die den Markt allein wegen des Neuheitenwertes etwas beleben könnten, gibt es zwei Gründe, weshalb sich das womöglich ändern wird. Und die könnten unterschiedlicher kaum sein.

Starrachsen, Leiterrahmen, Allrad und Untersetzung in Serie

Denn auf der einen Seite entwickelt sich der Pick-up zusehends zur hartgesottenen Alternative für all jene, denen ein SUV mittlerweile zu soft und zu empfindlich geworden ist. Wer einen Geländewagen nicht nur wegen der hohen Sitzposition, sondern auch wegen seiner Robustheit und der Lademöglichkeiten schätzt und ab und zu tatsächlich auf unbefestigten Wegen unterwegs ist, der kommt mit den meisten modernen SUV nicht wirklich weit. Und wer einen Geländewagen sucht, der seinem Namen alle Ehre macht, der landet bei der Mercedes G-Klasse, dem neuen Ineos Grenadier oder dem Land Rover Defender und muss dafür tief in die Tasche greifen. Deshalb gibt es immer mehr Privatleute, die sich für solche Aufgaben für deutlich weniger Geld einen Pick-up kaufen, wo Starrachsen und Leiterrahmen genau wie Allrad und Untersetzung meistens Standard sind. Alles, was man sonst noch braucht, haben die Zulieferer und Umrüster längst im Programm – von der Seilwinde bis zum Campingaufbau samt Dachzelt und Outdoor-Küche.

Während den einen der Pick-up also gar nicht dreckig genug sein kann, wird er für die anderen erst als Saubermann interessant. Denn seit Teslas Cybertruck durch die Gazetten geisterte, ist der Pritschenwagen kein anachronistisches Konzept für die Generation der Klima-Killer mehr, sondern wird beiderseits des Atlantiks zu einem sehnsüchtig erwarteten Lifestyle-Auto. Zwar ist der Cybertruck noch immer ein Einzelstück, und nach wie vor gibt es keinen Produktionsstart, geschweige denn einen Liefertermin. Doch als Initialzündung für den Trend hat allein die Ankündigung gereicht. Zumal ja auch andere Hersteller auf dieser Welle reiten.

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Der Cybertruck von Tesla ist immer noch ein Einzelstück.
Ford hat als erster der grossen drei aus Detroit mit dem F-150 Lightning einen E-Pick-up am Start.
Den bei Hightech-Hipstern angesagten Rivian R1T kann man in den USA bereits kaufen.

Schliesslich kann man den nicht minder coolen und deshalb bei den Hightech-Hipstern entsprechend angesagten Rivian R1T ja zumindest in den USA bereits kaufen. Und Ford hat als erster der grossen drei aus Detroit mit dem F-150 Lightning seine ganz eigene Antwort auf diesen Trend und holt mit der Elektroversion des seit bald 50 Jahren meistverkauften Autos in den USA die Generation E genauso ab wie die Farmer im Mittleren Westen und die Rancher in Texas oder Colorado. «Damit hat Ford endgültig bewiesen, dass der Pick-up kein Konzept von gestern ist, sondern durchaus eine Zukunft hat», bestätigt Automobilwirtschaftler Ferdinand Dudenhöffer. Und die Konkurrenten Chevrolet und Ram ziehen nicht umsonst nach.  

Auch in Europa wecken die sauberen Giganten Begehrlichkeiten

Natürlich ist das eine Bewegung, die vor allem von den USA ausgeht und dort vielleicht sogar tatsächlich die Elektromobilität soziologisch wie geografisch in die Mitte der Gesellschaft tragen kann. Doch auch in Europa wecken die sauberen Giganten eine gewisse Begehrlichkeit. Zum einen bei image- oder klimabewussten Gewerbekunden, weil sie zu den leistungsfähigsten Nutzfahrzeugen mit Elektroantrieb zählen, weiter fahren und mehr schleppen können als die Cargo-Version des VW ID. Buzz oder ein elektrischer Renault Kangoo. Und zum anderen bei Selbstdarstellen und SUV-Liebhabern, die so endlich ohne schlechtes Gewissen wieder über der Strasse thronen und ein kolossales Auto fahren können. «Mit dem Elektroantrieb werden solche Autos plötzlich auch bei uns interessant und halbwegs sozialverträglich», glaubt Dudenhöffer.

Ja, mit der Elektrifizierung gewinnt der F-150 plötzlich auch bei uns ein paar Freunde, und Ford spielt mittlerweile sogar mehr oder minder laut mit dem Gedanken, den Giganten ganz offiziell nach Europa zu holen. Doch an eine Massenbewegung mag Analyst Henner Lehne nicht glauben. Dem Cybertruck gibt er durchaus eine Chance, weil es eben ein Tesla ist: «Da spielt der Hype-Faktor eine grosse Rolle», sagt Lehne. Aber für alle anderen grünen Giganten sieht er schwarz. Das liegt ganz banal nicht zuletzt an der Grösse: «Ranger und Amarok rangieren gerade noch an der Schmerzgrenze, der F150 ist einfach zu gross.» Das ändert sich auch nicht mit dem Antrieb: Auch wenn grün draufsteht, sieht Lehne derzeit kein signifikantes Marktpotenzial in Europa. Und für den Fall, dass er sich täuscht, wünscht er den Pick-up-Fans schon jetzt: «Viel Spass bei der Parkplatzsuche.»